Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. haftungsausfüllende Kausalität. Anlageleiden. leichte Form des Morbus Scheuermann der BWS. geringfügige Skoliose. aktueller Stand der medizinischen Wissenschaft. Medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der LWS. Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung. interdisziplinären Arbeitsgruppe. Baumaschinist

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen einer Anerkennung einer Berufskrankheit gem BKV Anl Nr 2110 unter Berücksichtigung der "Medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der LWS - Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung der auf Anregung des HVBG eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe" (Trauma und Berufskrankheit 2005 S 211).

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 21.03.2005 sowie der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.11.2003 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass beim Kläger eine Berufskrankheit der Nr. 2110 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Instanzen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Vorliegen einer Berufskrankheit der Nr. 2110 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BK-Nr. 2110 BKV).

Der 1953 geborene Kläger war vom 01.01.1968 bis 31.12.1970 als Arbeiter und vom 01.01.1971 bis 17.12.1971 als Traktorist in der Landwirtschaft tätig, bevor er vom 03.01.1972 bis 31.10.1978 als Arbeiter bzw. Maschinist im Tiefbau beschäftigt war. Nach dem Wehrdienst ging er vom 01.05.1980 bis 31.01.2001 wiederum einer Tätigkeit als Maschinist und Arbeiter im Tiefbau nach.

Der Kläger war im Jahre 1979 erstmals wegen Rückenschmerzen in ärztlicher Behandlung. Nach seiner Einlassung bestanden ab 1997 zunehmende Beschwerden der Lendenwirbelsäule (LWS).

Ausweislich der Stellungnahme der AOK Sachsen vom 16.10.2006 wurde dem Kläger vom 08.03.1999 bis zum 16.04.1999 u.a. wegen Thoraxprellung links, vom 31.05.2000 bis 05.07.2000 wegen Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS), vom 02.11.2000 bis 08.12.2000 u.a. wegen sonstiger Erkrankungen der Wirbelsäule und des Rückens, vom 11.12.2000 bis 27.03.2001 u.a. wegen Zervikobrachialsyndroms, sonstiger Erkrankungen der Wirbelsäule und des Rückens und wegen Kreuzschmerzes, vom 03.09.2001 bis zum 30.11.2001 wegen Lumboischialgie, vom 10.06.2002 bis zum 27.08.2002 wegen Zervikobrachialsyndroms und Lumboischialgie und vom 17.12.2004 bis zum 14.01.2005 wegen Bandscheibenschadens und Lumboischialgie Arbeitsunfähigkeit attestiert.

Die Gewerbeärztin G. nahm am 04.11.2002 Stellung. Zwar enthalte die Akte keine Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) zur Exposition. Nach den Angaben des Klägers und den Erfahrungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen sei aber eine Exposition gegenüber halswirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten nicht wahrscheinlich. Daher liege die haftungsbegründende Kausalität einer BK-Nr. 2109 BKV nicht vor.

Bezüglich einer BK-Nr. 2108 BKV und BK-Nr. 2110 BKV sei eine ausreichende Exposition nicht auszuschließen. Jedoch liege die haftungsausfüllende Kausalität nicht vor. Nach Aktenlage leide der Kläger an vertebragenen Schmerzsyndromen aller Etagen der Wirbelsäule sowie an Gelenkbeschwerden. Es würden Verschleißerscheinungen an der gesamten Wirbelsäule sowie ein Zustand nach Morbus Scheuermann beschrieben. Daher seien die BK-Nrn. 2108 und 2110 BKV nicht gegeben.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20.11.2002 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen Wirbelsäulenbeschwerden ab. BK-Nrn. 2108 bzw. 2110 BKV lägen nicht vor. Der Kläger leide unter einer Erkrankung der gesamten Wirbelsäule mit Schwerpunktbildung an der BWS. Zudem seien deutliche Zeichen einer Wachstumsstörung in Form eines Morbus Scheuermann gegeben. Ein belastungskonformes Erkrankungsbild mit von oben nach unten zunehmender Schädigung der LWS sei nicht vorhanden. Mit seinem Widerspruch vom 20.11.2003 erachtete der Kläger eine Begutachtung als erforderlich.

Die Orthopädin S. gab am 29.04.2003 an, der Kläger befinde sich vorwiegend wegen der Beschwerden der LWS in ihrer Behandlung. Die Beschwerden der BWS und Halswirbelsäule (HWS) träten dagegen zurück.

Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Orthopäde Dr. B. am 01.05.2003 ein Gutachten nach Untersuchung des Klägers. Beim Kläger lägen ein chronisch rezidivierendes lokales Lumbalsyndrom mit Funktionsstörungen und sporadisch und unter Belastung auftretende pseudoradikuläre und radikuläre Reizerscheinungen im Sinne von Missempfindungen und Muskelschwäche bei Osteochondrose, Spondylose und Spondylarthrose mehrerer LWS-Segmente sowie nachgewiesenen Bandscheibenvorfällen an den Segmenten L4/5 und L5/S1 sowie ein lokales Zervikalsyndrom mit geringen Funktionsstörungen bei fortgeschrittener Osteochondrose in zwei S...

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