Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistung. berufliche Weiterbildung. Bildungsgutschein. Umschulung zum Logopäden. Zertifizierungsurkunde. Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres durch privaten Dritten. Eingliederungsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
1. Mit einem Bildungsgutschein wird bescheinigt, dass die Voraussetzungen für die Förderung vorliegen. Es wird nicht nur das Vorliegen der persönlichen Fördervoraussetzungen bescheinigt, sondern auch, dass die zuständige Behörde ihr Ermessen dahin ausgeübt hat, die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung durch die gesetzlichen Leistungen zu fördern.
2. Die Finanzierungssicherung iS von § 85 Abs 2 S 3 SGB 3 ist Teil der Entscheidung über die Zulassung der Weiterbildungsmaßnahme, die die fachkundige Stelle nach Maßgabe von § 77 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 3 iVm § 85 SGB 3 zu treffen hat. Sie wird wie das Vorliegen der gesamten Zulassungsvoraussetzungen des § 85 SGB 3 mit Erteilung der Zertifizierungsurkunde verbindlich festgestellt.
3. Zur Finanzierungssicherung iS von § 85 Abs 2 S 3 SGB 3, wenn die Finanzierung durch einen privaten Dritten erfolgt.
4. Die auf § 15 Abs 1 SGB 2 beruhende Eingliederungsvereinbarung stellt einen rechtlich bindenden, subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag dar.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 8. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers - auch des Berufungsverfahrens - zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Anspruchs des Klägers auf Bewilligung der Umschulungskosten für die Förderung der am 1. Oktober 2006 begonnenen Umschulung zum Logopäden an der Medizinischen Akademie in L. (staatlich anerkannte Berufsfachschule für Logopädie).
Der 1969 geborene Kläger bezieht seit Herbst 2005 Leistungen der Beklagten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Am 27. Juni 2006 schloss der Kläger einen Umschulungsvertrag mit der Medizinischen Akademie, Internationaler Bund, Staatlich genehmigte Berufsfachschule für Logopädie in L.. Danach begann das Umschulungsverhältnis am 1. Oktober 2006 und soll bis zum 30. September 2009 andauern. Die praktische Unterweisung soll in der Praxis für Logopädie J. in D. erfolgen.
Am 10. September 2006 erteilte die Beklagte dem Kläger einen Bildungsgutschein gemäß § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 77 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III). Dieser enthält folgenden Passus: “Bedingung für die Förderung ist, dass die Finanzierung des dritten Drittels zu Beginn der Weiterbildungsmaßnahme sichergestellt ist. Das Vorliegen dieser Bedingung hat der Bildungsträger (Schulträger) in der der Arbeitsagentur vorzulegenden Ausfertigung des Bildungsgutscheines zu bestätigen.„ Eine solche Ausfertigung des Maßnahmeträgers legte der Kläger in der Folgezeit jedoch nicht vor. Der Kläger legte jedoch eine Bestätigung seines Vaters vom 15. Oktober 2006 vor. In dieser Erklärung führte sein Vater aus, sein am 14. Oktober 2003 verstorbener Vater, der Großvater des Klägers, habe ihm zur zweckgebundenen Verwaltung für seinen Sohn, den Kläger, Geld überlassen. Dieses Geld dürfe nach dem Willen des Vaters nur zur Finanzierung einer Ausbildung eingesetzt werden, da sein Vater gewusst habe, dass seinem Enkel die bisherige Ausbildung nichts nütze. Daher versichere er, dass hiermit das dritte Ausbildungsjahr der vorgesehenen Ausbildung zum Logopäden abgedeckt werde. Es handle sich um einen Betrag von 15.000,00 EUR.
Am 22. September 2006 kam es zwischen dem Kläger und der Beklagten zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung. Darin verpflichtete sich die Beklagte zur “Förderung der beruflichen Weiterbildung durch Teilnahme an Logopäde-Ziel-BKZ 8525-100 für eine Dauer von bis zu 24 Monat(en)„. Der Kläger verpflichtete sich zur “Teilnahme an Maßnahme zu beruflicher Weiterbildung/Schadensersatzregelung„ “Logopäde Med. Akademie L. 10/06-09/09„. Die Eingliederungsvereinbarung enthält zudem eine Schadensersatzregelung für den Fall, dass der Kläger die Maßnahme aus einem von ihm zu vertretenden Grund nicht zu Ende führt.
Mit Bescheid vom 28. September 2006 lehnte die Beklagte die Übernahme der Weiterbildungskosten ab. Die Einlösung von Bildungsgutscheinen für Maßnahmen, deren Ausbildungszeit auf Grund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen nicht verkürzt sei, setze voraus, dass der Träger der Maßnahme bestätige, dass sowohl die Zahlung einer Ausbildungsvergütung - in der Regel durch den Träger der praktischen Ausbildung - als auch eine Finanzierung der Weiterbildungskosten für das dritte Drittel sichergestellt sei. In der Vereinbarung mit dem Maßnahmeträger sei in § 4 geregelt, dass der Antragsteller die Kosten für das dritte Jahr selbst übernehme. Die Sicherstellung des dritten Drittels etwa durch Eigenfinanzie...