Rz. 21
§ 56 Abs. 1 Satz 3 gibt den Trägern der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts die Verkürzung der Vorlagefrist als Mittel der Missbrauchskontrolle an die Hand. Danach ist der Grundsicherungsträger berechtigt, bereits vor Ablaufs des 3. Kalendertages nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung zu verlangen. Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung des Grundsicherungsträgers, ob er von dieser Berechtigung Gebrauch macht (Mushoff, in: BeckOK, SGB II, § 56 Rz. 9; Thommes, in: Gagel, SGB II, § 56 Rz. 24). Abs. 2 Satz 3 entspricht der für Arbeitnehmer geltenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG. Der Arbeitgeber kann, nach der ständigen Rechtsprechung des BAG, sowohl im Einzelfall zur Bekämpfung des Missbrauchs als auch durch generelle Regelung im Arbeitsvertrag (BAG, Urteil v. 1.10.1997, 5 AZR 726/96, arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am ersten Tag) oder in einem Tarifvertrag (BAG, Urteil v. 26.2.2003, 5 AZR 112/02; BAG, Urteil v. 25.1.2000, 1 ABR 3/99) die Vorlage der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits ab dem ersten Tag der arbeitsunfähigen Erkrankung des Arbeitnehmers verlangen.
Rz. 22
Das Verlangen nach vorzeitiger Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nach Abs. 1 Satz 3 ist vom Grundsicherungsträger zu begründen (Blüggel, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 56 Rz. 17). Die Träger der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können entweder aus Anlass der Krankmeldung oder antizipiert für künftig folgende Erkrankungen verlangen, dass der Leistungsberechtigte die ärztliche Bescheinigung früher als am 3. Tag der Arbeitsunfähigkeit beibringt. Dies wird insbesondere bei Leistungsberechtigten in Frage kommen, die den Besuch mehrerer Ärzte zum Erlangen einer solchen Bescheinigung nutzen (vgl. BT-Drs. 15/1516, Begründung S. 66 Art. 1 zu § 56) oder die durch häufige Kurzerkrankungen oder die besondere Lage der Arbeitsunfähigkeiten, insbesondere unmittelbar vor oder nach einem Wochenende oder einem Feiertag, auffällig geworden sind und bei denen das Erreichen des Eingliederungszieles wegen der Ausfallzeiten gefährdet erscheint oder generelle Zweifel an der Verfügbarkeit bestehen. Das Verlangen, bereits vor Ablauf von 3 Kalendertagen eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, steht im Ermessen des zuständigen SGB II-Trägers. Das Verlangen nach Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung ist an keine Form gebunden. Es kann mündlich, fernmündlich oder auch schriftlich erfolgen (Mushoff, in: BeckOK, SGB II, § 56 Rz. 9).