Rz. 27
Abs. 2 ermöglicht die Festlegung einer Pauschale, die bei der Berechnung der Leistungen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung von dem Jobcenter zugrunde gelegt wird. Das bedeutet, dass der Kreis bzw. die kreisfreie Stadt keine Angemessenheitsprüfung im Einzelfall mehr vornimmt und auch nicht überprüft, ob die Pauschale die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung unterschreitet oder übersteigt. In diesen Fällen einer echten Pauschale, die am weitesten gehende Variante, wird den betroffenen Bürgern die größtmögliche Entscheidungsfreiheit eingeräumt, wie sie die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren persönlichen Bedarf einsetzen wollen. Wie schon nach § 22 können sich die Leistungsberechtigten dafür entscheiden, einen Teil ihrer Leistungen für Unterkunft und Heizung aufzubringen und damit den unangemessenen Teil der Kosten für Unterkunft und Heizung zu bestreiten und dafür einen höheren Wohnkomfort beizubehalten. Sie können sich jedoch auch dafür entscheiden, in einer Wohnung zu leben, die nur einen geringeren Aufwand verursacht als die Pauschale für Unterkunft und Heizung, und damit zusätzliche Mittel für den sonstigen Lebensbedarf "gewinnen". Die Entscheidungsfreiheit stellt allerdings auch eine hohe Belastung für die Bürger dar, die nur durch eine vertrauensvolle Beratung verringert werden kann. Es werden allerdings keine Aufwendungen in einer Pauschale berücksichtigt, sondern die Aufwendungen vielmehr pauschal abgegolten.
Rz. 28
Eine Pauschale nach Abs. 2 ist nur zulässig, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt ausreichend freier Wohnraum zur Verfügung steht. Wohnungsknappheit lässt eine Pauschale damit nicht zu. Dies muss das betreffende Landesgesetz so vorsehen. Die Frage, wann ausreichend Wohnraum verfügbar ist, wird im Gesetz nicht näher präzisiert. Festgelegt wird nur, dass es sich insoweit um freien Wohnraum handeln muss, also Fluktuation auf dem örtlichen Wohnungsmarkt möglich ist, der eine tatsächliche Umsetzung der neuen Entscheidungsfreiheit auch ermöglicht. Dazu dürfte gehören, dass der freie Wohnraum von den Leistungsberechtigten auch tatsächlich angemietet werden kann. Das ist nur der Fall, wenn das Angebot die Nachfrage deutlich übersteigt. Abs. 2 enthält keine Ermächtigung, die Bedarfe nach § 22 Abs. 1 Satz 1 durch eine Pauschale abzusenken.
Rz. 29
Abs. 2 Satz 2 ist als Auffangregelung zu verstehen. Die Bundesländer müssen für den Fall der Unzumutbarkeit einer Pauschale im Einzelfall Sonderregelungen vorsehen. Dabei haben die Bundesländer die Möglichkeit, den Kommunen hierfür für die Satzung Vorgaben zu machen oder jedenfalls zu präzisieren, wann Unzumutbarkeit im Einzelfall vorliegen könnte und deshalb zu prüfen ist. Kriterien dafür sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandene Heizmöglichkeit und die örtlichen Gegebenheiten wie bei der Festlegung der Pauschale, aber auch individuelle Kriterien auf Seiten des Leistungsberechtigten, etwa eine vorhandene Behinderung. Die Regelungen nach Abs. 2 Satz 2 in der Satzung müssen so umfassend sein, dass damit gewährleistet ist, dass im Ergebnis das individuelle Existenzminimum in jedem Fall geleistet wird. Fraglich ist in Bezug auf die Regelungen des Abs. 2 insbesondere, ob die Ermächtigung des Gesetzes der ständigen Rechtsprechung des BVerfG genügt, wonach der Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes schon ganz allgemein verlangt, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen hat. Das müsste auch für die Bemessung der existenzsichernden Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung gelten. Richtigerweise wird in der Literatur darauf verwiesen, dass es dann auf Zweckmäßigkeitserwägungen nicht mehr ankommt. Abs. 2 enthält jedenfalls keinen konkreten Anspruch des Leistungsberechtigten, sondern lediglich den Entscheidungsraum absteckende Grenzen in Form von freiem Wohnraum und dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Darüber hinaus reichende Leistungen müssen im Gegenzug Verwaltungskosten einsparen.
Rz. 30
Zu Abs. 2 Satz 3 vgl. die Komm. zu Abs. 1.
Rz. 30a
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. sieht für den Fall von Pauschalen in der Satzung zusätzliche Risiken, weil eine Pauschalierung mit höheren Kosten für die Kreise und kreisfreien Städte verbunden sein könnte, da jede Pauschalenerhöhung das Risiko eines entsprechenden Anstiegs der Mietpreise nach sich zöge und bei tatsächlich zu niedrig angesetzten Pauschalen entstünden Schulden und Druck, in Wohnungen unzureichenden Standards auszuweichen. Dadurch bestünde die Gefahr von Ghettobildung und verstärkter sozialräumlicher Segregation, insbesondere in Gebieten mit heterogenen Wohnstrukturen.
Rz. 30b
Eine Pauschalierung, bei der alle Leistungsberechtigten Leistungen zur Deckung ihrer Bedarfe für Unterkunft und Heizung in einer Höhe erhielten wie diejenigen mit dem höchsten Anspruch auf Leistungen für Unterku...