Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie. Zeugenaussage
Leitsatz (amtlich)
Ist der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht, kann die Höhe der als zusätzliches Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Jahresendprämien geschätzt werden, auch wenn deren Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden kann.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. Juni 2015 insoweit aufgehoben, als die Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1979 und 1984 als weiteres Arbeitsentgelt ausgeurteilt wurde. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren zur Hälfte.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die (Zufluss-)Jahre 1979, 1983, 1984 und 1985 in Form jährlicher Jahresendprämien festzustellen.
Dem 1936 geborenen Kläger wurde, nach einem Hochschulstudium in der Fachrichtung konstruktiver Ingenieurbau an der Ingenieurschule für Bauwesen C… in der Zeit von September 1955 bis März 1961, mit Urkunde vom 27. Februar 1961 der akademische Grad “Diplom-Ingenieur„ verliehen. Er war vom 4. April 1961 bis 31. Oktober 1978 als Statiker und Abteilungsleiter im volkseigenen Betrieb (VEB) Industrie-Projektierung D…, vom 1. November 1978 bis 31. August 1983 als Problemanalytiker im VEB Metallleichtbaukombinat Forschungsinstitut L… sowie vom 1. September 1983 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Statiker im VEB Bauingenieurkombinat für Anlagenbau D… beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Nach einem vorangegangenem, mit Anerkenntnis der Beklagten vom 30. Juni 2003 endenden sozialgerichtlichen Rechtsstreit (Sozialgericht Leipzig: S 10 RA 211/03 ZV), stellte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Mai 2004 die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 4. April 1961 bis 30. Juni 1990 als “nachgewiesene Zeiten„ der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.
Mit Überprüfungsantrag vom 6. Juli 2008 begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Jahresendprämien und anderen Sonderzahlungen als Arbeitsentgelt. Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Februar 2010 ab.
Mit am 30. März 2010 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 28. März 2010 reichte der Kläger Lohnunterlagen ein und führte aus, er habe jedes Jahr Jahresendprämien in Höhe vom einfachen bis zum doppelten Monatsbruttogehalt erhalten. Er besitze zwar keine Nachweise zur Höhe der Jahresendprämien. Diese könne aber berechnet werden aus dem Jahresbruttodurchschnittslohn, wenn man minimal ein Zwölftel zu Grunde lege. Die Beklagte wertete das Schreiben des Klägers als erneuten Überprüfungsantrag, fragte bei den Rechtsnachfolgern der ehemaligen Beschäftigungsbetriebe sowie bei der Archivfirma Rhenus Office System GmbH nach dem Vorhandensein von Jahresendprämiennachweise nach, erhielt von diesen Firmen mit Schreiben vom 19. Mai 2011, 27. Juni 2011 und 7. Dezember 2011 jeweils die Auskunft, dass Prämienzahlungsnachweise nicht mehr vorhanden seien und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30. Mai 2011 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 19. Juni 2011 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2012 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Höhe der Jahresendprämien des Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne daher nicht erfolgen.
Hiergegen erhob der Kläger am 30. Mai 2012 Klage zum Sozialgericht Leipzig und reichte über die Firma Rhenus recherchierte Personalunterlagen mit Eintragungen zu an ihn ausgereichten Jahresendprämien und anderen Prämien betreffend den Zeitraum von 1963 bis 1978 sowie (mit Schreiben vom 20. Februar 2015) eigene Kalenderaufzeichnungen der Jahre 1987 bis 1989 mit Eintragungen zu an ihn ausgereichten Jahresendprämien und anderen Prämien ein. Die Beklagte erwiderte hierauf, für die Jahre 1963 bis 1978 seien vom Rentenversicher...