Rz. 47i
Die Beratung der Arbeitsuchenden beruht auf einem fachwissenschaftlich begründetem, organisationsinternem fachlichen Konzept der Bundesagentur für Arbeit, in dem Merkmale und Methoden professioneller Beratung durch die Agenturen für Arbeit im Rechtskreis der Arbeitsförderung und die gemeinsamen Einrichtungen im Rechtskreis der Grundsicherung für Arbeitsuchende beschrieben sind. Den Rahmen bildet der gesetzliche Auftrag im SGB III und im SGB II sowie die in der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Bezug auf die Organisation der Leistungserbringung angelegten Besonderheiten. Die Bundesagentur für Arbeit entwickelt aktuell die Lebensbegleitende Berufsberatung, die das Beratungsangebot anhand des Angebotes für Schüler und Studenten (Beratungsort Schule) sowie Arbeitnehmer (Berufswegplanung), Arbeitsuchende und Arbeitslose, einer Qualifizierung der Beratungsfachkräfte im Hinblick auf Beratungskompetenz, Berufskunde, Arbeitsmarkt-Know-how u. a. sowie online-Informations- und Selbsterkundungsangeboten weiterentwickelt. Die lebensbegleitende Berufsberatung hat zum Ziel, die Menschen bei der Bewältigung der Herausforderungen des Arbeitsmarktes zu unterstützen. Diese werden in den nächsten Jahren insbesondere vom demografischen Wandel, dem strukturellen Wandel und der Digitalisierung, der Flexibilisierung und Individualisierung sowie ungleichen Teilhabechancen am Arbeitsmarkt geprägt. Das Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland geht zurück, die Bedeutung älterer Arbeitnehmer für den Arbeitsmarkt nimmt zu. Die Berufsbilder verändern sich aufgrund der Digitalisierung grundlegend und für die Hälfte der Bevölkerung Grund für Veränderungen am Arbeitsplatz.
Die Anforderungen an Arbeitnehmer steigen, weil einfache Tätigkeiten nur noch maschinell verrichtet werden. Ein zunehmender Anteil der Arbeitnehmer wird vom Ort seiner Wahl aus arbeiten können, Erfüllung im Beruf, online-Angebote und flexible Verfügbarkeit von Anbietern bestimmen den Markt. Qualifizierung und Weiterbildung bleiben die Schlüssel für die Verbesserung von Teilhabechancen am Arbeitsmarkt. Ein längeres Erwerbsleben mit mehr Arbeitsplatzwechseln und beruflichen Veränderungen einschließlich der erforderlichen Qualifizierung hierfür prägen die Folgen für die Arbeitnehmer. Unterstützung sollen hochwertige online- und Präsenzangebote der beruflichen Orientierung und Beratung über das gesamte Erwerbsleben geben. Die lebensbegleitende Beratung orientiert sich dabei an Zielgruppen und an Weichenstellungen für die Menschen: Schule – Ausbildung/Studium – Arbeitsmarkt – ggf. Wiedereingliederung/Neuorientierung. Bei übergreifender Betrachtung trägt die Beratung damit dazu bei, den Übergang von der Schule zum Beruf besser zu überbrücken, den Bestand an Langzeitarbeitslosen weiter zu reduzieren und den Fachkräftebedarf in Deutschland zu befriedigen. Von besonderer Bedeutung sind schon bisher ein gemeinsames Beratungsverständnis und verbindliche Bezugspunkte für fachliche Führung und weitere Elemente der Qualitätssicherung. Eine spezielle Konzeption (BeKo SGB II) dient als Basis für die Qualifizierung aller Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte. Beratung wird als eigenständige Dienstleistung wie auch als zentraler Bestandteil von Integrationsprozessen verstanden. Dies findet sich in den Beratungsformaten "Orientierungs- und Entscheidungsberatung" sowie der "integrationsbegleitenden Beratung" wider. Die Fachkräfte der gemeinsamen Einrichtungen (persönliche Ansprechpartner nach § 14, Fallmanager u. a.) nach § 44b verfügen über das Handwerkszeug für professionelle Vermittlungsarbeit als auch für Beratung, die unabhängig von unmittelbaren Vermittlungsprozessen durchgeführt werden muss. Eckpunkte eines gemeinsamen Beratungsverständnisses sind 6 Handlungsprinzipien:
- Ernstnehmen des Kunden und bestmögliche Unterstützung,
- Kunden (erwerbsfähige Leistungsberechtigte) als aktive und Eigenverantwortung tragende Partner akzeptieren (Kommunikation auf Augenhöhe),
- Ressourcen des Kunden im Blick haben,
- Transparenz im Vorgehen,
- Ergebnisorientierung und
- Verbindlichkeit.
Diese Handlungsprinzipien gelten gleichermaßen für die Integrationsarbeit wie auch für die Beratung in leistungsrechtlichen Angelegenheiten. Die Beratung ist seit dem 1.8.2016 unmittelbar im SGB II als eigenständige Aufgabe definiert worden (vgl. § 1 Abs. 3 und § 14 Abs. 2). Zudem ist zwischenzeitlich unbestritten, dass der leistungsrechtlichen Beratung ein erhebliches Gewicht auch bei der Integrationsarbeit zukommt, weil deren Erfolg häufig von geregelten und zuerkannten leistungsrechtlichen Ansprüchen abhängig ist. Das Projekt der Lebensbegleitenden Berufsberatung wurde bis März 2018 in 3 Standorten pilotiert. Die Neutralität der Bundesagentur für Arbeit ist dabei wichtiger Faktor in Zeiten des voranschreitenden Fachkräftemangels, auch nach Neuregelungen durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Es zeigt sich aber auch, dass branchenübergreifendes Fachwissen und die Einbindung in lokale Netzwerke ebenso unverzichtbare Be...