Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Partnermonate. Unmöglichkeit der Betreuung durch anderen Elternteil. Soldat in der französischen Armee. Wohnsitz in Deutschland. Europarecht
Orientierungssatz
Es ist nicht europarechtlich geboten, bei der Auslegung des § 4 Abs 3 S 3 BEEG diejenigen, die aufgrund ausländischer Dienstverhältnisse (hier: Soldat in der französischen Armee) nicht ihren Wohnsitz in Deutschland nehmen können, gegenüber denjenigen besser zu stellen, die aufgrund eines inländischen Entsendungsvertrages ihre Arbeit im Ausland aufnehmen müssen.
Normenkette
BEEG § 4 Abs. 3 S. 2; VO (EU) 883/2004 Art. 3 Abs. 1 Buchst. j; VO (EU) 492/2011 Art. 7 Abs. 2; VO (EG) 1408/71 Art. 73
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 22. März 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin für ihr 2009 geborenes Kind V… C… N… über den 22.03.2010 hinaus bis zum 22.05.2010 Elterngeld i.H.v. 1.800,00 € monatlich zu zahlen ist.
Die Klägerin ist Sanitätsoffizierin der Bundeswehr. Der Vater des Kindes ist französischer Staatsangehöriger, der Soldat bei der französischen Armee ist und in Frankreich lebt.
Am 01.04.2009 beantragte die Klägerin Elterngeld bei der Beklagten für den 1. bis 14. Lebensmonat des Kindes. Bis zum Beginn der Elternzeit erhielt sie volle Dienstbezüge nach dem Bundesbesoldungsgesetz. Wegen der Gehaltsbescheinigungen für die Zeit vom 01.11.2007 bis zum 31.03.2009 wird auf Blatt 8 bis 22 der Leistungsakte (LA) Bezug genommen. Nach der Erklärung zum Einkommen Blatt 6 der Leistungsakte leben die Ehegatten aufgrund der jeweiligen Dienstverhältnisse nicht in einer gemeinsamen Wohnung.
Für die Zeit vom 06.02.2009 bis 18.05.2009 erhielt die Klägerin brutto 131,83 € Mutterschaftsbezüge.
Mit Bescheid vom 29.05.2009 bewilligte die Beklagte für den 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes der Klägerin Elterngeld. Das Elterngeld belief sich außer in den ersten beiden Lebensmonaten des Kindes auf 1.800,00 € monatlich.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 02.07.2009 Widerspruch ein, der am 03.07.2009 bei der Beklagten einging. Der Widerspruch richtete sich gegen die Nichtbewilligung für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes. Als Zeitsoldat bestehe für ihren Ehemann noch mehrere Jahre eine vertragliche Bindung an seine Tätigkeit als Soldat beim französischen Heer. Einen Wohnsitz in Deutschland habe ihr Ehemann aus diesen Gründen nicht. Sie selbst sei Sanitätsoffizierin der Bundeswehr und ebenfalls als Zeitsoldatin vertraglich noch mehrere Jahre gebunden, weshalb sie in Deutschland lebe und arbeite, denn laut Soldatengesetz sei es ihr nicht gestattet, ihren Hauptwohnsitz ins Ausland zu verlegen. Aufgrund dessen sei ihrem Ehemann die Betreuung des Kindes für zwei Monate oder länger unmöglich. Darüber hinaus sei ab Februar 2010 ein viermonatiger Auslandseinsatz geplant. Des Weiteren sei er als französischer Staatsbürger ohne Wohnsitz in Deutschland nicht berechtigt, Elterngeld in Deutschland zu beziehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BEEG bestehe zwar die Möglichkeit, bis zum 14. Lebensmonat des Kindes Elterngeld zu beziehen. Ein einzelnes Elternteil könne allerdings nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) Elterngeld für 14 Monate beziehen. § 4 Abs. 3 Satz 1 BEEG, der besage, dass ein Elternteil für höchstens zwölf Monate Elterngeld beziehen könne, habe zum Ziel, die zwei zusätzlichen Monate Elterngeld - die sogenannten Partnermonate - nur zu gewähren, wenn eine partnerschaftliche Teilung von Erwerbs- und Familien- bzw. Betreuungsarbeit vorliege. Da dies allerdings in einigen Situationen eine ungerechtfertigte Benachteiligung Alleinerziehender oder zumindest getrennt lebender Elternteile wäre, gebe es zwei Ausnahmen gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 und 4 BEEG. § 4 Abs. 3 Satz 3 BEEG finde vorliegend keine Anwendung. Diese Vorschrift setze voraus, dass eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vorliege und dass mit der Betreuung durch den anderen Elternteil eine Gefährdung des Kindeswohls verbunden wäre oder die Betreuung durch den anderen Elternteil unmöglich sei. Eine Gefährdung des Kindeswohls komme hier nicht in Betracht. Unmöglichkeit der Betreuung liege vor, wenn der andere Elternteil die Betreuung aus tatsächlichen Gründen nicht übernehmen könne. Beispielhaft seien schwere Krankheiten, Schwerbehinderung, Tod oder die Verbüßung einer Freiheitsstrafe. Wirtschaftliche Gründe und Gründe einer Verhinderung wegen einer anderweitigen Tätigkeit müssten jedoch nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut außer Betracht bleiben. Es komme also auf die Unmöglichkeit der Betreuungsarbeit selbst an, ohne Berücksichtigung der Frage vorrangiger oder vermeintlich ...