Rz. 2
Die Vorschrift regelt die Bestellung von Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt in allen Jobcentern (§ 6d). Diese wurden ursprünglich als Beauftragte für Frauenbelange zum Inkrafttreten in das SGB III in den Rechtskreis der Arbeitsförderung aufgenommen. Hauptsächliches Motiv des Gesetzgebers war die Erkenntnis, dass der Arbeitsverwaltung bei der Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt eine besondere Aufgabe und Verantwortung zukommt und dem durch die Einrichtung von besonders beauftragten Personen in der Bundesagentur für Arbeit besonders Rechnung getragen werden sollte. Die Vorschrift will verschiedenen Zielen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gerecht werden. In der Hauptsache geht es darum, bei der Erbringung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende den Zielen der Gleichstellung von Frauen und Männern, des Abbaus geschlechtsspezifischer Nachteile, der besonderen Frauenförderung und der Berücksichtigung der familienspezifischen Lebensverhältnisse besser als bisher gerecht zu werden. Dazu bestimmt die Vorschrift, bei den gemeinsamen Einrichtungen Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt zu bestellen. Damit werden nach der Gesetzesbegründung zugleich Handlungsempfehlungen umgesetzt, die im Rahmen der Evaluation der Wirkungen der Grundsicherung nach § 55 erfolgten Bewertung der SGB II-Umsetzung aus gleichstellungspolitischer Sicht gegeben worden sind (u. a. verbindliche Vorgabe für eine Gender-Beauftragte in jeder Grundsicherungsstelle, Berücksichtigung gleichstellungspolitischer Aspekte bei den Kennzahlen nach § 48a). Zur Sicherstellung der gleichstellungspolitischen Ziele bei der Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vgl. auch BT-Drs. 17/3793. Darin betont die Bundesregierung die zentrale Bedeutung der gleichberechtigten Teilhabe von Männern und Frauen am Erwerbsleben. Auch der Fachkräftebedarf erfordere eine verstärkte Aktivierung des Erwerbspersonenpotenzials. Die Gleichstellung im SGB II sei i. S. einer Querschnittsaufgabe als durchgängiges Prinzip zu beachten. Alle erwerbsfähigen Hilfebedürftigen seien in den Aktivierungsprozess einzubeziehen.
Rz. 3
Ihre Bestellung auch bei den Jobcentern hat der Gesetzgeber als notwendig angesehen, weil gerade vor Ort vielfältige Aktivitäten zur Frauenförderung erforderlich seien. Die Beauftragten sollen die vielfältigen Aufgaben der Grundsicherung hinsichtlich der Förderung von Frauen bündeln und insbesondere im Hinblick auf die im SGB II genannten Aufgaben der Frauenförderung tätig werden sowie mit sonstigen im Bezirk bzw. des Gebietes der kommunalen Gebietskörperschaft in Fragen der Frauenförderung tätigen Stellen und Organisationen zusammenarbeiten. Die Benennung der Beauftragten – nach dem Vorbild des SGB III – als solche für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt soll nach Auffassung des Gesetzgebers der Zweigleisigkeit des Aufgabenspektrums gerechter werden, zu der i. S. eines Doppelansatzes die Gleichstellung von Frauen und Männern als Querschnittsaufgabe einerseits und spezielle Frauenfördermaßnahmen andererseits gehören. Die Bezeichnung soll zudem Verwechslungen mit der Gleichstellungsbeauftragten vermeiden.
Rz. 4
Die Vorschrift verfolgt wie § 385 SGB III das Ziel, den nach wie vor geschlechtsspezifisch geprägten Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu überwinden und dadurch die berufliche Situation der Frauen schlechthin zu verbessern. Das kann insbesondere durch besondere Berücksichtigung der frauenspezifischen Situation im Zusammenhang mit Kindererziehung und -betreuung und Pflegetätigkeiten bei der Auswahl der Leistungen der aktiven Arbeitsförderung geschehen. Die Vorschrift schafft hierfür im Grundsatz die organisatorischen und personellen Voraussetzungen. Frauen sind ohnehin mindestens entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen und ihrer relativen Betroffenheit durch Arbeitslosigkeit zu fördern. Dies haben jedenfalls die Agenturen für Arbeit durch Ausweis der durchschnittlichen Ausgaben an Fördermitteln zur Berufsrückkehr und der Beteiligung von Frauen an Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung unter Berücksichtigung des Frauenanteils an den Arbeitslosen und ihrer relativen Betroffenheit durch Arbeitslosigkeit sowie über Maßnahmen, die zu einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt beigetragen haben, in der Eingliederungsbilanz zu dokumentieren (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 4 SGB III). Nichts anderes gilt nach § 54. Die Bundesagentur für Arbeit kann im Übrigen auf allen Ebenen geschlechtergetrennte Analysen durchführen, um damit die Steuerung und Zielnachhaltung zu unterstützen.
Rz. 5
Die Vorschrift ist ferner unauflösbar mit der Arbeitsförderung nach dem SGB III verbunden, in ihrer zeitlichen, inhaltlichen und organisatorischen Ausgestaltung die Lebensverhältnisse von Frauen und Männern zu berücksichtigen, die aufsichtsbedürftige Kinder betreuen und erziehen oder pflegebedürftige Angehörige betreuen oder nach diesen Zeiten wieder in die Erwerbstätigkeit zurü...