Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung des § 131 Abs 5 SGG auf Leistungs- und Verpflichtungsklage

 

Orientierungssatz

§ 131 Abs 5 SGG ist nicht nur auf reine Anfechtungsklagen, sondern auch auf Leistungs- und Verpflichtungsklagen anwendbar.

 

Tatbestand

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die Zurückverweisung der Sache an ihn zum Zwecke erneuter Sachverhaltsermittlung hinsichtlich des Merkzeichens "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung). Der am ..1923 geborene, derzeit 81 Jahre alte Kläger erlitt im Zweiten Weltkrieg einen Bauchschuss und war bereits nach dem Recht der ehemaligen DDR als schwerbeschädigt mit einem Körperschaden von 55% anerkannt. Seit 1992 ist er im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit der Bezeichnung "Kriegsbeschädigt" und mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50, der 1993 auf GdB 80 erhöht und 1994 um das Merkzeichen "G" erweitert wurde. Am 18.11.1997 hatte der Kläger die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" beantragt, was mit Änderungsbescheid vom 10.03.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.1998 abgelehnt wurde. Jedoch stellte der Beklagte unter Beibehaltung des Merkzeichens "G" und des GdB von 80 die Behinderungen wie folgt neu fest: (1) Dick- und Dünndarmteilverlust, Verwachsungen im Bauchraum, Wandausstülpungen des Dickdarms, Bauchnarben mit Narbenbrüchen nach Bauchschuss, Beckenschussbruch. (2) Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke, Kraftminderung beider Arme, Fehlstellung des linken Handgelenks. (3) Psychovegetatives Syndrom. (4) Durchblutungsstörung des Herzens, Blutunterdruck. (5) Postthrombotisches Syndrom am linken Bein. (6) Funktionsbehinderung der Wirbelsäule. Am 14.05.2003 stellte der Kläger einen weiteren Neufeststellungsantrag gerichtet auf die Erhöhung des GdB sowie die Zuerkennung der Merkzeichen "B" und "aG". Neben den medizinischen Unterlagen aus den Verwaltungsverfahren bis 1998 lagen dem Beklagten hierzu folgende, von ihm aktuell beigezogene medizinische Unterlagen vor: - Entlassungsberichte über eine Reha-Maßnahme vom 14.12.2000 bis 04.01.2001 und über stationäre Krankenhausaufenthalte zwecks Bauchoperation vom 18.02.2002 bis 22.03.2002 und vom 11.03.2003 bis 19.03.2003, - Befundberichte von Dipl.-Med. L1 .., Fachärztin für HNO-Heilkunde, vom 26.05.2003, Dr. med. B1 .., Facharzt für Urologie, vom 30.05.2003 und Dipl.-Med. T1 .., Fachärztin für Allgemeinmedizin, vom 25.07.2003 - Befunde von Dipl.-Med. S1 .., Facharzt für Neurologie, vom 15.11.2000 und ein Laborbefund vom 16.09.2002, wegen deren Einzelheiten auf die Blätter 145 bis 157 des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen wird. Hierzu holte der Beklagte eine versorgungsärztliche Stellungnahme vom 03.11.2003 ein, wonach unter Beibehaltung des Merkzeichens "G" der Gesamt-GdB auf 90 zu erhöhen sei. Unter konkreter Bezugnahme auf die älteren und die aktuell beigezogenen medizinischen Unterlagen bei jeder Behinderung (jeweils Angabe des Aktenblattes des medizinischen Befundes) und Angabe des jeweiligen Einzel-GdB teilte der Versorgungsarzt mit, dass als weitere Behinderung eine Schwerhörigkeit mit einem Einzel-GdB von 20 hinzugekommen sei und sich die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule verschlimmert habe, während die übrigen Behinderungen unverändert seien. Der urologische Facharztbefund bewirke keinen Teil-GdB von 10, ebenso wenig wie das vor einer geplanten Operation stehende Carpal-Tunnel-Syndrom. Die Voraussetzungen für die Merkzeichen "B" und "aG" seien weiterhin nicht gegeben, weil der aktuelle Befund von Dipl.-Med. T1 .. eine Laufstrecke mit Unterarmstützen von 400 m angebe und der Entlassungsbericht über die Reha-Maßnahme vom 14.12.2000 bis 04.01.2001 ein unauffälliges Gangbild bescheinige. Infolge der erneuten Bauchoperationen 2002 und 2003 sei die vorübergehende Verschlimmerung der Leiden im Bereich des Bauches wieder beseitigt worden, so dass der Teil-GdB dafür weiterhin 50 betrage. Dementsprechend erhöhte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 10.11.2003 unter Beibehaltung des Merkzeichens "G" den GdB auf 90, lehnte aber die Zuerkennung der Merkzeichen "B" und "aG" ab. Auf den dagegen am 08.12.2003 erhobenen Widerspruch hin, mit dem der Kläger im Wesentlichen geltend machte, dass es ihm nur um die Parkgenehmigung zur Benutzung von Behindertenparkplätzen gehe und sich sein Gesundheitszustand nach den Bauchoperationen derart verschlechtert habe, dass er ohne Auto keine Wege mehr zurücklegen könne, holte der Beklagte einen Befundbericht von Dr. med. M1 .., Fachärztin für Orthopädie, vom 03.02.2004 ein, wonach der Kläger ohne Unterarmgehstützen maximal 20 m laufen und wegen des Karpal-Tunnel-Syndroms sowie seiner Schulterbeschwerden keine Unterarmgehstützen benutzen könne (Blatt 176 des beigezogenen Verwaltungsvorgangs). Hierzu zog der Beklagte eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme vom 24.08.2004 bei, wonach der Kläger aus den Gründen der vorangegangenen Stellungnahme in der Lage sei, sich außerhalb seines Pkw auch ohne ständige fremde Hilfe fortzubewege...

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