Rz. 48

Einkünfte, die nicht in Geld bestehen, sind danach zu bewerten, ob sie gegen Geld eingetauscht oder gegen Geld veräußert werden können. In diesen Fällen liegen Einkünfte in Geldeswert vor, die für den Lebensunterhalt nutzbar gemacht werden können. Geldwerte Einnahmen außerhalb von Erwerbstätigkeiten sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen; der Bezug von Lebensmitteln über die Tafel wird i. d. R. als Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege betrachtet (§ 11a Abs. 4, vgl. BT-Drs. 19/10535).

 

Rz. 49

Die Änderungen in Abs. 1 Satz 1, 2 (und 6) durch das 9. SGB II-ÄndG haben nicht nur zum Ziel der Rechtsvereinfachung beigetragen, sondern entwickelten auch das Grundsicherungsrecht praxisnah weiter. Einnahmen in Geldeswert sind durch die Änderung des Abs. 1 Satz 1 seit dem 1.8.2016 grundsätzlich nicht mehr als Einkommen zu berücksichtigen. So ist etwa ein Fahrzeug, das der Vater des Leistungsberechtigten während dessen Bezuges von Bürgergeld dem Sohn überschreibt (vgl. dazu LSG Sachsen, Urteil v. 9.11.2016, L 7 AS 634/12), als geldwerte Leistung nicht mehr als Einkommen zu berücksichtigen. Bereits nach dem früheren Recht ergab sich der Gesetzesbegründung zufolge vielfach für Sachbezüge, die regelbedarfsrelevant sind, nach aufwendiger Prüfung keine Berücksichtigung von Einnahmen in Geldeswert als Einkommen. Denn solche Einnahmen waren nach § 2 Abs. 6 Satz 2 Bürgergeld-V a. F. nicht mit ihrem Verkehrswert, sondern höchstens mit dem Betrag anzusetzen, der für diesen Teil in dem maßgebenden Regelbedarf enthalten ist. Der sich ergebende Betrag blieb demnach i. d. R. unterhalb der Bagatellgrenze. Die Jobcenter werden durch die Neuregelung von der Prüfung entlastet, mit welchem Wert die in dem Regelbedarf enthaltene Einnahme in Geldeswert anzusetzen ist. Die Prüfung war nach der Gesetzesbegründung außerdem aus systematischen Gründen widersprüchlich, weil der Regelbedarf als pauschalierte Geldleistung grundsätzlich nicht in seine Bestandteile aufgeschlüsselt werden kann. Jedenfalls lassen sich einzelne Positionen spätestens ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Fortschreibung nicht mehr zuverlässig bedarfsgerecht exakt in Euro und Cent bestimmen.

 

Rz. 50

Zudem bleiben seit dem 1.8.2016 auch Einnahmen in Geldeswert, die nicht regelbedarfsrelevant sind, als Einkommen unberücksichtigt. Solche Einnahmen konnten schon nach dem bis zum 31.7.2016 maßgebenden Recht nur dann berücksichtigt werden, wenn sie als bereite Mittel tatsächlich und aktuell im Bedarfsmonat für den Lebensunterhalt eingesetzt werden konnten. Bei Einnahmen in Geldeswert war und ist dies häufig nicht sichergestellt, denn sie müssen zunächst veräußert werden, damit sie für den Lebensunterhalt eingesetzt werden können. Zudem ist die Berücksichtigung von Sachwerten als Einkommen nach der Gesetzesbegründung unbillig, wenn der gleiche Gegenstand, wäre er bereits bei Antragstellung vorhanden gewesen, nicht als Vermögen zu berücksichtigen gewesen wäre. Einschränkungen der grundsätzlichen Freistellung geldwerter Leistungen von der Berücksichtigung als Einkommen enthält Abs. 1 Satz 2. Folge der Freistellung ist, dass geldwerte Einnahmen ab dem Ersten des Monats, der auf den Monat des Zuflusses folgt, dem Vermögen der betroffenen Leistungsberechtigten zuzuordnen ist. Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass insoweit eine Prüfung durch das Jobcenter erforderlich wird, ob das neu erworbene Vermögen als solches zu berücksichtigen ist. In vielen Fällen wird es sich dabei demnach um Vermögen handeln, das nicht zu berücksichtigen ist. Die Gesetzesbegründung nennt beispielhaft angemessenen Hausrat (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1) und die Erbschaft einer bereits zum Zeitpunkt der Erbschaft selbst bewohnten Immobilie (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5, vgl. aber auch ab 1.7.2023 § 11a Abs. 1 Nr. 7).

 

Rz. 51

Ist das neu erworbene Vermögen hingegen zu berücksichtigen, etwa weil die geerbte Immobilie nicht selbst bewohnt wird, ist diese nach den allgemeinen Regeln des § 12 Abs. 5 mit ihrem Verkehrswert als Vermögen zu berücksichtigen. So hätte es auch in Bezug auf den durch das LSG Sachsen entschiedenen Sachverhalt aus der Zeit vor dem 1.8.2016 aufgrund des neuen Kfz mit Sonderausstattung zum Preis von knapp 20.000,00 EUR zu geschehen (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 ist ersichtlich nicht anzuwenden). Nach § 12 Abs. 5 Satz 2 gilt dabei für die Bewertung in laufenden Leistungsfällen der Zeitpunkt des Erwerbs. Schließlich weist die Gesetzesbegründung darauf hin, dass im Falle der Unmöglichkeit einer sofortigen Verwertung des zu berücksichtigenden Vermögens (bzw. bei Vorliegen einer besonderen Härte) Leistungen nach § 24 Abs. 5 zu erbringen sind.

 

Rz. 52

Eine Erbschaft als Sachleistung ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen, sondern ab dem Kalendermonat nach dem Zufluss nach Maßgabe des § 12 als Vermögen. Erbschaften werden seit dem 1.7.2023 generell nicht mehr als Einkommen berücksichtigt (§ 11a Abs. 1 Nr. 7).

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