Rz. 7
Nach Abs. 2 Satz 1 können auf Antrag der leistungsberechtigten Person durch Bewilligungsbescheid festgesetzte, zum nächsten Zahlungszeitpunkt fällige Leistungsansprüche vorzeitig erbracht werden. Die Vorschrift entspricht einem praktischen Bedürfnis, nämlich der Anschaffung langlebiger Verbrauchsgüter, die über den monatlich pauschalierten Regelsatz ohne das vorherige Ansparen alleine nicht angeschafft werden könnten. Abs. 2 findet keine Anwendung auf Abschlagszahlungen, die vor der Entscheidung über den Leistungsanspruch getätigt worden sind, weil diese noch nicht durch einen Bewilligungsbescheid festgesetzt wurden. Die Vorschrift ist vielmehr ausschließlich auf solche Fälle anwendbar, in denen es um die Auszahlung bereits bewilligter Leistungen geht.
Rz. 8
Die vorzeitige Leistungswährung setzt einen Antrag des Anspruchsberechtigten voraus. In einer Bedarfsgemeinschaft können auch mehrere Personen eine vorzeitige Auszahlung ihres Anspruchs beantragen (Fachliche Weisungen der BA zu § 42, Stand: 10/2023). Die vorzeitige Leistungserbringung kann in Form von Geldleistungen, aber auch durch andere Arten der Leistungsgewährung, z. B. Lebensmittelgutscheine erfolgen.
Rz. 9
Voraussetzung für eine vorzeitige Leistungswährung ist, dass auch für den kommenden Monat bereits ein Bewilligungsbescheid vorliegt (Löcken, in: Luik/Harich, SGB II, § 42 Rz. 2). Ob dieser bereits bestandskräftig ist, ist nicht entscheidend. Im letzten Monat eines durch Bewilligungsbescheid festgesetzten Bewilligungszeitraum ist eine vorzeitige Leistungsgewährung nur dann möglich, wenn ein Bewilligungsbescheid über den folgenden Bewilligungszeitraum bereits ergangen ist (Fachliche Weisungen der BA zu § 42, Stand: 10/2023).
Rz. 10
Die vorzeitige Auszahlung steht im Ermessen der Agentur für Arbeit ("kann"). Das Ermessen bezieht sich dabei auf das "Ob" der Leistungsgewährung als auch auf die Höhe der vorzeitigen Leistungsgewährung (Löcken, in: Luik/Harich, SGB II, § 42 Rz. 28). Die Höhe der vorzeitigen Leistungsgewährung ist allerdings begrenzt durch Satz 2. Ein Anspruch auf vorzeitige Auszahlung eines Teils des im nächsten Monat fälligen Leistungsanspruchs besteht nicht. Nach den Fachlichen Hinweisen der BA kann die vorzeitige Zahlung ganz oder teilweise abgelehnt werden, wenn
- Schonvermögen vorhanden ist,
- Erwerbseinkommen bezogen und wegen des Erwerbstätigenfreibetrages über höhere bereite Mittel verfügt wird,
- das Zahlungsbegehren auf der Fortsetzung unwirtschaftlichen Verhaltens beruht,
- vorzeitige Zahlungen dem eigenverantwortlichen Wirtschaften zuwiderlaufen würden (Fachliche Weisungen der BA zu § 42, Stand: 10/2023).
Rz. 11
Nach Abs. 2 Satz 5 ist die vorzeitige Leistung ausgeschlossen, wenn
- im laufenden Monat oder im Monat der Verringerung eine Aufrechnung zu erwarten ist,
- der Leistungsanspruch im Folgemonat durch Sanktionen gemindert ist,
- die Leistung bereits in einem der vorangegangenen 2 Kalendermonate in Anspruch genommen wurde.
Bei der Aufrechnung nach Nr. 1 ist es ausreichend, dass die Aufrechnung mit hinreichender Sicherheit geplant ist. Demgegenüber setzt Nr. 2 voraus, dass der Leistungsanspruch im Folgemonat durch Sanktionen gemindert ist, die Sanktion also bereits verhängt worden ist. In den Fällen des Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 bis 3 hat die Bundesagentur für Arbeit kein Ermessen hinsichtlich der Erbringung einer vorzeitigen Leistung. Vielmehr hat die vorzeitige Leistungswährung in diesen Fällen zu unterbleiben. Trotz der Formulierung von Satz 5 werden die Regelbeispiele der Nr. 1 bis 3 als nicht abschließend erachtet (Löcken, in: Luik/Harich, SGB II, § 42 Rz. 33; a. A. Merten, in: BeckOK, SGB II, § 42 Rz. 9). Nicht erfasst von § 42 Abs. 2 sind Abschlagszahlungen, die vor der Entscheidung über einen Leistungsanspruch getätigt worden sind, weil diese noch nicht durch einen Bewilligungsbescheid festgesetzt wurden (Fachliche Weisungen der BA zu § 42, Stand: 10/2023). In anderen Fällen hat der Grundsicherungsträger aber ein Ermessen, ob er die vorzeitige Leistungserbringung ablehnt.
Rz. 12
Die Höhe der vorzeitigen Leistung ist auf 100,00 EUR begrenzt. Durch diese Begrenzung soll sichergestellt werden, dass der Lebensunterhalt im kommenden Monat nicht durch eine bereits erfolgte Auszahlung gefährdet ist. Die 100-EUR-Grenze ist der maximale Betrag. Dem Grundsicherungsträger steht kein Ermessen zu, über diesen Betrag hinauszugehen (Löcken, in: Luik/Harich, SGB II, § 42 Rz. 28). Der Auszahlungsanspruch im Folgemonat verringert sich entsprechend.
Rz. 13
Soweit eine Verringerung des Auszahlungsanspruchs im Folgemonat nicht möglich ist, verringert sich nach Satz 4 der Auszahlungsanspruch für den zweiten auf die Bewilligung der vorzeitigen Leistung folgenden Monats.