Rz. 362
Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkautionen und Umzugskosten können vom kommunalen Träger bzw. der gemeinsamen Einrichtung als Ermessensleistungen nach Abs. 6 übernommen werden. Erstattungsfähig sind nur angemessene Kosten. Dies hat das BSG für Umzugskosten aus der Überlegung abgeleitet, dass ohne die Regelung des Abs. 6 Satz 2 die Umzugskosten in diesen Fällen nach Abs. 1 im Rahmen der Kosten für Unterkunft und Heizung bis zur Angemessenheitsgrenze zu erbringen wären (BSG, Urteil v. 6.5.2010, B 14 AS 7/09 R). Die berücksichtigungsfähigen Umzugskosten beschränken sich auf die eigentlichen Kosten des Umzuges, gleich, ob der Umzug in Eigenregie durchgeführt wird oder ein Umzugsunternehmen beauftragt wurde. Ein Umzugsunternehmen darf allerdings nur bei Vorliegen besonderer Umstände beauftragt werden (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 5.7.2018, L 14 AS 614/16). Das kann der Fall sein, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug nicht selbst durchführen kann, etwa wegen seines Alters, einer Behinderung, der körperlichen Konstitution oder der Betreuung von Kleinstkindern. Dabei stellt der Begriff Wohnungsbeschaffungskosten den Oberbegriff dar, der auch Umzugskosten und Mietkautionen umfasst. Wohnungsbeschaffungskosten sind nur solche Aufwendungen, die mit dem Finden und Anmieten der Wohnung verbunden sind (vgl. BSG, Urteil v. 6.8.2014, B 4 AS 37/13 R). Aufwendungen für die Beschaffung einer Wohnung außerhalb des festgestellten Vergleichsraumes werden regelmäßig nicht vom Jobcenter zu tragen sein. Eine Mietkaution kann gegen das Jobcenter nicht im Wege der einstweiligen Anordnung erwirkt werden, wenn der Leistungsberechtigte selbst mit dem Vermieter eine privatrechtliche Vereinbarung über die Tragung der Kaution mit monatlichen Raten von 20,00 EUR abgeschlossen hat, denn dann sei der Bedarf auf kleine, sozialverträgliche, selbst zu tragende Raten reduziert (SG Karlsruhe, Beschluss v. 25.2.2014, S 4 AS 1/14 ER). Das Gericht hält im Übrigen die maximale Aufrechnungshöhe durch das Jobcenter beim Vorliegen mehrerer Darlehen für auf 10 % des maßgebenden Regelbedarfs begrenzt. Zu den Beratungspflichten des Jobcenters gehöre es, Leistungsempfängern keine Zustimmungserklärungen zu Aufrechnungen anzutragen, die nach dem Gesetz nicht zulässig sind. Abs. 6 ist gleichermaßen auf Genossenschaftsanteile von Wohnungsbaugenossenschaften anzuwenden, wenn es sich bei den Kosten für deren Erwerb um Wohnungsbeschaffungskosten oder eine Mietkaution handelt (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11.5.2010, L 5 AS 25/09, vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 27.11.2019, L 4 AS 385/17, sie sind im Regelfall als Darlehen zu erbringen). Danach richtet sich dann ggf. auch die Zuständigkeit des Jobcenters (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 8.6.2011, L 19 AS 958/11 B ER).
Der Regelung liegt zum einen die Überlegung zugrunde, dass bei einem Verlangen, der Leistungsberechtigte möge wegen der unangemessenen Aufwendungen für die Unterkunft eine solche mit angemessenen Aufwendungen beziehen, dieses im Regelfall angesichts der Hilfebedürftigkeit nur realisiert werden kann, wenn die entstehenden Kosten übernommen werden. Ein Leistungsberechtigter, der nicht Mitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft und auch nicht ihr Vertragspartner ist, ist nicht zur Zahlung von Anteilen verpflichtet. Auch eine selbstschuldnerische Bürgschaft für Verbindlichkeiten aus dem Nutzungsvertrag umfasst keine Genossenschaftsanteile. Erwägungen, ob die durch Umzug einzusparenden Leistungen die Aufwendungen nach Abs. 6 voraussichtlich decken oder übertreffen werden, muss das Jobcenter bereits bei den Überlegungen nach Abs. 1 Satz 7 und 10 anstellen. Der Begriff der Mietkaution richtet sich nach § 551 BGB. Genossenschaftsanteile sind grundsätzlich nur als Darlehen zu gewähren. Zum anderen will die Vorschrift Rechtssicherheit für den Leistungsberechtigten (und seine Bedarfsgemeinschaft) schaffen, wenn nicht der kommunale Träger bzw. die gemeinsame Einrichtung den Umzug veranlasst hat, sondern der Leistungsberechtigte selbst wegen veränderter Umstände umziehen möchte. Hinsichtlich der Umzugskosten können Leistungsberechtigte auf ihre Selbsthilfeverpflichtung hingewiesen werden, um die Umzugskosten möglichst gering zu halten.
Die Selbsthilfeverpflichtung ist nach dem Leistungsvermögen der Leistungsberechtigten einzuschätzen. Nach dessen gesundheitlichem Leistungsvermögen kann sich z. B. die Notwendigkeit der Unterstützung von Umzugshelfern erweisen, aber noch nicht die Beauftragung eines gewerblichen Umzugsunternehmens; ebenso kann vom Leistungsberechtigten ggf. nicht verlangt werden, ein größeres Umzugsfahrzeug zu steuern, nachdem er über viele Jahre keinerlei Fahrzeug mehr gesteuert hat (vgl. SG Schleswig, Beschluss v. 21.10.2016, S 1 AS 185/16 R). Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist für eine Klage auf Erstattung von Umzugskosten die gebotene Erfolgswahrscheinlichkeit jedenfalls dann gegeben, wenn es sich beim Empfänger der Leistungen der Grundsicherung für...