Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2108. bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Konstellation B 2; arbeitstechnische Voraussetzungen. besonders intensive Belastung. haftungsbegründende Kausalität. Konsensempfehlungen. Zimmerer
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung der Konsensempfehlungen im Rahmen der Konstellation B 2, 1. und 2. Anstrich.
Normenkette
BKV Anl. 1 Nr. 2108; SGB VII § 9 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 06.04.2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 05.04.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2006 aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass bei dem Kläger eine Berufskrankheit Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.
III. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Instanzen zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Vorliegen einer Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BK-Nr. 2108 BKV).
Der am …1958 geborene Kläger war nach seiner Ausbildung zum Baufacharbeiter in der Zeit von September 1975 bis Mai 1977 als Eisenflechter und Zimmerer bis einschließlich 1997 tätig, wobei er nach eigenen Angaben ab 1998 innerbetrieblich umgesetzt und überwiegend mit Bürotätigkeiten betraut wurde und in diesem Zusammenhang eine Ausbildung zum Sicherheitsbeauftragten absolvierte.
Nach Übergang des Arbeitsverhältnisses in eine Transfergesellschaft in der Zeit von Juni 2002 bis Mai 2003 war der Kläger zunächst arbeitslos und begann im September 2003 eine Umschulung zum Podologen.
Mit Schreiben vom 07.03.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Rente, da er seinen Beruf als Zimmerer (Spezialbaufacharbeiter) aufgrund einer Erkrankung nicht mehr ausüben könne. Zur Akte reichte er ein für das Arbeitsamt A… erstelltes ärztliches Gutachten vom 13.05.2003 sowie Behandlungsunterlagen der Gemeinschaftspraxis Dipl.-Med. H…/Dipl.-Med. R…, Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie, vom 26.03.2003, ferner einen Befund über ein MRT der Lendenwirbelsäule vom 29.11.2002 (Beurteilung: im Vergleich zur Voruntersuchung von 1998 im Wesentlichen unveränderte Darstellung der deutlich ausgeprägten Osteochondrose und bilateralen Spondylarthrose bei L5/S1 mit links mediolateralem und intraforaminalem Bandscheibenprolaps, Wurzelirritation der linken L5-Wurzel, Discusprotrusion linksbetont im Segment L4/5).
Die Beklagte holte Auskünfte der vormaligen Arbeitgeberin des Klägers sowie einen Be-fundbericht von Dr. E…, Fachärztin für Orthopädie, vom 13.06.2005 ein und zog Befunde arbeitsmedizinischer Untersuchungen sowie Auskünfte der Krankenversicherungen des Klägers bei.
Am 28.07.2005 erstellte die Abteilung Prävention der Beklagten eine Expositionsanalyse dahingehend, dass im Sinne einer BK Nr. 2108 aus arbeitstechnischer Sicht eine ausreichende Exposition vorliege, hinsichtlich einer BK Nr. 2109 liege eine solche Exposition mit ≤ 5 % vor.
Am 19.01.2006 erstellte Dr. L…/Dr. W… der Klinik für Orthopädie des H…-Klinkum A… ein Gutachten nach Untersuchung des Klägers. Sie diagnostizierten ein chronisches (ausgebranntes) lumbales sensomotorisches Radikulärsyndrom S1 rechts, deutliche Wadenatrophie rechts, degenerative Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenvorfall L5/S1 links, Hüftdysplasie beidseits mit initialer sekundärer Koxarthrose. Es sei von einem primär lumbalen Schmerzsyndrom mit rechtsseitiger Wurzelreizsymptomatik auszugehen. Anamnestisch seien ca. Mitte der 90er Jahre akute Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in das rechte Bein sowie Gefühlsstörungen entlang der Rückseite des rechten Oberschenkels und der Außenseite des rechten Fußes bekannt. In den MRT- bzw. CT-Aufnahmen sei zwar ein Bandscheibenprolaps in Höhe L5/S1 linksseitig mit Irritation der Nervenwurzel ebenfalls links ersichtlich, jedoch habe zu keinem Zeitpunkt links eine klinische Symptomatik bestanden. Trotz objektiviertem Bandscheibenschaden bleibe die klinische Relevanz dieses Schadens unsicher. Eine Korrelation zwischen dem klinischen Schadensbild und dem bildtechnischen Befund sei nicht eindeutig gegeben. Ferner wiesen die Gutachter darauf hin, dass der 5. Lendenwirbelkörper sich asymmetrisch gestalte und den Charakter eines so genannten lumbosakralen Übergangswirbels trage. Dies sei wesentlicher Kausalfaktor für die degenerativen Veränderungen im untersten Bewegungssegment der Lendenwirbelsäule. Auch an der beruflich nicht exponierten Halswirbelsäule zeige sich radiologisch eine den Veränderungen im LWS-Bereich nahezu gleichartige fortgeschrittene Osteochondrose bei C5/C6, wenngleich hier keine maßgebliche klinische Symptomatik bestehe. Ebenso fänden sich im mittleren und unteren BWS-Abschnitt mäßiggradige degenerative Veränderungen, so dass insgesamt schon ein über alle Wirbel...