Rz. 3
Die Verpflichtung nach Satz 1 betrifft nur Sozialleistungen. Andere Leistungen und Ansprüche werden von § 12a nicht erfasst. Eine Inanspruchnahme setzt voraus, dass der Leistungsberechtigte die Leistung tatsächlich beanspruchen kann. Das ist z. B. auch bei volljährigen Kindern, für die die Eltern das Kindergeld beziehen, nicht der Fall, wenn die Eltern Unterhaltsleistungen oder sonstige dem Kindergeld entsprechende Zahlungen erbringen. Die Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die betroffene Person nicht erwerbsfähig i. S. d. § 8 Abs. 1 ist. Da Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht in einem Nachrangverhältnis zu den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung des Vierten Kapitels des SGB XII stehen, ist die Vorschrift nicht anwendbar (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 2.2.2021, L 3 AS 1/20).
Rz. 4
§ 12a deckt schon im Grundsatz keine Verpflichtung, Wohngeld in Anspruch zu nehmen, wenn dieses zusammen mit dem Einkommen nicht zur vollständigen Deckung des Bedarfs ausreicht, also ein Restleistungsanspruch nach dem SGB II verbliebe, auf den jedoch durch Ausübung des Wahlrechts nach § 1 Abs. 5 WoGG im Ergebnis verzichtet würde.
Rz. 4a
Eine Verpflichtung, Wohngeld in Anspruch zu nehmen, besteht demnach grundsätzlich dann, wenn durch Einkommen und Wohngeld der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft insgesamt gedeckt werden kann. In diesen Fällen besteht kein Wahlrecht. In sog. Mischhaushalten entfällt dieses Wahlrecht ebenfalls. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn die Hilfebedürftigkeit von Kindern in der Bedarfsgemeinschaft durch die Inanspruchnahme von Wohngeld beseitigt werden kann. Die Eltern sind schon nach § 5 Abs. 1 verpflichtet, den Antrag für die Kinder zu stellen. Die Kinder scheiden nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 aus der Bedarfsgemeinschaft aus, weil sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts aus eigenem Einkommen beschaffen können. Die Grundsicherungsstellen lehnen Anträge auf Bürgergeld ab bzw. heben die Entscheidung über die Bewilligung des Bürgergeldes auf und schaffen damit die Voraussetzungen für den Zugang zum Wohngeld (vgl. dazu die Ausschlussregelung in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WoGG). Seit dem 1.4.2011 enthält Satz 2 Nr. 2 dazu jedoch eine einschränkende Regelung. Auf Leistungen nach dem SGB II darf ohne Rücksicht auf § 46 Abs. 2 SGB I verzichtet werden (§ 8 Abs. 2 WoGG).
Rz. 4b
Hilfebedürftige Kinder, die volljährig sind und nicht im Haushalt der Eltern leben, sind nach § 12a Satz 1 verpflichtet, einen Antrag auf Auszahlung des Kindergeldes an sie selbst zu stellen, falls die Eltern das Kindergeld beziehen. Ersatzweise reicht es aus, wenn die Eltern das Kindergeld zeitnah, also im Zahlmonat, an das leistungsberechtigte Kind weiterleiten. Die Verpflichtung greift allerdings nicht ein, wenn die Eltern Unterhaltsleistungen oder sonstige Zahlungen im Umfang des Kindergeldes an die Kinder erbringen.
Rz. 4c
Der Elternteil eines berechtigten Kindes auf Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz i. d. F. der Neuregelung in 2017 ist zur Inanspruchnahme nach § 12a verpflichtet, wenn das Kind noch minderjährig ist, bei einem Elternteil lebt, der ledig, vom Ehegatten dauernd getrennt lebend, geschieden oder verwitwet ist sowie von dem anderen Elternteil nicht oder nur unregelmäßig oder in unrichtiger Höhe Unterhalt erhält (vgl. VG Darmstadt, Urteil v. 23.3.2012, 5 K 1139/10.DA). Eine Klage, die darauf gerichtet ist, Unterhaltsleistungen nur für Zeiträume zu erhalten, für die keine Anrechnung auf die Leistung nach dem SGB II erfolgt, ist rechtsmissbräuchlich, wenn sie dazu dient, andere zu schädigen oder sich selbst rechtswidrige Vorteile zu verschaffen. Die Unterhaltsleistung wird nach der Neuregelung in 2017 unbegrenzt gezahlt. Sie ist regelmäßig beim Jugendamt oder bei der Unterhaltsvorschussstelle oder -kasse zu beantragen. Ein Anspruch auf die Leistung kann auch bestehen, wenn der an sich nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte für voraussichtlich mindestens 6 Monate in einer JVA untergebracht ist.
Rz. 5
Eine Verpflichtung nach § 12a Satz 1 besteht grundsätzlich auch hinsichtlich des Kinderzuschlags nach § 6a BKGG. Dasselbe gilt für eine Kombination der Inanspruchnahme von Kinderzuschlag und Wohngeld. Eine einschränkende Regelung hierzu enthält Satz 2 Nr. 2. In diesem Zusammenhang hat das BSG entschieden, dass es keiner Anrechnungsfreiheit des Elterngeldes bedarf, um das menschenwürdige Existenzminimum zu sichern (BSG, Urteil v. 26.7.2016, B 4 KG 2/14 R).
Rz. 5a
Eine weitere besondere Fallkonstellation liegt vor, wenn durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nur insoweit nicht beseitigt wird, als noch Leistungen für Mehrbedarfe nach § 21 zu erbringen sind. In diesen Fällen steht den Hilfebedürftigen ein Wahlrecht zugunsten des Kinderzuschlags zu. Die volljährigen Hilfebedürftigen können auf das Alg II verzichten und den Kinderzuschlag ab dem Monat in Anspruch nehmen, der dem Monat folgt, in dem alle Anspruchsvoraussetzungen für den Kinderzuschla...