0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift trat mit Art. 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954) am 1.1.2005 (Art. 61 Abs. 1 des genannten Gesetzes) in Kraft.
Rz. 2
Die Vorschrift blieb im Gesetzgebungsverfahren inhaltlich im Wesentlichen unverändert. Der jetzige Wortlaut ergibt sich aus der Ausschussberatung des Deutschen Bundestages v. 15.10.2003. Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung, welche den unterbliebenen Hinweis auf das SGB III und eine sprachliche Korrektur enthielt (vgl. BT-Drs. 15/1728 S. 195 Art. 1).
1 Allgemeines
Rz. 3
Zwei weitere Ausprägungen der allgemeinen Mitwirkungspflichten aus § 60 SGB I sind in § 59 geregelt. Die Vorschrift verweist für die allgemeine Meldepflicht, die der Leistungsberechtigte auf Aufforderung des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erfüllen hat, auf § 309 SGB III. Es handelt sich um eine dynamische Verweisung, d. h. dass die jeweils gültige Fassung von § 309 SGB III entsprechend anwendbar ist (Blüggel, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 59 Rz. 6). Für die Meldepflicht bei Wechsel der Zuständigkeit des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende verweist § 59 auf die Vorschrift des § 310 SGB III. Die Vorschriften des SGB III sind nicht wörtlich anzuwenden, sie finden vielmehr entsprechende Anwendung. D.h., sie sind im Rahmen des SGB II nur insoweit anzuwenden, wie die Interessenlage im SGB II mit derjenigen des SGB III vergleichbar ist. Die Gesetzesbegründung führt dazu nur lapidar aus, "wie im Recht der Arbeitsförderung müssen erwerbsfähige Hilfebedürftige der allgemeinen Meldepflicht unterliegen. Wird bei einem Umzug eine andere Agentur für Arbeit zuständig, muss sich der erwerbsfähige Hilfebedürftige bei dieser unverzüglich melden" (BT-Drs. 15/1516, Begründung S. 66 Art. 1 zu § 59).
Rz. 4
Der Wortlaut der Vorschrift wurde zuletzt in der Ausschussberatung des Deutschen Bundestages v. 15.10.2003 geändert. Es handelt sich um eine rein redaktionelle Änderung (vgl. BT-Drs. 15/1728 S. 195 Art. 1). Die Meldepflichten nach § 59 gelten gegenüber dem jeweilig zuständigen Grundsicherungsträger (Blüggel, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 59 Rz. 7). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III bestehen nicht (Thür. LSG, Beschluss v. 20.6.2016, L 9 AS 318/16 B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 6.7.2009, L 19 AS 11/08; Mushoff, in: BeckOK, SGB II, § 59 Rz. 4a; Winkler, in: Gagel, SGB II, § 59 Rz. 1). Dies gilt auch hinsichtlich der dynamischen Verweisung des § 59 auf die jeweilige Fassung von § 309 SGB III (Blüggel, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 59 Rz. 6).
2 Rechtspraxis
2.1 Die entsprechende Anwendung der allgemeinen Meldepflicht nach § 309 SGB III
2.1.1 Aufforderung des Trägers der Grundsicherung
Rz. 5
Nach § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat sich der Arbeitslose während der Zeit, für die er Anspruch auf Arbeitslosengeld erhebt bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, wenn die Bundesagentur ihn dazu auffordert. Die Meldepflicht wird nur durch eine rechtmäßige Aufforderung des Trägers der Grundsicherung begründet (st. Rechtsprechung des BSG zu § 132 AFG und § 309 SGB III: vgl. BSG, Urteil v. 29.9.1987, 7 RAr 17/86). Dies setzt voraus, dass
- ein Leistungsanspruch erhoben ist und
- einer der in § 309 Abs. 2 SGB III aufgeführten Meldezwecke vorliegt.
Rz. 6
Die Meldeaufforderung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Es muss für den Betroffenen erkennbar sein, ob es um die allgemeine Meldepflicht oder um einen ärztlichen bzw. psychologischen Untersuchungstermin geht. In der Meldeaufforderung muss der Meldezweck, der Meldeort und der Meldezeitpunkt angegeben werden (BSG, Urteil v. 9.11.2010, B 4 AS 27/10 R; LSG Sachsen, Urteil v. 28.5.2020, L 3 AS 60/18). Die Einladung zu einem von dem Leistungsberechtigten selbst gewünschten Beratungstermin ist keine Meldeaufforderung. Wird eine Einladung zu einem von dem Hilfebedürftigen selbst gewünschten Beratungstermin als Meldeaufforderung bezeichnet, so muss unter Angabe des Meldezwecks vom Träger der Grundsicherung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden, dass die Meldeaufforderung unabhängig vom Beratungswunsch des Leistungsberechtigten gilt (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.2.2005, L 8 AL 4106/03).
Rz. 7
Unschädlich ist es, wenn in dem Einladungsschreiben neben dem Meldezweck eines Gesprächs über die berufliche Situation bestimmt ist, dass der Termin gleichzeitig der Erstellung eines ärztlichen Gutachtens dienen sollte (BSG, Urteil v. 9.11.2010, B 4 AS 27/10 R). Für den Zugang der Meldeaufforderung ist der Träger der Grundsicherung darlegungs- und beweispflichtig (LSG Sachsen, Urteil v. 28.5.2020, L 3 AS 60/18; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.3.2008, L 8 AS 5579/07; Sächs. LSG, Urteil v. 16.12.2008, L 7 B 613/08 AS-ER). Eintragungen einer Zustellfirma auf einer sog. Rollkarte, wonach an einem bestimmten Tag im Auftrag der Behörde ein Schreiben an die Adresse des Klägers ausgeliefert worden ist, genügt nicht als Nachweis für den Zugang einer Meldeanforderung ...