Rz. 2
Die Vorschrift regelt den Umfang der Berücksichtigung von Vermögen. Sie stellt klar, dass verwertbares Vermögen grundsätzlich zur Bestreitung des Lebensunterhaltes einzusetzen ist, bevor die Leistungen nach dem SGB II in Anspruch genommen werden können. Maßgebend sind die vorhandenen aktiven Vermögenswerte, nicht die Bilanz aus aktiven und passiven Vermögenswerten (BSG, Urteil v. 11.12.2012, B 4 AS 29/12 R). Vermögen kann wiederholt zu berücksichtigen sein. Bei verschwiegenem Vermögen besteht im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende keine Rechtsgrundlage dafür, die Aufhebung der Leistungsbewilligung und die Forderung der Erstattung erbrachter Leistungen auf den Umfang zu beschränken, der sich bei rechtmäßiger Anzeige des vorhandenen Vermögens als maximal zu verbrauchendes Vermögen errechnet hätte. Es ist kein fiktiver Vermögensverbrauch zu berücksichtigen. Bei der Unterscheidung, ob es sich bei einem Zufluss um Einkommen oder Vermögen handelt, ist auf den Tag abzustellen, eine kleinere Einheit, etwa eine Stunde, kennt das Gesetz nicht.
Rz. 2a
Im Zuge der gesetzgeberischen Aktivitäten zur Milderung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie war die Prüfung, ob Vermögen bei der Grundsicherungsleistungen begehrenden Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen ist, vorübergehend nach Maßgabe des § 67 Abs. 2 ausgesetzt worden. Die Regelung ist mehrfach verlängert worden, zuletzt für Bewilligungszeiträume, die bis zum 31.12.2022 begonnen haben, ihre Anwendung durch Verwaltungsvorschrift ist untergesetzlich im Verlauf der Zeit weiterentwickelt worden. Eine (teilweise) Verstetigung ist politisch diskutiert und mit dem 12. SGB II-ÄndG umgesetzt worden. Insbesondere wurde eine Karenzzeit von 1 Jahr eingeführt, während der nur erhebliches Vermögen zu berücksichtigen ist.
Rz. 2b
Nach der allgemeinen Gesetzesbegründung zur Neufassung des § 12 ab 1.1.2023 wurden die Regelungen zur Berücksichtigung von Vermögen bei der Bedürftigkeitsprüfung im Zusammenhang mit der Einführung des Bürgergeldes neu gefasst und entbürokratisiert. Eine Karenzzeit von 2 Jahren sollte ursprünglich dazu beitragen, dass sich Bürgergeldberechtigte zunächst keine Sorgen um ihr ggf. Erspartes (und im Zusammenhang mit der gleichlautenden Karenzzeit bei den Bedarfen für Unterkunft und Heizung auch um ihr Zuhause) machen müssen. Hierüber hat es allerdings politische Auseinandersetzungen im Gesetzgebungsverfahren gegeben. Letztlich musste eine Einigung im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat herbeigeführt werden. Dabei hatte die Karenzzeit als solche Bestand, wurde jedoch auf ein Jahr reduziert. Eine Einschränkung nimmt Abs. 6 für den Fall eines kurzfristigen Bedarfes vor. Mit der Einführung der Karenzzeit wird ein bewährtes Element der Sonderregelungen zum erleichterten Zugang zu Leistungen nach dem SGB II während der Corona-Pandemie verstetigt. Mit der Karenzzeit wird insbesondere auch ein Anreiz geschaffen, innerhalb der Karenzzeit den Leistungsbezug durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens wieder zu verlassen. Hierfür verbleibt den Leistungsberechtigten nach der finalen Fassung aus der Bürgergeld-Gesetzgebung lediglich ein Jahr Zeit. Zudem werden demnach Härten abgefedert, die nach Wegfall des Erwerbseinkommens bzw. dem Auslaufen des Anspruches auf Arbeitslosengeld entstehen können, wenn der Lebensunterhalt plötzlich voll durch das vorhandene Vermögen bestritten werden muss. Seit Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat sich gezeigt, dass insbesondere die mit der Bedürftigkeitsprüfung verbundene Prüfung, ob das selbst bewohnte Hausgrundstück oder die selbst bewohnte Immobilie von angemessener Größe ist, zu besonderen Belastungen führt. In der Folge liegt der Fokus bislang auf der Verwertung oder der Sorge um die Verwertung der Immobilie und nicht auf der Umsetzung der Strategie zur Eingliederung in Arbeit. Ist eine Immobilie bislang als Vermögen zu berücksichtigen, ist zudem ein hoher Verwaltungsaufwand die Folge. Leistungen sind in diesem Fall als Darlehen zu erbringen (§ 24 Abs. 5), und häufig sind demzufolge derartige Entscheidungen auch Gegenstand von Rechtsstreiten. Innerhalb der Karenzzeit wird daher das selbst bewohnte Hausgrundstück oder die selbst bewohnten Eigentumswohnung unabhängig von der Größe nicht als Vermögen berücksichtigt und damit auch nicht in die Berechnung des erheblichen Vermögens einbezogen. Im Verhältnis zu anderen Vermögensgegenständen berücksichtigt diese Entscheidung des Gesetzgebers, dass insbesondere Immobilien häufig nicht sofort frei zur Bestreitung des Lebensunterhalts verfügbar sind. Bei einer Überwindung der Hilfebedürftigkeit bestünde sonst die Gefahr, dass die Verwertung der Immobilie bereits eingeleitet ist. Nach Ablauf der Karenzzeit werden die Freibeträge im Vergleich zum bisherigen Recht erhöht und gleichzeitig weitgehend vereinfacht. Die Freistellung bestimmter Vermögensgegenstände wird zudem verbessert und damit gleichzeitig eine deutliche Verwaltungsvereinfac...