Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Kostenprivilegierung. Klagen naher Angehöriger gegen Heranziehung zu den Kosten der Eingliederungshilfe. keine Gerichtskostenfreiheit. Rechtsanwaltsvergütung. Geschäftsgebühr. Kostenberechnung nach dem Gegenstandswert
Leitsatz (amtlich)
1. Sozialgerichtliche Klagen gegen die Heranziehung zu den Kosten der Eingliederungshilfe, die zugunsten naher Angehörigen erbracht wird, sind nicht gerichtskostenfrei. Das gilt auch dann, wenn der Herangezogene selbst im Bezug von Grundsicherungsleistungen steht (gegen SG Braunschweig vom 4.3.2011 - S 32 SO 208/08).
2. Die Gebühren für die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren entstehen in solchen Fällen nach dem Gegenstandswert und nicht als Betragsrahmengebühren.
Tenor
I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 30. Januar 2015 aufgehoben. Der den Klägern vom Beklagten zu erstattende Betrag wird unter Abänderung des Bescheids vom 2. Dezember 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. August 2014 auf 600,71 € festgesetzt.
II. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt der Beklagte.
III. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 112,81 € festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die nicht miteinander verheirateten Kläger wohnen in A.... und sind Eltern der beiden 2000 geborenen Zwillinge W.... und V.... C..... Beide Kinder sind körperbehindert. Sie besuchen das Förderzentrum in U...., die vom Wohnort der Kläger nächstgelegene Schule für Körperbehinderte. In den Zeiten ihres Schulbesuchs sind die Kinder wegen der großen Entfernung zum Elternhaus (kürzeste Straßenverbindung: 85 Kilometer) stationär in U.... in einer Wohneinrichtung untergebracht. Für sie erbringt der Beklagte gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) Hilfen zur angemessenen Schulbildung im Rahmen der Eingliederungshilfe. Die Kläger beziehen ihrerseits Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Durch zwei getrennt ergangene Bescheide vom 23.09.2013 hatte der Beklagte die Kläger ab dem 01.10.2013 auf unbestimmte Zeit zur Tragung von Beiträgen für die Kosten des in der Häuslichkeit ersparten Lebensunterhalts im Zusammenhang mit der stationären Unterbringung ihrer Kinder herangezogen. Den Kostenbeitrag hatte er dabei auf § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII gestützt und auf monatlich 56,00 € je Kind festgesetzt. Dagegen hatten die Kläger durch ihren späteren Prozessbevollmächtigten - einen Rechtsanwalt - Widerspruch mit der Begründung eingelegt, dass zugunsten der Kinder keine grundsicherungsrechtlichen Regelleistungen gewährt würden. Vielmehr werde bei ihnen lediglich ein freier Regelsatz gebildet, wobei anschließend für diejenigen Tage, an denen sie außerhäuslich untergebracht seien, wieder Abzüge von der Regelleistung vorgenommen würden, so dass sich bei ihnen - den Klägern - keine häusliche Ersparnis ergebe. Aufgrund dieser Widersprüche hatte der Beklagte sodann unter dem 07.11.2013 Abhilfebescheide erlassen und die angefochtenen Bescheide vom 23.09.2013 rückwirkend in vollem Umfang zurückgenommen. Dabei hatte der Beklagte zugleich jeweils verfügt, dass die Kosten des Widerspruchsverfahrens von ihm getragen würden und dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren notwendig gewesen sei.
Unter dem 11.11.2013, eingegangen am 13.11.2013, beantragten die Kläger beim Beklagten die Festsetzung der ihnen zu erstattenden Rechtsverfolgungskosten. Dabei gingen sie davon aus, dass für das gegen beide Kostenbeitragsbescheide einheitlich geführte Widerspruchsverfahren ein Gegenstandswert zu bilden sei, weil ein von ihnen angestrengtes Klageverfahren gegen die Bescheide vom 23.09.2013 nicht gerichtskostenfrei gewesen wäre. Unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts in Höhe des dreifachen Jahresbetrags der streitigen wiederkehrenden Kostenbeiträge und damit von 4.032,00 € errechneten sie bei Ansatz einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr von 393,90 € sowie einer 0,3-fachen Erhöhungsgebühr für zwei Auftraggeber von 90,90 € und einer Post- und Telefonpauschale von 20,00 € einen Nettobetrag von 504,80 €, den sie unter Einschluss von 19 % Umsatzsteuer mit einem Bruttobetrag von 600,71 € beim Beklagten geltend machten.
Demgegenüber stellte sich der Beklagte auf den Standpunkt, dass die Kläger zu dem in § 183 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) genannten, kostenprivilegierten Personenkreis gehörten, so dass für die Inanspruchnahme ihres Prozessbevollmächtigten lediglich Betragsrahmengebühren entstanden seien und eine Kostenberechnung nach dem Gegenstandswert nicht möglich sei. Er erließ daher unter dem 02.12.2013 einen Kostenerstattungsbescheid, durch den er die den Klägern zu erstattenden Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren gegen die Bescheide vom 23.09.2013 auf 487,90 € festsetzte. Dabei ging der Beklagte vom Ansatz einer Geschäftsgebühr in Höhe der Regelgebühr von 300,00 €, einer 0,3-fachen E...