Rz. 388
Schulden i. S. d. Abs. 8 sind insbesondere Miet- und Energieschulden, soweit sie Leistungen für die Heizung betreffen, schlicht auch die sog. Nebenkosten. Von Schulden zu unterscheiden sind ungedeckte Bedarfe. Für die Abgrenzung ist nicht die zivilrechtliche Einordnung heranzuziehen. Schulden bestehen tatsächlich nicht, wenn die Berechtigung einer vom Leistungsberechtigten vorgenommenen Mietkürzung aufgrund von Wohnungsmängeln im Streit ist. Ebenso bestehen Mietschulden nicht, wenn eine Heizkostennachzahlung noch nicht erfüllt wurde, weil der Vermieter keine Abrechnungsunterlagen vorgelegt hat.
Rz. 388a
Es muss auch mit der Durchsetzung der Kündigung zu rechnen sein, was ggf. unter Verwandten nicht zutrifft, eine erforderliche Mahnung bzw. Kündigungsdrohung muss ergangen sein.
Rz. 388b
Die Wohnung darf nicht aus anderen Gründen (als Verlust aufgrund von Rückständen) aufgegeben werden (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 22.7.2014, L 10 AS 1393/14 B ER).
Rz. 388c
Wurde ein Räumungsurteil gerichtlich für vorläufig vollstreckbar erklärt, kann der Verlust einer Mietwohnung durch eine Übernahme von Mietschulden nicht mehr abgewendet werden, sodass eine Begleichung der Verbindlichkeiten nicht mehr gerechtfertigt ist (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 15.10.2014, L 20 AS 1961/14 B ER). Aus einem Aussetzen der Vollstreckung für die Dauer des Gerichtsverfahrens bei Zahlung der laufenden Miete kann danach nichts anderes geschlossen werden.
Rz. 388d
Die Übernahme von Mietschulden eines Empfängers von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende durch den Grundsicherungsträger kommt nicht mehr in Betracht, wenn der Leistungsempfänger die Wohnung, für welche die Mietschulden entstanden sind, inzwischen wegen eines rechtskräftigen Räumungstitels nicht weiter nutzen kann (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 14.5.2018, L 2 AS 557/18 B ER).
Rz. 388e
Beruft sich der Vermieter auf einen rechtskräftigen Räumungstitel und ist er lediglich bereit, das Mietverhältnis nach vollständigem Ausgleich des Mietrückstandes fortzusetzen und damit die Nutzung der Wohnung zu dulden, nicht jedoch nach Ausgleich des Mietrückstandes einen neuen Mietvertrag mit dem Leistungsberechtigten abzuschließen, so sind die angefallenen Mietschulden vom Grundsicherungsträger nicht zu übernehmen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 5.2.2018, L 19 AS 2382/17). Zweck der Leistung des Jobcenters ist demnach allein die längerfristige Sicherung der Unterkunft, nicht jedoch die Freistellung des Grundsicherungsberechtigten von zivilrechtlichen Forderungen oder um Ansprüche des Vermieters zu sichern.
Rz. 388f
Leistungen nach Abs. 8 sind nicht zu gewähren, wenn die in Rede stehende Wohnung nicht diejenige des gewöhnlichen Aufenthaltes ist (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 7.4.2011, L 2 AS 10/11 B ER).
Rz. 388g
Leistungen können auch in den Fällen nicht erbracht werden, in denen die schuldenbelastete Unterkunft nicht mehr bewohnt wird, weil die mit der Leistung bezweckte Sicherung der Unterkunft nicht mehr erreicht werden kann (Bay. LSG, Urteil v. 18.3.2013, L 7 AS 141/12; BSG, Urteil v. 25.6.2015, B 14 AS 40/14 R).
Rz. 388h
Wurde ein Mietverhältnis mit einem Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende aufgrund von Mietschulden außerordentlich gekündigt, so kommt die Gewährung eines Darlehens zum Ausgleich der Mietschulden durch den Grundsicherungsträger jedenfalls dann nicht mehr in Betracht, wenn auch die Darlehensgewährung die Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr abwenden kann (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 29.3.2018, L 19 AS 423/18 B ER).
Rz. 388i
Die Voraussetzungen des Abs. 8 sind bei Verwandtenmietverträgen besonders sorgfältig zu prüfen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 26.10.2016, L 13 AS 287/16 B ER).