Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Schüler-BAföG. Ermittlung des Anteils der Ausbildungskosten als zweckbestimmte Einnahme. Berücksichtigung von Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte in Höhe der Pauschale gem § 3 Abs 1 Nr 3 AlgIIV

 

Leitsatz (amtlich)

1. Als zweckbestimmte Einnahmen iS von § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 ist der Anteil der Ausbildungsförderung zu berücksichtigen, der mit Nachweisen belegt ist und in angemessenem Umfang auf die Ausbildungsförderung entfällt.

2. Beim Ansatz für Fahrtkosten ist für Fahrten mit dem eigenen Kraftfahrzeug die Pauschale gemäß § 3 Abs 1 Nr 3 Buchst b AlgIIV in der ab 1.10.2005 geltenden Fassung (0,20 Euro für jeden Entfernungskilometer) anwendbar.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.03.2009; Aktenzeichen B 14 AS 61/07 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 22.03.2007 insoweit abgeändert, als

1. im Monat Januar 2005 zusätzlich 106,00 € statt 146,60 €,

2. im Monat Februar 2005 zusätzlich 106,00 € statt 146,60 € und

3. im Monat Mai 2005 zusätzlich 146,00 € statt 146,60 €

zu bewilligen sind.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat der Klägerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anrechnung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005.

Die 1988 geborene Klägerin lebte im streitbefangenen Zeitraum in einer Bedarfsgemeinschaft. Dieser Bedarfsgemeinschaft gehörten die Mutter der Klägerin, K., deren weitere Kinder F., geb. 1991, sowie H., geb. 1993, an, ferner der mit der Mutter in eheähnlicher Gemeinschaft lebende J. .

Am 21.10.2004 beantragte die Mutter der Klägerin für die gesamte Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten der Unterkunft, wobei die Bedarfsgemeinschaft in einem Eigenheim mit Ölheizung lebte.

Die Klägerin ist seit dem 18.08.2004 bei der “Euro-Schulen Gemeinnützige Gesellschaft für Bildung und Beschäftigung„, Berufsfachschule für Diätetik, mit dem Ausbildungsziel “staatlich geprüfte Diätassistentin„ angemeldet. Vom Landratsamt Mittweida - Amt für Ausbildungsförderung - bezog sie aufgrund des Bescheides vom 30.09.2004 Ausbildungsförderung ab August 2004 bis einschließlich Juli 2005 in Höhe von monatlich 192,00 € nach dem BAföG. Den Weg zu den jeweiligen Ausbildungsstätten bewältigte die Klägerin mit einem Moped.

Parallel hierzu erhielt die Klägerin Kindergeld in Höhe von monatlich 154,00 €.

Mit Bescheid vom 10.01.2005 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für den Monat Januar 2005 einen Betrag in Höhe von 914,19 €, für Februar 2005 1.490,89 €, für März 2005 1.412,79 € und für die Monate April bis Juni 2005 jeweils 1.277,89 €. Hierbei legte die Beklagte Kosten für Unterkunft und Heizung für die gesamte Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 538,42 € zugrunde und berücksichtigte bei der Klägerin Einkommen, nämlich Kindergeld in Höhe von 154,00 € und BAföG-Leistungen in Höhe von 192,00 €. Die der Klägerin zustehenden Leistungen bezifferte die Beklagte für den Monat Januar 2005 auf 12,23 € und für Februar 2005 bis Juni 2005 auf monatlich 26,68 €.

Diesen Bescheid griff die Mutter der Klägerin mit Widerspruch vom 09.02.2005 an. Von dem BAföG müsse die Klägerin ihr Schuldgeld in Höhe von 115,00 € bestreiten, das Geld stehe ihr somit nicht in voller Höhe zur Verfügung.

Ausweislich des beigefügten Schulvertrages war die Klägerin verpflichtet, im ersten Schuljahr (01.08.2004 bis 31.07.2005) Gebühren in Höhe von 660,00 € zu bezahlen. Zusätzlich musste die Klägerin in diesem Zeitraum eine monatliche Aufwandspauschale in Höhe von 60,00 € für Zusatzleistungen des Schulträgers zahlen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Leistungen nach dem BAföG stellten Einkommen dar. Ein Abzug des Schulgeldes könne nicht nach § 11 Abs. 2 SGB II erfolgen, da insbesondere die Absetzungsmöglichkeiten nach Nr. 5 auf Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzielten, die im Falle der Klägerin nicht gegeben seien.

In der am 28.10.2005 zum Sozialgericht Chemnitz erhobenen Klage hat die Klägerin auf neben dem zu zahlenden Schulgeld aufzubringende weitere ausbildungsbedingte Aufwendungen zur Absicherung des Schulbetriebes hingewiesen; hierzu zählten arbeitstägliche Fahrtaufwendungen, Arbeitsmittel wie Fachbücher, Schreibblöcke, Schreibutensilien, Hefter und Aktenordner sowie Berufsbekleidung in einer durchschnittlichen monatlichen Höhe von 70,00 €.

Mit Änderungsbescheid vom 17.10.2005 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für die Monate Januar und Februar 2005 monatlich 1.490,89 €, für den Monat März 2005 1.412,79 € und für die Monate April bis Juni 2005 jeweils 1.277,98 €....

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