Rz. 22
Satz 2 Nr. 2 stellt den Leistungsberechtigten frei, Wohngeld, Kinderzuschlag oder beide Leistungen zu beantragen, wenn sie gleichwohl hilfebedürftig bleiben oder Hilfebedürftigkeit nur für einen Zeitraum von weniger als 3 Monaten beseitigt wird. Umgekehrt dürfen die Jobcenter auf Wohngeld und Kinderzuschlag als vorrangige Leistungen nur verweisen, wenn durch die Inanspruchnahme einer oder beider Leistungen Hilfebedürftigkeit für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens 3 Monaten beseitigt wird. Eine Zusammenrechnung einzelner Monate wäre dann nicht gestattet, weil dann kein zusammenhängender Zeitraum mehr vorliegt. Bei der Berechnung, ob durch Kinderzuschlag und ggf. Wohngeld Hilfebedürftigkeit beseitigt werden kann, sind auch freiwillige Beiträge zu berücksichtigen, die von Leistungsberechtigten nach Beendigung des Bezuges von Bürgergeld zur Kranken- und Pflegeversicherung aufgewendet werden müssen. Werden diese Beiträge nicht durch den Kinderzuschlag und ggf. ergänzendes Wohngeld abgedeckt, darf nicht auf Kinderzuschlag und Wohngeld verwiesen werden. Ebenso ist bei der Prüfung, ob durch Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit vermieden wird, Elterngeld als Einkommen zu berücksichtigen.
Rz. 23
Satz 2 Nr. 2 betrifft die gesamte Bedarfsgemeinschaft. Keines ihrer Mitglieder darf innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von mindestens 3 Monaten hilfebedürftig sein. Hierüber ist eine Prognose anzustellen, die eine solche Regelung nahelegen würde. Das bedeutet aber wegen der Konsequenzen in leistungsrechtlicher Hinsicht und der dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und den mit ihm in Bedarfsgemeinschaft wohnenden Personen auferlegten Mühen für Antragstellungen auf Wohngeld und Kinderzuschlag, dass die verantwortlichen Stellen nach dem SGB II schon differenzierte Berechnungen anstellen müssten, aus denen zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Wegfall der Hilfebedürftigkeit von mindestens 3 Monaten einhergeht, bevor die Bedarfsgemeinschaft aufgefordert wird, entsprechende Anträge zu stellen. Bei den Einkommensgrenzen für den Kinderzuschlag ist zudem gesondert zu prüfen, ob ausnahmsweise nicht bereite Mittel unberücksichtigt zu bleiben haben (BSG, Urteil v. 10.5.2011, B 4 KG 1/10 R). Die Vorschrift ist wohl so zu verstehen, dass nur in Einzelfällen aufgrund deren Besonderheiten sich einmal ergeben darf, dass Hilfebedürftigkeit nicht für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens 3 Monaten entfällt. Zu berücksichtigen ist stets, dass für einen Ausschluss vom Bezug von Wohngeld (§ 7 WoGG) unerheblich sein soll, ob der Bescheid über die Leistungen nach dem SGB II rechtmäßig ist (OVG Lüneburg, Beschluss v. 29.7.2010, 4 LA 59/09).
Rz. 24
Von der Prognose der Grundsicherungsstelle werden nicht die Sachverhalte erfasst, in denen sich eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Verlauf der Frist von 3 Monaten ergibt, die nicht bereits bei der Stellung der Prognose bekannt war. Aus den den Jobcentern auferlegten Prüfpflichten ergibt sich, dass von einem Bürokratieabbau nur begrenzt die Rede sein kann. Zwar entfallen eine Reihe von Anträgen auf Wohngeld und Kinderzuschlag, die Prüfungen durch die Jobcenter sind jedoch in jedem Einzelfall anzustellen und betreffen eben auch Fälle, in denen es zu der Antragstellung auf die anderen Leistungen kommt. Daneben werden den Jobcentern in erheblichem Maße zusätzliche Informations- und Beratungspflichten auferlegt, die die Frist von 3 Monaten betreffen.