Verfahrensgang
SG Chemnitz (Urteil vom 28.05.1996; Aktenzeichen S 14 Kn 5094/94.U) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Mai 1996 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Klägerin ist die Witwe des am … geborenen Herrn … (K.), verstorben am … (Bl. 31 VA).
Dieser arbeitete nach einer Strumpfwirkerlehre und einer Tätigkeit als Angestellter im Strafvollzug und bei der Kasernierten Volkspolizei (Bl. 9, 12 VA) vom 22.11.1954 bis zum 09.05.1957 als Fördermann und Lüttenleger unter Tage im Erzbergbau bei der SDAG Wismut (Bl. 9, 12 f., 75 VA). Anschließend war er bis zum 31.12.1957 beim gleichen Arbeitgeber als Behördenangestellter (Erzprüfer) beschäftigt (Bl. 13 VA; Bl. 128 LSG-Akte). Nach einer erneuten Tätigkeit als Angestellter bei der Deutschen Volkspolizei von 1958 bis 1962 war Herr vom 01.01.1963 bis zum 30.04.1969 erneut bei der Firma Wismut beschäftigt, bis zum 30.09.1965 als Behördenangestellter, dann als Betonarbeiter eingesetzt (Bl. 15 f. VA).
Anschließend wechselte er in eine LPG, wo er bis zum 30.11.1971 zunächst weiterhin die Tätigkeit eines Betonarbeiters, dann die eines Handwerkers und „LPG-Mitglieds” versah. Im Anschluss daran arbeitete er bis zum 27.03.1991 überwiegend als Montierer und Packer/Versandarbeiter, wobei er ab dem 01.01.1991 auf „Kurzarbeit Null” gesetzt war (Bl. 16 ff., 24 VA).
Am 05.04.1991 wurde Herr K. wegen eines perforierten Ulcus ad pylorum (Geschwür am Magenausgang) ins Kreiskrankenhaus (Bergarbeiter-Krankenhaus) Stollberg eingeliefert (Bl. 111 SG-Akte). Zuvor waren der Klägerin an ihm seit etwa sechs Wochen eine Schwellung des Gesichts und des rechten Armes aufgefallen. Im Krankenblatt wurde vermerkt, dass Herr K. seit seinem 25. Lebensjahr 10 bis 20 Zigaretten täglich rauche (Bl. 39 R SG-Akte). Nach einer dort durchgeführten Magenoperation kam es zu einer „oberen Einflussstauung”, weshalb Herr K. wegen des Verdachts auf einen Mediastinaltumor (Tumor im Bereich der Brust zwischen den Lungenflügeln) in die Klinik für Radiologie Chemnitz verlegt wurde. Nach einer dort in der Zeit vom 10.04. bis zum 14.05.1991 vorgenommenen stationären Behandlung einschließlich einer Telekobaltbestrahlung (Bl. 43 SG-Akte) erfolgte die Zurückverlegung ins Kreiskrankenhaus Stollberg, wo Herr K. bis zum 15.06.1991 weiter behandelt und dann auf eigenen Wunsch in die häusliche Pflege entlassen wurde (Bl. 42 SG-Akte). Am 23.06.1991 verstarb er.
In ihrer ärztlichen Meldung über den Verdacht einer Berufskrankheit vom 25.06.1991 meldeten Dr. … und Dipl.-Med. … aus der Inneren Abteilung des Kreiskrankenhauses Stollberg den Verdacht auf ein zentrales Bronchial-Karzinom rechts mit fortschreitender multipler Lungenmetastasierung. Herr K. sei in der Zeit von 1951 bis 1957 als Fördermann und Hauer unter Tage bei der SDAG Wismut (Schacht 7) in Aue der Gefährdung durch Radon ausgesetzt gewesen. Somit werde das Vorliegen eines Schneeberger Lungenkrebses gemäß der Nummer 92 der BK-Liste angenommen (Bl. 2 VA).
Im Autopsiebericht von Dr. habil. … Direktor des Pathologischen Instituts Stollberg, vom 03.09.1991 wurde als Ergebnis der Autopsie festgehalten: Bei der unmittelbar zum Tode führenden Erkrankung habe es sich um eine haemorrhagischnekrotisierte Pankreatitis gehandelt. Diese sei Folge eines metastasierenden Pankreas-Karzinoms. Die feingewebliche Untersuchung des Pankreas-Tumors ergab ein pleomorphes Karzinom mit Metastasierung in die benachbarten Lymphknoten, die Leber und einzelne Lappenabschnitte der Lunge. Für eine Silikose ergab sich kein Anhalt (Bl. 33 ff. VA, Bl. 133 SG-Akte).
Die von der Beklagten in die Ermittlungen eingeschaltete Bergbau-Berufsgenossenschaft Gera legte ein Schreiben des Referents für Strahlenschutz der Firma Wismut … vom 04.11.1991 vor. Dieser teilte mit, Herr K. habe nach Angaben des Zentralarchivs des Bergbaubetriebes 9 in der SDAG Wismut von November 1954 bis Mai 1957 insgesamt zwei Jahre und sieben Monate als Fördermann und Luttenleger unter Tage gearbeitet; die Strahlenbelastung bei dieser Tätigkeit werde mit insgesamt 350 WLM eingeschätzt (Bl. 75 VA).
Die FÄ für Arbeitsmedizin Dr. …, äußerte sich für den Gewerbeärztlichen Dienst des Landesinstituts für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in einer Stellungnahme vom 17.02.1992 dahingehend, nach heutigem Kenntnisstand könnten bei Inhalation und alpha-strahlender Radionukleide – wie sie beim Versicherten für die Tätigkeit im Uranerzbergbau bestanden habe – Krebserkrankungen der Lunge entstehen. Tumorlokalisationen an anderen Organen durch diese Art der Strahleneinwirkung würden hingegen in der medizinischen Literatur nicht beschrieben; dies widerspreche auch den arbeitsmedizinischen Erfahrungen. Somit könne der ursächliche Zusammenhang zwischen der stattgehabten beruflichen Strahlen...