Rz. 40
Für das Fallmanagement gilt grundsätzlich, dass aktive Leistungen unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Vorrang vor passiven Leistungen haben, die unmittelbare Integration in den Arbeitsmarkt Priorität vor anderen integrativen Leistungen hat und eine angemessene Beteiligung und Eigenaktivität des Betroffenen eingefordert werden muss. Die Risikofaktoren, bei deren Eintritt die Eingliederung in Arbeit zu scheitern droht, sind vielfältig. Alter, Qualifikation, Gesundheit und Mobilität sind personenbezogene Faktoren, die insbesondere zur Langzeitarbeitslosigkeit führen. Dies ist um so mehr zu befürchten, je ungünstiger sich die regionale Lage auf dem Arbeits- und Ausbildungsstellenmarkt darstellt. Fachkräftemangel widerspricht dem nicht, weil er sich nur auf einzelne, wenn auch der Anzahl nach zunehmende Segmente des Arbeitsmarktes bezieht und die Betroffenen meist nicht über eine entsprechende aktuelle berufliche Qualifikation verfügen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dem SGB II scheitern im Erwerbsleben oder bei Eingliederungsversuchen häufig auch daran, dass sie nur ungenügende oder gar keine Eigenaktivitäten entwickeln, unrealistische Vorstellungen von ihrem Berufsleben haben, Resignation aus Misserfolgen erwachsen ist. Vermittlungsstrategien müssen deshalb längerfristiger ausgelegt sein. Es bedarf meist zunächst der Stabilisierung des persönlichen und sozialen Umfeldes, des Gewinns an sozialen und berufsfachlichen Kompetenzen, des Aufbaus einer realistischen, aber positiven Erwartungshaltung und der Vermeidung einer weiteren Stigmatisierung. Häufig bedarf es zudem des Erlernens von Grundkompetenzen (vgl. auch § 81 Abs. 3a).
Rz. 40a
Wenig erfolgversprechend für eine erfolgreiche Integration in das Erwerbsleben sind Brüche in den Biografien der betroffenen Menschen, sozial nicht stabile Beziehungen, verschiedene zusammentreffende Vermittlungshemmnisse, die durch den Arbeitsmarkt oder die Person bedingt sind, sowie sog. fatalistische Lebenseinstellungen nach langer Arbeitslosigkeit, wenn diese Brüche nicht in die Bemühungen um eine Erwerbsintegration einbezogen werden. Arbeit ist zwar grundsätzlich so angelegt, dass sie mit den Biografien der Arbeitnehmer korrespondieren. Fallmanagement wird aber immer dann erforderlich, wenn Menschen geregelte Arbeit nicht ohne weitere Anstrengungen aufnehmen oder fortsetzen können, weil diese aus dem Lebensprozess verschwunden ist.
Eine erfolgreiche Integration in eine Erwerbstätigkeit ist umso wahrscheinlicher, je besser sich die gesundheitliche Leistungsfähigkeit des Leistungsberechtigten darstellt. Eine berufliche Wiedereingliederung ist für gesundheitlich eingeschränkte Leistungsberechtigte meist erheblich schwieriger. Zugleich stellt sich andauernde Arbeitslosigkeit auch als Risiko für die gesundheitliche Leistungsfähigkeit dar. Die Fachkräfte des Jobcenters sollen die Leistungsberechtigten deshalb dabei unterstützen, ihre Leistungs- und Beschäftigungsfähigkeit aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen und die Dienstleistungen und Prozesse darauf ausrichten. Das stellt zugleich einen Beitrag dafür dar, Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden.
Der wirtschaftliche Einsatz von Fallmanagement orientiert sich an der Komplexität des Einzelfalls und damit korrespondierender Erfahrungen und Kenntnisse des Fallmanagers, seiner spezifischen Methoden und Instrumente und die Kontakte zu Netzwerkpartnern.
Die Bundesagentur für Arbeit und die gesetzliche Krankenversicherung wirken aufgrund einer Empfehlungsvereinbarung bei diesem Thema zusammen. Seit dem 25.7.2015 besteht aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (PrävG) ein gesetzlicher Auftrag zur Zusammenarbeit der gesetzlichen Krankenkassen mit der Bundesagentur für Arbeit und den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Bezug auf die Gesundheitsförderung arbeitsloser Menschen in ihrer Lebenswelt. Durch die systematische Verzahnung von Arbeits- und Gesundheitsförderung sollen mehr Leistungsberechtigte mit Präventions- und Gesundheitsförderangeboten unmittelbar erreicht werden. Das Beratungsangebot umfasst Wissensvermittlung über Ursachen und Wirkungszusammenhänge zwischen Arbeitslosigkeit und Gesundheit sowie Einflussfaktoren auf die individuelle gesundheitliche Lage. Damit soll z. B. die Veränderungsbereitschaft zu einem gesundheitsbewussterem Lebensstil gefördert und zur Nutzung von Präventions- und Gesundheitsförderangeboten der gesetzlichen Krankenkassen und anderer Dritter (z. B. lokale Sportvereine) motiviert werden. Die Grenze der Förderung wird erreicht, wenn nicht mehr die Gewinnung von Beschäftigungsfähigkeit erreicht werden kann, weil erhebliche Zweifel an der Erwerbsfähigkeit des Antragstellers bestehen. Dann ist das Jobcenter gehalten, über eigene Gutachten hinaus eine Entscheidung des Rentenversicherungsträgers herbeizuführen.
Rz. 41
Das Fallmanagement ist an das amerikanische Case Management angelehnt. Es wird dort als ein kooperativer P...