Rz. 34
Abs. 2 enthält die wesentlichen Entscheidungsbefugnisse der Trägerversammlung. Das ist der Bereich, in den auch ein Träger in seinem eigenen Verantwortungsbereich nicht eingreifen darf, weil die Kompetenz kraft Gesetzes der Trägerversammlung vorbehalten ist. Diese ist auch nicht durch eine Vereinbarung nach § 44b Abs. 2 abdingbar. Für diesen Bereich ist auch eine gesonderte Aufsicht (§ 47 Abs. 3) als Rechtsaufsicht über die gemeinsamen Einrichtungen geregelt, die durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und die zuständige Landesbehörde wahrgenommen wird. Im Streitfall gibt der Kooperationsausschuss nach § 18b eine Empfehlung ab, von der das BMAS nur noch aus wichtigem Grund abweichen kann. Allerdings ist auch die Besetzung des Kooperationsausschusses mit gleicher Verteilung gesetzlich geregelt, der Grundkonflikt für Mehrheitsfindungen setzt sich dort fort. Aus diesem Regelungsgeflecht ist gut erkennbar, dass die Trägerversammlung eine Schlüsselstellung bei der Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch gemeinsame Einrichtungen und damit dem Regelfall der Organisation innehat. Sie selbst hat jedoch keinerlei Umsetzungsbefugnisse. Die Beschlüsse der Trägerversammlung setzt allein der Geschäftsführer in seinem Jobcenter um.
Rz. 35
Abs. 2 Satz 1 fasst den Entscheidungsbereich der Trägerversammlung mit den organisatorischen, personalwirtschaftlichen, personalrechtlichen und personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten der gemeinsamen Einrichtung zusammen. Dieser Entscheidungsbereich ist im beschriebenen Umfang umfassend. In Abs. 2 Satz 2 werden lediglich besondere Sachverhalte herausgestellt. Die Organisation der gemeinsamen Einrichtung entspricht dabei weitgehend dem "Wie" der Leistungserbringung in Abgrenzung zur Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit nach § 44b Abs. 3 Satz 1.
Rz. 36
Abs. 2 Satz 1 enthält das Recht der Trägerversammlung, über die Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers zu entscheiden. Dabei kommt dem Vorsitzenden der Trägerversammlung nicht das entscheidende Stimmrecht zu, ein Geschäftsführer kann also grundsätzlich nicht gegen den Willen eines Trägers bestellt oder abberufen werden. Allerdings regelt § 44d Abs. 2 Satz 6 das Recht des kommunalen Trägers zur Bestimmung des Geschäftsführers für die ersten 2 Jahre und 6 Monate der Amtsperiode, wenn die Agentur für Arbeit von ihrem Recht Gebrauch gemacht hat, den Vorsitzenden der Trägerversammlung für die ersten 2 Jahre zu bestimmen. Ob das der Fall war, ist der Trägerversammlung bekannt. Wegen der abwechselnden Bestellung des Geschäftsführers kommt es bei anfänglicher Uneinigkeit über den Geschäftsführer voraussichtlich auch dauerhaft zu keiner Einigung. Von einer Entscheidung der Trägerversammlung kann daher dann keine Rede mehr sein. Die Kompetenzen der Trägerversammlung und des Geschäftsführers betreffen oft dieselbe Materie. Der Geschäftsführer hat sich in seinem Kompetenzbereich an die Entscheidung der Trägerversammlung zu halten. Diese hat nicht nur grundlegende Befugnisse, sondern, was in der Literatur allerdings unterschiedlich gesehen wird, auch die Kompetenz zu Regelungen im Detail und bis in den Einzelfall hinein. Sie kann sich auch bestimmte Entscheidungen vorbehalten. Eine andere Sichtweise ist mutmaßlich nicht zielführend, weil auch anhand unbestimmter Rechtsbegriffe schlecht zu praktizieren. Im Idealfall allerdings unterbreitet der Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtung, mitunter im Auftrag seines Trägers, der Trägerversammlung Vorschläge und trägt sie in den Trägerversammlungen vor. Bei einer entsprechenden Beschlussfassung weiß er dann beide Träger für sein Handeln hinter sich.
Rz. 37
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 räumt der Trägerversammlung die Kompetenz ein, über den Verwaltungsablauf und die Organisation der gemeinsamen Einrichtung zu entscheiden. Das wird i. d. R. nicht auf die Bestimmung von Details hinauslaufen, sondern auf grundlegende Regeln der Zusammenarbeit und der Entscheidung über die Einführung bestimmter Systeme, z. B. der elektronischen Akte oder anderer IT-Verfahren, die nicht zwingend durch die Bundesagentur für Arbeit bereitgestellt werden, bestimmte Geschäftsprozesse ("Neukundenprozess") oder die Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit in einem gemeinsamen Arbeitgeber-Service. Bei Nr. 2 geht es weniger darum, dass die Trägerversammlung alles entscheiden darf, sondern darum, dass der kommunale Träger, aber insbesondere die Bundesagentur für Arbeit mit ihren zentralen Stellen in Nürnberg und an den Sitzen der Regionaldirektionen insoweit keine verpflichtenden Weisungen erteilen darf, sondern den Trägerversammlungen nur empfehlen kann, die Hilfen der Bundesagentur für Arbeit umzusetzen. Kann die Trägerversammlung sich nicht auf einen bestimmten Verwaltungsablauf oder eine organisatorische Entscheidung verständigen, nimmt der Vorsitzende der Trägerversammlung das entscheidende Stimmrecht wahr. Rechtlich ist die Trägerversammlung befugt, dem Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtu...