Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Glaubhaftmachung des Zuflusses und der Höhe von Jahresendprämien. Zeugenaussagen. zusätzliche Belohnungen für Werktätige im Bergbau
Leitsatz (amtlich)
1. Der Zufluss von Jahresendprämien sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach kann im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht werden.
2. Arbeitsentgelt iS des § 14 SGB IV und damit iS des § 6 Abs 1 S 1 AAÜG stellen auch die in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen erbrachte Arbeitsleistung in Form der erbrachten ununterbrochenen Tätigkeit in einem Bergbaubetrieb, damit also in Form von erbrachter Berufstreue und Pflichterfüllung, handelte.
3. Die zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau waren nach der am 1.8.1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) nicht steuerfrei iS des § 17 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB IV iVm § 1 ArEV. Ein bundesrepublikanischer Tatbestand des Steuerrechts, der die Steuerfreiheit der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau regeln würde, liegt nicht vor. Der Steuerbefreiungstatbestand des § 3 Nr 46 EStG, der am 1.8.1991 galt, greift nicht; und zwar weder direkt noch analog.
Orientierungssatz
1. Zur Höhe der in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau.
2. Zur Glaubhaftmachung der in der DDR gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 4. Oktober 2022 abgeändert. Die Beklagte wird, unter Aufhebung des Überprüfungsablehnungsbescheides vom 28. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2014, verurteilt, den Feststellungsbescheid vom 6. März 2000 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1976 bis 1983 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen sowie zusätzlicher Belohnungen für Werktätige im Bergbau im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt festzustellen sind:
Für das Jahr:
1976 |
1.346,65 Mark |
1977 |
1.342,73 Mark |
1978 |
1.458,77 Mark |
1979 |
1.576,65 Mark |
1980 |
1.602,21 Mark |
1981 |
1.400,93 Mark |
1982 |
1.527,69 Mark |
1983 |
1.497,53 Mark |
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu drei Vierteln.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens und im Berufungsverfahren nur noch - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in Form von Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1976 bis 1983 sowie in Form von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau für die Zuflussjahre 1976 bis 1983 festzustellen.
Der 1936 geborene Kläger arbeitete vom 1. November 1954 bis 26. August 1955 als Gleisumbauarbeiter im volkseigenen Betrieb (VEB) Braunkohlenwerk Y...., leistete vom 30. August 1955 bis 30. November 1957 seinen Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee (NVA), arbeitete vom 2. Dezember 1957 bis 31. August 1958 als Baggerfahrer im VEB Braunkohlenwerk "X...." W.... und war, nach erfolgreichem Abschluss eines im Zeitraum von September 1958 bis Juli 1961 absolvierten Fachschulstudiums in der Fachrichtung "Bergbautechnik (Braunkohle)" an der Bergingenieurschule "V...." U...., seit 30. Juni 1961 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Er war vom 18. Juli 1961 bis 31. Dezember 1961 als Absolvent im VEB Braunkohlenwerk T...., vom 1. Januar 1962 bis 14. Februar 1966 als Absolvent und Schichtleiter im VEB Kombinat S.... sowie vom 15. Februar 1966 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Arbeitsvorbereiter, Ingenieur für Arbeitsnormung, Ingenieur für Arbeitsgestaltung, Bearbeiter für Grundsatzfragen, Bearbeiter für Arbeitsstudium und Bearbeiter für Mechanik im VEB Braunkohlenwerk "X.... " W.... bzw. (ab 1968) - im unmittelbaren Rechtsnachfolgebetrieb - VEB Braunkohlenkombinat bzw. Braunkohlenwerk "R...." Q.... beschäftigt. Er erhielt zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) keine Versorgungszusage und war nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Am 17. Februar 2000 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und legte Entgeltbescheinigungen
- der LAUBAG vom 11. Mai 1994 (für den Beschäftigungszeitraum vom 18. Juli 1961 bis 14. Februar 1966),
- der LAUBAG vom 29. September 1994 (für den Beschäftigungszeitraum vom 15. Februar 1966 bis 28. Februar 19...