Rz. 21
Nach Abs. 2 Satz 1 ist der Träger zuständig, in dessen Gebiet die leistungsberechtigte Person nach § 12a Abs. 1 bis 3 AufenthG ihren Wohnsitz zu nehmen hat. Leistungsberechtigt sind Ausländer, die als Asylbewerber, Flüchtling i. S. v. § 3 Abs. 1 AsylG oder als subsidiär Schutzberechtigte nach § 4 Abs. 1 AsylG anerkannt worden sind. Nach § 12a Abs. 1 AufenthG ist ein Ausländer, der als Asylberechtigter, Flüchtling i. S. v. § 3 Abs. 1 AsylG oder subsidiär Schutzberechtigter i. S. v. § 4 Abs. 1 AsylG anerkannt worden ist oder dem nach §§ 22, 23 oder 25 Abs. 3 AufenthG erstmalig eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist, verpflichtet, für den Zeitraum von 3 Jahren ab Anerkennung oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in dem Land seinen gewöhnlichen Aufenthalt (Wohnsitz) zu nehmen, in das er zur Durchführung seines Asylverfahrens oder im Rahmen seines Aufnahmeverfahrens zugewiesen worden ist. Diese Regelung findet keine Anwendung, wenn der Ausländer, sein Ehegatte, eingetragener Lebenspartner oder minderjähriges Kind eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnimmt oder aufgenommen hat, durch die diese Person mindestens über ein Einkommen in Höhe des monatlichen durchschnittlichen Bedarfs nach den §§ 20 und 22 SGB II für eine Einzelperson verfügt, oder eine Berufsausbildung aufnimmt oder aufgenommen hat oder in einem Studien- oder Ausbildungsverhältnis steht. Subsidiäre Schutzbedürftigkeit liegt vor, wenn die leistungsberechtigte Person stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihr in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht.
Rz. 22
§ 36 Abs. 2 Satz 1 setzt voraus, dass eine konkret-individuelle Wohnsitzauflage i. S. v. § 12a Abs. 2 und 3 AufenthG vorliegt (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 24.1.2018, L 7 AS 228/17 B ER). Allein eine gesetzliche Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 1 AufenthG genügt nicht (König, in: BeckOK, SGB II, § 36 Rz. 7a m. w. N.). Wenn die leistungsberechtigte Person nach § 12a Abs. 4 AufenthG verpflichtet ist, ihren Wohnsitz an einem bestimmten Ort nicht zu nehmen, kann eine Zuständigkeit in diesem Gebiet für die jeweiligen Leistungen nach Abs. 2 Satz 2 nicht begründet werden. Hieraus folgert die überwiegende Meinung, dass in diesen Fällen kein Anspruch auf SGB II-Leistungen besteht, weil es an einem zuständigen Leistungsträger fehlt (König, a. a. O., Rz. 7b; Aubel, in: jurisPK-SGB II, § 36 Rz. 8).
Rz. 23
Der Wohnsitzauflage kommt eine Tatbestandswirkung zu. Die Wohnsitzauflage ist daher für den Träger der Grundsicherung bindend, bis sie von der Ausländerbehörde oder im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wieder aufgehoben wird (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 27.6.2018, L 12 AS 783/18 B ER). Die bloße Einleitung eines Aufhebungsverfahren genügt nicht, um die Bindungswirkung entfallen zu lassen (LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 26.6.2017, L 31 AS 618/17 B). Allgemeine Bedenken gegen die Wohnsitzauflage wegen Verstoßes gegen die Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip können gegen die Bestimmung des Leistungsträgers nach § 36 nicht durchschlagen (LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.; LSG Hamburg, Beschluss v. 8.5.2018, L 4 AS 114/17 B ER).