Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. endgültige Leistungsbewilligung. veränderte Umstände. zu erwartender Einkommenszufluss. vorläufige Zahlungseinstellung. kein Erlass einer neuen vorläufigen Entscheidung. keine Umdeutung. fehlende Zielgleichheit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Reaktion auf veränderte Umstände nach dem Erlass einer endgültigen Leistungsbewilligung, hier dem zu erwartenden, aber in Bezug auf Zeitpunkt und Höhe noch nicht gewissen Einkommenszufluss, kann über die vorläufige Zahlungseinstellung erfolgen, nicht aber über den Erlass einer neuen vorläufigen Entscheidung.

2. Eine vorläufige Bewilligung nach § 328 SGB III kann nicht in eine vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 SGB III umgedeutet werden.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 2. November 2016 abgeändert. Der Bescheid des Beklagten vom 10. Februar 2012 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis zum 31. März 2012.

Die 1978 geborene erwerbsfähige Klägerin zu 1, der 1965 geborene erwerbsfähige Kläger zu 2 bildeten zusammen mit ihren 1995, 1997, 2003, 1999 und 2005 geborenen Kindern, den Klägern zu 3 bis 7, im streitbefangenen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II. Die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bezogen von der ARGE Stadt P... erstmals im Jahr 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Der Nachfolger der ARGE Stadt P..., das beklagte Jobcenter, bewilligte den Klägern zu 1 und 2 sowie 4 bis 7 mit Bescheid vom 28. September 2011 vorläufig Leistungen für die vom 1. Oktober 2011 bis zum 31. März 2012 in Höhe von zusammen monatlich 1.368,33 EUR. Auf der Bedarfsseite berücksichtigte der Beklagte zum einen die den Klägern jeweils zustehenden Regelsätze sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 696,93 EUR. Dem stellte er das bereinigte Erwerbseinkommen der Klägerin zu 3 sowie das Kindergeld für die Kläger zu 3 bis 7 gegenüber.

Für November 2011 bis März 2012 erließ der Beklagte zunächst die Änderungsbescheide vom 6. Oktober 2011 und 21. Oktober 2011 mit vorläufigen Bewilligungen.

Für Oktober 2011 erließ der Beklagte unter dem 21. Oktober 2011 einen Änderungsbescheid mit einer endgültigen Leistungsbewilligung. Die bewilligten Leistungen beliefen sich auf 1.452,82 EUR. Der Klägerin zu 3 wurde weiterhin kein Leistungsanspruch zuerkannt.

Mit zwei Schriftsätzen vom 1. November 2011 ließen die jetzt anwaltlich vertretenen Kläger gegen den Bescheid vom 28. September 2011 und gegen den Bescheid vom 6. Oktober 2011 Widerspruch einlegen. Ein weiterer Widerspruch wurde mit Schriftsatz vom 21. November 2011 gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2011 eingelegt. Sie machten geltend, dass die Regelsätze nicht verfassungsgemäß seien. Die Kosten der Unterkunft und Heizung seien rechtswidrig gekappt worden. Die Versicherungspauschale für die minderjährigen Kläger sei nicht von deren Einkommen in Abzug gebracht worden. Der Klägerin zu 3 stehe als Auszubildender ein Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft und Heizung zu.

Für November 2011 setzte der Beklagte die Leistungen mit Änderungsbescheid vom 4. November 2011 in Höhe von insgesamt 1.477,82 EUR und für Januar bis März 2012 mit Änderungsbescheid vom 22. November 2011 in Höhe von insgesamt monatlich 1.691,93 EUR endgültig fest. Für den letztgenannten Zeitraum wurden nunmehr wegen der entfallenen Ausbildungsvergütung auch der Klägerin zu 3 Leistungen zuerkannt.

Für Januar bis März 2012 setzte der Beklagte die Leistungsbewilligungen - einschließlich eines Anspruches der Klägerin zu 3 - mit Änderungsbescheid vom 8. Dezember 2011 auf insgesamt monatlich 1.658,73 EUR herab.

Mit Änderungsbescheid vom 10. Januar 2012 bewilligte der Beklagte für Februar 2012 höhere Leistungen, da den Klägern zu 4 bis 7 Schulgeld für das 2. Halbjahr gewährt wurde.

Mit Änderungsbescheid vom 1. Februar 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern zu 1, 2 und 4 bis 7 Leistungen für November 2011 in Höhe von insgesamt 1.482,82 EUR und allen sieben Klägern für Dezember 2011 in Höhe von insgesamt 1.691,93 EUR.

Der Kläger zu 2 nahm zum 6. Februar 2012 eine befristete Beschäftigung auf mit einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von 1.500,00 EUR. Daraufhin erließ der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 10. Februar 2012 eine vorläufige Leistungsbewilligung für März 2012, bei der er ein Erwerbseinkommen von brutto 1.500,00 EUR und netto 1.200,00 EUR anrechnete. Die Leistungsbewilligung belief sich auf Grund dessen auf insgesamt 788,73 EUR.

Der Beklagte erließ unter dem 16. Februar 2012 drei Widerspruchsbescheide. Mit dem einen (Az. W 4907/11) wies er den ...

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