Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenrente. Sonderrechtsnachfolge. Ausschluss. Einleitung des Verwaltungsverfahrens nach dem Tod des Versicherten. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Fehlverhalten Dritter. verspätete Anzeige des Arztes. Verdacht auf Vorliegen einer Berufskrankheit
Leitsatz (amtlich)
Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ist auch gegeben, wenn ein Arzt einen begründeten Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit nicht unverzüglich anzeigt und dadurch ein Verwaltungsverfahren erst nach dem Tod des Versicherten eingeleitet wird.
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 14.04.2005 sowie der Bescheid der Beklagten vom 05.08.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2003 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin des am 15.06.2001 verstorbenen Hellmut A. wegen der Folgen der BK-Nr. 4105 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung Verletztenrente für die Zeit vor dessen Tod zu gewähren.
II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin Ansprüche ihres verstorbenen Ehemannes gegen die Beklagte aus den Folgen einer Berufskrankheit (BK) nach der Berufskrankheitenverordnung (BKV) zustehen.
Die Klägerin ist die Witwe des 1935 geborenen und 2001 verstorbenen A., der bei der Beklagten versichert war (Versicherter). Dieser war von 1950 bis 1953 in den C.-Werken C. als Hilfsarbeiter in der Produktion mit Asbestkontakt tätig. Nach weiteren Tätigkeiten war der Kläger von 1959 bis 1960 als Lokheizer beschäftigt, wobei auch bei dieser Tätigkeit eine Asbestexposition annehmbar ist.
Der Versicherte befand sich nach erstmaligem verdächtigen CT-Befund vom 09.10.2000 aufgrund eines angenommenen Pleuramesotheliom rechts vom 27.11.2000 bis zum 22.12.2000 im Fachkrankenhaus C.. In der Epikrise vom 09.01.2001 ist ausgeführt: “Für eine berufliche Verursachung des anzunehmenden Pleuramesothelioms haben wir keine Hinweise gefunden.„
Aufgrund zunehmender Atemnot und Verschlechterung des Allgemeinzustandes begab sich der Versicherte ab 22.03.2001 in die Behandlung ins Krankenhaus A.. Am 01.06.2001 wurde der Versicherte auf eigenen Wunsch im in A. zur Palliativbehandlung aufgenommen, dort verstarb er 2001.
Mit Datum vom 28.07.2001 teilte die Zeugin G., Fachärztin für Innere Medizin am in A., Oberärztin, dem Sächsischen Landesinstitut für Arbeitsschutz und -medizin einen Verdacht auf Vorliegen einer BK mit. Der Versicherte sei am 15.06.2001 verstorben und habe im Bremsbelägewerk gearbeitet. Diagnostiziert worden sei ein Pleuramesotheliom rechts.
Das Sächsische Landesinstitut für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin leitete diese BK-Anzeige an die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie weiter, die nach eigenen Ermittlungen am 15.01.2003 das Verfahren an die Beklagte abgab.
Der Beratungsarzt PD Dr. D. bestätigte mit Datum vom 13.12.2001 die Diagnose eines Pleuramesothelioms, ebenso der Gewerbearzt Dr. B., der am 04.03.2002 die Anerkennung einer BK-Nr. 4105 BKV ab Oktober 2000 unter Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v.H. empfahl, die zur Anerkennung empfohlene BK sei zudem Todesursache. Prof. Dr. M. vom Institut für Pathologie an den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. in B. bestätigte am 02.10.2002 ebenfalls das Vorliegen eines primären malignen Pleuramesothelioms und erachtete in einer ergänzenden Stellungnahme vom 05.11.2002 eine berufliche Verursachung aufgrund einer Exposition gegenüber Asbestfeinstäuben als wahrscheinlich.
In der Folge erhielt die Klägerin Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung in Form von Sterbegeld (Bescheid vom 25.03.2003) sowie eine Witwenrente (Bescheid vom 01.04.2003), ferner eine entsprechende Verzinsung der Leistungen (Bescheid vom 06.05.2003).
Mit Schreiben vom 07.05.2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten über die gewährten Leistungen hinaus die dem Versicherten zustehenden Lebzeitleistungen, insbesondere eine Rentenzahlung. Aus dem Schriftwechsel mit dem Fachkrankenhaus C. ergebe sich, dass dort bereits der Verdacht einer BK bestanden habe. In einem in Kopie beigefügten Schreiben vom 13.05.2002 sei ausgeführt, dass aufgrund der Asbestexposition des Patienten während seiner Tätigkeit in dem asbestverarbeitenden C.-Werk C. die Diagnose eines Pleuramesothelioms gestellt worden sei. Das Krankenhaus C. hätte bereits eine BK-Anzeige veranlassen müssen. Das Versäumnis eines Arztes, eine entsprechende Anzeige zu erstatten, falle dem Versicherten nicht zur Last. Unter Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs habe sie Anspruch auf die Lebzeitleistungen.
Mit Bescheid vom 05.08.2003 lehnte die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Entschädigung zu Lebzeiten des Versicherten wegen des Versicherungsfalles vom 01.12.2000 ab. Das BK-Feststellungsverfa...