Rz. 2
Aus § 1 Abs. 1 und 2 geht die staatliche Unterstützung zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der Stärkung des Leitungsberechtigten zur Führung eines Lebens frei von steuerfinanzierten staatlichen Leistungen ebenso wie die individuelle Pflicht hervor, mangels der Grundsicherungsleistungen als bedingungsloses Grundeinkommen als Gegenleistung alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit zu nutzen. Die Vorschrift definiert die Zumutbarkeit von Arbeit und der Teilnahme an Eingliederungsmaßnahmen für die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus dem Berechtigtenkreis des SGB II und grenzt damit überwiegend für konkrete Lebenssachverhalte Rechte und Pflichten in Bezug auf die Beseitigung der Hilfebedürftigkeit ab. Sie konkretisiert die Grundsätze des Forderns hinsichtlich der Zumutbarkeit von Erwerbstätigkeiten und Maßnahmen. Die Anforderungen an den Erwerbsfähigen sind schärfer als diejenigen an die Arbeitslosen im Versicherungssystem des Dritten Buches (Arbeitsförderung, vgl. § 140 SGB III). Grundsätzlich ist dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten jede Erwerbstätigkeit zumutbar, weil er verpflichtet ist, die Belastung der Allgemeinheit durch seine Hilfebedürftigkeit zu minimieren. Andererseits erfordert eine (nachhaltige) Eingliederung in Erwerbstätigkeit, wie sie seit der Bürgergeld-Gesetzgebung auch in den Grundsätzen des § 3 gefordert wird (vgl. z. B. § 3 Abs. 1 Satz 3), eine passgenaue Vermittlung, ggf. zuvor maßgeschneiderter Leistungen zur Eingliederung in Arbeit. Die Aufnahme zumutbarer Arbeit wird allgemein als rechtliche Obliegenheit des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten angesehen, Eingliederungsleistungen müssen aber auch auf die Aufnahme zumutbarer Erwerbstätigkeit zugeschnitten werden und damit selbst zumutbar sein. Daher ist die Vorschrift nicht nur individuell zur Abgrenzung der Obliegenheiten des Leistungsberechtigten notwendig und bedeutsam, sondern auch für das Verwaltungshandeln der Jobcenter; ihr kommt aus diesen Erwägungen heraus eine zentrale Rolle zu.
Rz. 2a
Abs. 1 enthält den Grundsatz, dass erwerbsfähigen Leistungsberechtigten jede Arbeit zumutbar ist, darüber hinaus eine abschließende Aufzählung von Hinderungsgründen, die der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit entgegenstehen, mit Auffangtatbestand. Ziel der Vorschrift ist vor allem, wenig sinnvolle Aktionen, die letztlich nicht zu einer nachhaltigen Erwerbstätigkeit führen würden, sondern sich nur aus dem Grundsatz des Forderns schlechthin ableiten lassen, im Ansatz zu verhindern. Zur Arbeit i. S. v. Abs. 1 gehören keine Tätigkeiten ohne Entgelt, z. B. ehrenamtliche Tätigkeiten oder nicht vergütete Praktika, deren Ausübung trägt nicht zur Verminderung der Hilfebedürftigkeit bei.
Abs. 1 Nr. 1 entbindet den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen von Erwerbstätigkeiten, zu denen er objektiv nicht fähig ist. Damit wird den physischen und psychischen Möglichkeiten des Arbeitsuchenden Rechnung getragen.
Abs. 1 Nr. 2 verschont von Verlangen nach Erwerbstätigkeiten, die zukünftige Arbeit im bisherigen Beruf mit besonderen körperlichen Anforderungen wesentlich erschweren würde. Damit wird in vernünftiger Weise berücksichtigt, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende nur auf Zeit bis zur Aufnahme einer neuen Erwerbstätigkeit angelegt ist. Hierbei kann seit der Bürgergeld-Gesetzgebung aufgrund der Motive für neu eingeführte Karenzzeiten durchaus von einem Zeitraum ausgegangen werden, der ca. 2 Jahre umfasst und in dem eine berufliche Eingliederung als wahrscheinlich angesehen werden kann. Dem Arbeitsuchenden soll nicht der Weg zur früheren beruflichen Tätigkeit, für die er auch besondere Fähigkeiten mitbringt, versperrt werden.
Abs. 1 Nr. 3 berechtigt zur Ablehnung von Arbeit, durch die die Erziehung eines eigenen Kindes des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten oder seines Partners gefährdet würde. Damit berücksichtigt der Gesetzgeber die sich aus Art. 6 GG ergebenden Grundsätze zum Schutz von Kindern und Familien.
Abs. 1 Nr. 4 gewährleistet bei fehlenden Ausweichmöglichkeiten die Vereinbarkeit von Pflege eines Angehörigen mit einer Erwerbstätigkeit. Das SGB II folgt insoweit dem politischen Ansatz des Vorranges von Pflege außerhalb von Einrichtungen.
Abs. 1 Nr. 5 fasst als Auffangtatbestand alle sonstigen wichtigen Gründe zusammen. Der Gesetzgeber will ihn restriktiv angewandt wissen. Der einer Aufnahme einer Erwerbstätigkeit entgegenstehende individuelle Grund des Erwerbsfähigen müsse im Verhältnis zu den Interessen der Allgemeinheit, die die Leistungen an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aus Steuermitteln erbringe, besonderes Gewicht haben. Grundsätzlich müssten die persönlichen Interessen zurücktreten. Insofern ist eine schlichte Übertragung der Zumutbarkeit nach dem Recht der Arbeitsförderung auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht möglich.
Für Aufstocker zu einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis gilt eine Beschränkung zusätzlich geforderter Erwerbsbemühu...