Rz. 17
Die Einfügung einer Satzungsermächtigung stellt hauptsächlich eine Reaktion auf Forderungen verschiedener Stellen nach Konkretisierung der Angemessenheit von Kosten für Unterkunft und Heizung und die mangelnde Akzeptanz der Entscheidungen der zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a und der gemeinsamen Einrichtungen der Agenturen für Arbeit und der kommunalen Träger nach § 44b dar, die sich vor allem, aber nicht nur in zahllosen Widerspruchs- und Klageverfahren ausdrückt. 2 Jahre nach Inkrafttreten der Ermächtigung ist allerdings nur wenig Gebrauch sichtbar (Hessen und Berlin).
Rz. 18
Daneben stellt die Satzungsermächtigung eine Entscheidung gegen eine Rechtsverordnung nach der Ermächtigung in § 27 dar. Zeitgleich zur Einfügung der Satzungsermächtigung nach den §§ 22a bis 22c wurde die bisherige Ermächtigung für eine Rechtsverordnung des BMAS (§ 27) gestrichen. Damit wollte der Gesetzgeber die Regelungsmaterie der konkreten Festlegung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im föderalen Gefüge für die Bundesländer öffnen und keine Sperrwirkung zugunsten einer Regelungskompetenz des Bundes aufrechterhalten.
Rz. 19
Nach § 22 Abs. 1 und der dazu ergangenen Rechtsprechung des BSG ist die Angemessenheit der Kosten für die Unterkunft nach der sog. Produkttheorie zu prüfen (angemessene Wohnfläche × angemessener Quadratmeterpreis). Die Angemessenheit der Wohnfläche ist anhand der landesrechtlichen Bestimmungen im sozialen Wohnungsbau über die Förderungsfähigkeit von Wohnraum zu bestimmen. Sodann ist ein Wohnungsstandard zu prüfen, der nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einerseits einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen muss und andererseits keinen gehobenen Standard aufweisen darf. Zur Bestimmung der Angemessenheit des Preises ist in der Regel der Wohnort des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten als bisheriges soziales Umfeld und damit als Vergleichsraum heranzuziehen. Anhand eines schlüssigen Konzepts ist der angemessene Quadratmeterpreis zu ermitteln, z. B. anhand von Mietspiegeln, Mietdatenbanken oder selbst erstellter, die tatsächlichen, für die Basissicherung relevanten Verhältnisse wiedergebenden sonstigen Mietspiegel, die mindestens 10 % des regional relevanten Wohnungsbestands mit Standard, Erstbezug, Wohnungsgröße, letzte Renovierung und Ausstattung einbeziehen. All dies (abstrakte Angemessenheit) ist in einem 2. Schritt auf Praktikabilität zu prüfen, also darauf, ob eine solche Wohnung auf dem relevanten Wohnungsmarkt auch tatsächlich angemietet werden kann (konkrete Betrachtung der Angemessenheit). Damit lässt sich jedoch weder eine angemessene Wohnungsgröße fixieren (die Förderbestimmungen enthalten Margen, Differenzierungen nach städtischen Gebieten und Flächenräumen finden nicht statt) noch ein zutreffender räumlicher Vergleichsmaßstab feststellen und auch die Mietobergrenze nicht zuverlässig bestimmen, weil ein "schlüssiges Konzept" nicht ausreichend rechtssicher ist. Im Ergebnis wird aus dem Umstand, dass eine Pauschale die Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 Satz 1 beachten muss, abgeleitet, dass eine Satzung für den kommunalen Träger zu teuer wäre. Ländern wird von einer Ermächtigung abgeraten, kommunale Träger werden dazu aufgerufen, von der Ermächtigung keinen Gebrauch zu machen.
Rz. 20
Mit einer Rechtsverordnung hätte das BMAS Rechtssicherheit schaffen und den Verwaltungsaufwand für die Umsetzung begrenzen können. Eine Rechtsverordnung hätte aber die Unterschiede im Bundesgebiet, etwa das Mietniveau oder den Wohnungsstandard, nicht abbilden können. Eine Rechtsverordnung hätte aber festlegen können, welche Wohnungsgröße angemessen ist, ohne einen Quadratmeterbereich zuzulassen, welchen obersten Standard eine Wohnung konkretisiert haben darf und welche Größe das Vergleichsgebiet hat. Damit hätte eine bundeseinheitliche Rechtsanwendung gewährleistet werden können, die allerdings regionalen Unterschieden und Besonderheiten nicht Rechnung getragen hätte. In der Literatur wird zudem darauf hingewiesen, dass die Bundesländer sich einer Rechtsverordnung einstimmig verweigert haben. Nach Abwägung der Vor- und Nachteile einer bundeseinheitlichen Rechtsverordnung ist diese Haltung im Ergebnis zu unterstützen.