Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie. Zeugenaussage. zusätzliche Belohnungen für Eisenbahner. Jubiläumszuwendungen für treue Dienste bei der Deutschen Reichsbahn
Leitsatz (amtlich)
1. Ist der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht, kann die Höhe der als zusätzliches Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Jahresendprämien geschätzt werden, auch wenn deren Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden kann.
2. Arbeitsentgelt iS des § 14 SGB IV und damit iS des § 6 Abs 1 S 1 AAÜG stellen auch die in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen erbrachte Arbeitsleistung in Form der erbrachten Betriebstreue und Pflichterfüllung handelte.
3. Die zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner waren nicht nach der am 1.8.1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei iS des § 17 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB IV iVm § 1 ArEV. Ein bundesrepublikanischer Tatbestand des Steuerrechts, der die Steuerfreiheit der zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner regeln würde, liegt nicht vor.
4. Arbeitsentgelt iS des § 14 SGB IV und damit iS des § 6 Abs 1 S 1 AAÜG stellen auch die in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten Treueprämien für Eisenbahner dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen erbrachte Arbeitsleistung in Form der erbrachten Berufstreue handelte. Ihrer Art nach handelte es sich dabei um Jubiläumszuwendungen des Betriebes.
5. Die Treueprämien für Eisenbahner, die anlässlich der 20- und 30-jährigen ununterbrochenen Dienstzeit gezahlt wurden, waren nicht nach der am 1.8.1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei iS des § 17 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB IV iVm § 1 ArEV. Ein bundesrepublikanischer Tatbestand des Steuerrechts, der die Steuerfreiheit der Treueprämien für Eisenbahner regeln würde, liegt nicht vor. Der Steuerbefreiungstatbestand des § 3 Nr 52 EStG iVm § 3 Abs 1 der Lohnsteuer Durchführungsverordnung (juris: LStDV), der am 1.8.1991 galt, greift nicht.
Orientierungssatz
1. Zur Glaubhaftmachung der Höhe einer nach dem AAÜG als zusätzliches Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Jahresendprämie mithilfe von Solidaritätsspendenlisten.
2. Zum Leitsatz 2: So auch LSG Neubrandenburg vom 28.5.2014 - L 7 R 227/10 = juris RdNr 30.
3. Zur Höhe und Glaubhaftmachung der in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Eisenbahner.
4. Zur Höhe und Glaubhaftmachung der in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten Treueprämien für Eisenbahner.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 3. April 2012 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 5. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2008 in der Fassung des Bescheides vom 13. März 2013 dahingehend abzuändern, dass weitere Arbeitsentgelte des Klägers für die Jahre 1976 bis 1987 und 1989 bis 1990 wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen, für die Jahre 1981 bis 1984 wegen zu berücksichtigender zusätzlicher Belohnungen für Eisenbahner und für die Jahre 1976 und 1986 wegen zu berücksichtigender Jubiläumszuwendungen für treue Dienste bei der Deutschen Reichsbahn im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt zu berücksichtigen sind:
Für das Jahr:
1976 |
887,55 Mark |
1977 |
590,72 Mark |
1978 |
687,61 Mark |
1979 |
833,33 Mark |
1980 |
783,33 Mark |
1981 |
1.730,77 Mark |
1982 |
1.758,62 Mark |
1983 |
1.863,83 Mark |
1984 |
1.847,02 Mark |
1985 |
757,27 Mark |
1986 |
1.425,48 Mark |
1987 |
816,43 Mark |
1989 |
929,15 Mark |
1990 |
825,32 Mark |
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu fünf Sechsteln.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines von der Beklagten bereits (und wieder) eröffneten Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1974 bis 1990 in Form der Einbeziehung jährlicher Jahresendprämien, zusätzlicher Belohnungen für Eisenbahner und Jubiläumszuwendungen anlässlich des zehn-, 20- und 30jährigen Arbeitnehmerjubiläums festzustellen.
Der am … 1942 geborene Kläger begann am 1. September 1956 seine Berufsausbildung bei der Deutschen Reichsbahn, war ab 1. September 1959 als Telegraphist am Bahnhof L…-S… beschäftigt u...