Entscheidungsstichwort (Thema)
Schlüssiges Konzept der Stadt Leipzig
Leitsatz (amtlich)
Für einen 1-Personen-Haushalt in der Stadt Leipzig liegt für den Zeitraum Dezember 2014 bis Dezember 2016 nach Nachbesserung durch den Senat im Hinblick auf die Berücksichtigung eines Konfidenzintervalles ein schlüssiges Konzept vor.
Orientierungssatz
1. Zu dem gegen die Schlüssigkeit des Konzepts vorgebrachten Einwands einer nicht hinreichenden Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums.
2. Zu dem gegen die Schlüssigkeit des Konzepts vorgebrachten Einwand der Gefahr einer Ghettoisierung.
3. Zu den rechtlichen Maßstäben des Kostensenkungsverfahrens.
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 5. August 2020 geändert und der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30. Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2015 verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum 1. Juli 2015 bis 31. Dezember 2015 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Berücksichtigung eines monatlichen Gesamtbedarfes für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 340,96 € zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat der Klägerin 6 % ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ein Urteil, mit dem ihre Klage auf Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), hier beschränkt auf die Kosten der Unterkunft (KdU), für den Zeitraum 1. Juli 2015 bis 31. Dezember 2015 abgewiesen worden ist.Die Klägerin führt zahlreiche Parallelverfahren für davor liegende und nachfolgende Streitzeiträume.
Die 1956 geborene, alleinstehende Klägerin betrieb seit Dezember 2004 als selbständige Gewerbetreibende ein Einzelhandelsgeschäft für Kinderbekleidung und sonstige Kinderausstattung. Sie bewohnte seit Oktober 2004 eine 72,50 qm große Wohnung, für die sie im streitigen Zeitraum eine Grundmiete von 297,00 € monatlich, eine Nebenkostenvorauszahlung von 77,00 € monatlich und eine Heizkostenvorauszahlung von 66,00 € monatlich zu zahlen hatte (gesamt 440 €). Sie stand bereits vor dem streitigen Leistungszeitraum im Leistungsbezug.
Mit Schreiben des Beklagten vom 11. Juli 2011 war die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass ihre derzeitigen Unterkunftskosten das Maß der anerkennungsfähigen Mietkosten nach den Bestimmungen der Stadt B.... übersteigen würden und längstens für die Dauer von sechs Monaten, im Fall der Klägerin bis zum 31. Dezember 2011, übernommen werden könnten. Es wurde angekündigt, danach die Kosten von Amts wegen mit der dann folgenden nächsten Zahlung auf das angemessene Maß abzusenken, das für die Klägerin mit 243,90 € (Grundmiete und Betriebskosten) zuzüglich 1,15 €/qm Heizkosten für 45 qm für einen Einpersonenhaushalt benannt wurde. Ihr sei zuzumuten, die Aufwendungen für die Unterkunft durch Untervermietung, Verhandlung mit dem Vermieter oder Wohnungswechsel zu senken. Der Klägerin wurde Gelegenheit gegeben, sich bis zum 11. August 2011 zum Sachverhalt zu äußern.
Für die Bewilligungszeiträume Januar bis Juni 2012 (vorläufiger Bewilligungsbescheid vom 22. Dezember 2011) und Juli bis Dezember 2012 (vorläufiger Bewilligungsbescheid vom 6. Juli 2012) legte der Beklagte der Bedarfsberechnung jeweils eine Bruttokaltmiete (Grundmiete zuzüglich Nebenkosten) von 243,90 €/Monat entsprechend der damaligen Richtlinie der Stadt B.... zuzüglich der auf 51,75 €/Monat gekürzten Heizkosten zugrunde. Für die Bewilligungszeiträume Januar bis Juni 2013 (vorläufiger Bewilligungsbescheid vom 22. Januar 2013, Widerspruchsbescheid vom 30. April 2013, endgültiger Bewilligungsbescheid vom 12. Februar 2014), Juli bis Dezember 2013 (Ablehnungsbescheid vom 10. Juli 2013, Widerspruchsbescheid vom 9. September 2013, endgültiger Bescheid vom 2. September 2014) und Januar bis Juni 2014 (vorläufiger Bewilligungsbescheid vom 2. April 2014, Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2014) und Juli bis Dezember 2014 (vorläufiger Bewilligungsbescheid 28. Mai 2014, Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2014, teilweise Gegenstand des Parallelverfahren L 10 AS 798/20 [Dezember 2014]) legte der Beklagte der Bedarfsberechnung entsprechend der damaligen Richtlinie der Stadt B.... jeweils eine Bruttokaltmiete von 261,45 €/Monat zugrunde.
Am 18. Dezember 2014 erließ der Beklagte die Verwaltungsrichtlinie Kosten der Unterkunft (Kapitel 1) - Angemessenheitsgrenzen; "Schlüssiges Konzept"- der Stadt B.... (im Folgenden: KdU-Richtlinie 2014), die ab diesem Tag galt. In dieser wurden die angemessene Grundmiete mit maximal 207,01 €/Monat und angemessene kalte Betriebskosten von maximal 62,56 €/Monat ermittelt.
Für den Zeitraum Januar 2015 bis Juni 2015 wurden der Klägerin Leistungen unter Berücksichtigung eines Bedarfes für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 335,57 € (207,01 Nettokaltmiete + 62,56 € kalte Betriebskosten + 66...