Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeld. Rehabilitationseinrichtung. Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit durch Entlassungsmitteilung bzw Checkliste. Rücknahme. Krankengeldbewilligung

 

Leitsatz (amtlich)

Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nach § 46 S 1 Nr 2 SGB V kann auch anlässlich der Beendigung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme erfolgen - etwa in dem Entlassungsbericht, der Entlassungsmitteilung oder der Checkliste bei Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt der Entlassung.

 

Orientierungssatz

Zur Rücknahme einer Krankengeldbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 15. März 2017 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 25. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2016 verurteilt, der Klägerin Krankengeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 5. Mai 2016 bis 14. August 2016 zu gewähren.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Krankengeld.

Die 1959 geborene Klägerin war seit dem 11.11.2015 aufgrund eines Impingementsyndroms der rechten Schulter arbeitsunfähig erkrankt. Bis einschließlich Februar 2016 stand sie in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Ab 23.12.2015 bezog sie von der Beklagten als Krankenversicherungsträger Krankengeld (kalendertäglich 28,65 € brutto / 25,10 € netto).

Im Zeitraum vom 07.04.2016 bis 04.05.2016 absolvierte die Klägerin eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme, während der sie von der Beklagten als Rentenversicherungsträger Übergangsgeld bezog. Die Entlassung aus der Maßnahme am 04.05.2016 (Mittwoch) erfolgte als arbeitsunfähig.

Am 09.05.2016 (Montag) suchte die Klägerin ihre behandelnde Ärztin auf, die erneut - für den Zeitraum vom 05.05.2016 bis 12.06.2016 - Arbeitsunfähigkeit attestierte. Für die Folgezeit liegen lückenlose Bescheinigungen über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit bis zum 14.08.2016 vor.

Zunächst bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 20.05.2016 unter Bezugnahme auf die bis zum 12.06.2016 bescheinigte Arbeitsunfähigkeit erneut Krankengeld. Die Gutschrift des Krankengeldes für die Zeit vom 05.05.2016 bis 31.05.2016 werde am ersten Arbeitstag des folgenden Monats erfolgen. Weiteres Krankengeld werde nur bei rechtzeitiger Vorlage weiterer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gewährt.

Dann aber verfügte die Beklagte mit Bescheid vom 25.05.2016, der ohne vorherige Anhörung erging, dass der Anspruch auf Krankengeld am 04.05.2016 ende. Der Bescheid vom 20.05.2016 werde aufgehoben. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit der Maßgabe zurück, dass der Bescheid vom 25.05.2016 insoweit geändert werde, als dieser den Bescheid vom 20.05.2016 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurücknehme (Widerspruchsbescheid vom 14.07.2016). Die Gewährung von Krankengeld wäre längstens bis zum 04.05.2016 (Ende der Rehabilitationsmaßnahme) möglich gewesen. Ein erneuter Arztbesuch und die erneute Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seien erst am 09.05.2016 erfolgt. Es fehle somit an der erforderlichen lückenlosen Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit. Angesichts der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses habe die Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld nur bis zum 04.05.2016 fortbestanden. Der Bescheid vom 20.05.2016 werde nach § 45 SGB X zurückgenommen. Er sei rechtswidrig begünstigend. Vertrauensschutz könne nicht eingeräumt werden, da kein Leistungsverbrauch entstanden sei. Es seien keine Zahlungen aus dem rechtswidrigen Bescheid erbracht worden. Unter Berücksichtigung des Schutzes der Versichertengemeinschaft vor einer finanziellen Belastung durch ungerechtfertigte Zahlungen könne im Rahmen der Ermessenausübung von der Rücknahme nicht abgesehen werden.

Hiergegen hat die Klägerin am 17.08.2016 Klage zum Sozialgericht (SG) Chemnitz erhoben und beantragt, den Bescheid vom 25.05.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.07.2016 aufzuheben. Arbeitsunfähigkeit habe fortlaufend bestanden. Sie sei am 04.05.2016 als arbeitsunfähig aus der Rehabilitationsmaßnahme entlassen worden. Eine ärztliche Vorstellung am 05.05.2016 zur Bescheinigung der weiteren Arbeitsunfähigkeit sei nicht möglich gewesen, da es sich um einen Feiertag (Christi Himmelfahrt) gehandelt habe. Am 06.05.2016 sei ein Arztbesuch nicht möglich gewesen, weil an diesem "Brückentag" sowohl die behandelnde Orthopädiepraxis als auch die Praxis des behandelnden Hausarztes geschlossen gewesen seien. Eine Vorstellung beim Arzt sei damit erst am Montag, den 09.05.2016, - dem nächsten Werktag - möglich gewesen. Im Übrigen sei bereits anlässlich der Entlassung aus der Rehabilitationsmaßnahme am 04.05.2016 die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit attestiert worden.

Mit Urteil vom 15.03.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägeri...

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