0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift trat mit Art. 1 des Achten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch – Ergänzung personalrechtlicher Bestimmungen v. 28.7.2014 (BGBl. I S. 1306) rückwirkend zum 1.1.2009 (Art. 2 Nr. 2) in Kraft.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift regelt den Erstattungsanspruch des Trägers der Grundsicherung gegenüber anderen Sozialleistungsträgern. Hintergrund der Schaffung von § 40a war, dass vielfach wegen der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil v. 31.10.2012, B 13 R 11/11 R und B 13 R 9/12 R) Rechtsunsicherheiten über das Bestehen von Erstattungsansprüchen gegenüber anderen Sozialleistungsträgern bestanden, wenn für den gleichen Zeitraum eine andere Sozialleistung zuerkannt wurde (BT-Drs. 18/1311 S. 11). In den genannten Entscheidungen hatte das BSG Erstattungsansprüche eines Jobcenters gegen einen Rentenversicherungsträger in der Konstellation einer nachträglich rückwirkend gewährten Erwerbsminderungsrente nach § 103 SGB X verneint und dies damit begründet, dass das SGB II keinen Tatbestand enthalte, der einen Anspruch bei rückwirkender Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nachträglich ganz oder teilweise entfallen lasse. Die Träger der Rentenversicherung haben diese Urteile zum Anlass genommen, gegen sie gerichtete Erstattungsansprüche der Träger der Grundsicherung in allen Fällen der rückwirkenden Rentengewährung abzulehnen. § 40a bezieht sich allein auf die Erstattungsansprüche des Grundsicherungsträgers. Eine Dritterstattung oder Freistellung ist von der Vorschrift nicht umfasst (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 7.5.2018, L 34 AS 201/15).

 

Rz. 3

Nach Satz 1 hat der Träger der Grundsicherung für den Fall, dass einer leistungsberechtigten Person für denselben Zeitraum, für den der Grundsicherungsträger Leistungen nach dem SGB II erbracht hat, eine andere Sozialleistung erbracht hat, unter den Voraussetzungen des § 104 SGB X einen Erstattungsanspruch gegen den anderen Sozialleistungsträger. Dabei handelt es sich um einen eigenständigen Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers gegen den vorrangig verpflichteten Sozialleistungsträger (Thum/Schoch, in: Münder/Geiger, SGB II, § 40a Rz. 3). Nach Satz 2 besteht der Erstattungsanspruch auch, soweit die Erbringung des Bürgergeldes allein aufgrund einer nachträglich festgestellten vollen Erwerbsminderung rechtswidrig war oder rückwirkend eine Rente wegen Alters oder eine Knappschaftsausgleichsrente zuerkannt wird. Die Vorschrift beruht auf der Erwägung, dass der zwar nachrangig verpflichtete Grundsicherungsträger wegen der Sicherung des Hilfebedarfs zunächst Leistungen an den Hilfebedürftigen erbringt, weil Leistungen anderer vorrangiger Leistungsträger noch nicht abschließend geprüft oder beschieden sind. Für diese Fälle, in denen der Grundsicherungsträger in Vorleistung tritt, ermöglicht die Vorschrift Rückgriffsmöglichkeiten gegenüber dem vorrangig verpflichteten Leistungsträger (Kallert, in: Gagel, SGB II, § 40a Rz. 11).

2 Rechtspraxis

2.1 Erstattungsanspruch des Trägers der Grundsicherung (Satz 1)

 

Rz. 4

Nach Satz 1 steht dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter den Voraussetzungen des § 104 SGB X ein Erstattungsanspruch gegen den anderen Sozialleistungsträger zu, wenn einer leistungsberechtigten Person für denselben Zeitraum, für den der Träger der Grundsicherung Leistungen nach dem SGB II erbracht hat, eine andere Leistung bewilligt wurde. Satz 1 stellt somit klar, dass bei einer Vorleistung des Träges der Grundsicherung für Arbeitsuchende und im Nachhinein festgestellter vorrangiger Leistungsverpflichtung eines anderen Sozialleistungsträgers unter den Voraussetzungen des § 104 SGB X ein Erstattungsanspruch zugunsten des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende besteht. Satz 1 enthält – anders als Satz 2 – nur eine klarstellende Rechtsgrundverweisung auf § 104 SGB X, regelt jedoch keinen eigenständigen Erstattungsanspruch (BSG, Urteil v. 29.11.2022, B 11 AL 12/21 R; Pattar, in: jurisPK-SGB II, § 40a Rz. 29; Bienert, info also 2019 S. 118).

 

Rz. 5

Voraussetzung für den Erstattungsanspruch ist, dass der Grundsicherungsträger einer leistungsberechtigten Person Leistungen nach dem SGB II erbracht hat (Blüggel, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 40a Rz. 10; Merten, in: BeckOK, SGB II, § 40a Rz. 4 f.). Leistungen sind dabei sämtliche Leistungen des Dritten Kapitels des SGB II (Merten, in: BeckOK, SGB II, § 40a Rz. 4.). Nicht ausreichend für die Anwendung von Satz 1 ist, dass zwar Leistungen vom Grundsicherungsträger bewilligt, aber noch nicht gewährt worden sind (Merten, in: BeckOK, SGB II, § 40a Rz. 4). Voraussetzung für den Erstattungsanspruch ist, dass der Grundsicherungsträger die Leistungen rechtmäßig erbracht hat (Blüggel, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 40a Rz. 10; Kallert, in: Gagel, SGB II, § 40a Rz. 33).

 

Rz. 6

Satz 1 greift demnach nur, wenn der Grundsicherungsträger nachrangiger Leistungsträger ist. Nachrangig verpflichtet ist der Grundsicherungsträger nach § 104 SGB X nur dann, wenn er bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung...

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