0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist zunächst mit Art. 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954) mit Wirkung zum 1.1.2005 (Art. 61 Abs. 1 des genannten Gesetzes) in Kraft getreten. Zwischenzeitlich wurde § 64 durch Art. 2a des Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung v. 23.7.2004 (BGBl. I S. 1842) mit Wirkung zum 1.8.2004 neu gefasst.
Rz. 2
Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende v. 20.7.2006 (BGBl. I S. 1706) ist die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.2007 erneut geändert worden. Die Verweisung in § 64 Abs. 1 auf § 319 SGB III ist unverändert geblieben. § 64 Abs. 2 wurde an die Trägerlandschaft angepasst. Die Änderung regelt, dass für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten in den Fällen des § 44b die gemeinsamen Einrichtungen und in den Fällen des § 6b die zugelassenen kommunalen Träger zuständig sind. Die Änderung folgt der Regelung, dass in den Fällen des § 44b die gemeinsamen Einrichtungen die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger wahrnehmen und in den Fällen des § 6b der zugelassene kommunale Träger insoweit in die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit tritt (BT-Drs. 16/1410 S. 31). Ein weiteres Mal ist die Vorschrift durch Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende v. 3.8.2010 (BGBl. I S. 1112) zum 1.1.2011 geändert worden. Im Rahmen dieser Änderung ist Abs. 1 unverändert geblieben, in Abs. 2 wurden die neuen gemeinsamen Einrichtungen berücksichtigt und Abs. 3 ist neu hinzugefügt worden. Die Vorschrift ist – wie alle anderen Vorschriften des SGB II – am 13.5.2011 (BGBl. I S. 850) neu bekannt gegeben worden. Die Vorschrift ist danach durch Art. 1 des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht v. 26.7.2016 (BGBl. I S. 1824) mit Wirkung zum 1.8.2016 geändert worden. Neben redaktionellen Änderungen ist dabei der neue Abs. 3 eingefügt worden (der bisherige Abs. 3 ist nun Abs. 4). Zuletzt ist § 64 durch Art. 5 des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialmissbrauch v. 11.7.2019 (BGBl. I S. 1066) mit Wirkung zum 18.7.2019 in Abs. 3 geändert worden. Dort ist die Bezugnahme auf das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz aktualisiert worden.
1 Allgemeines
Rz. 3
Sowohl die Kapitelüberschrift als auch die Überschrift des § 64 sind zum Teil irreführend. Zwar enthält § 64 Abs. 1 eine Vorschrift zur präventiven Bekämpfung von Leistungsmissbrauch, er regelt aber keine Zuständigkeit für Leistungsträger, sondern Mitwirkungs- und Duldungspflichten. § 64 Abs. 2 regelt Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten. Die Zuständigkeiten betreffen alle Ordnungswidrigkeiten nach dem 9. Kapitel (§ 63). Die Zuständigkeitszuweisung ist völlig unabhängig davon, ob die Ordnungswidrigkeiten sich mit dem Leistungsmissbrauch befassen. Sachlich gehört – auch nach Auffassung des Gesetzgebers selbst – § 64 Abs. 2 in das 9. Kapitel (BT-Drs. 15/1516 S. 67). Er wäre als § 63 Abs. 3 besser aufgehoben. Abs. 3 enthält eine Regelung betreffend die Zusammenarbeit der Grundsicherungsträger mit anderen Behörden. Der Abs. 4 betrifft die fiskalischen Aspekte des Ordnungswidrigkeitenrechts.
2 Rechtspraxis
Rz. 4
Die Vorschrift regelt Mitwirkungs- und Duldungspflichten für die (präventive) Bekämpfung von Leistungsmissbrauch (§ 64 Abs. 1) und die Zuständigkeit bei der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 63 (§ 64 Abs. 2). Abs. 3 enthält das Gebot der Zusammenarbeit der Behörden bei der Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten und Abs. 4 regelt Einzelheiten zum Abfluss der Geldbußen.
2.1 Bekämpfung von Leistungsmissbrauch (Abs. 1)
Rz. 5
Dem Tatbestandsmerkmal "für die Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs" kommt keine eigenständige Bedeutung zu (Münder/Thie, in: Münder/Geiger/Lenze, SGB II, § 64 Rz. 4). Das folgt bereits daraus, dass die Vorschriften der §§ 304 bis 308 SGB III durch das Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung v. 23.7.2004 mit Wirkung zum 1.8.2004 aufgehoben wurden und die entsprechenden Vorschriften in die §§ 3 ff. des Schwarzarbeitsgesetzes übernommen wurden. Auf dieses Gesetz verweist das SGB II nicht.
2.1.1 Mitwirkungs- und Duldungspflichten nach § 319 SGB III
Rz. 6
Für die Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs wird auf § 319 SGB III verwiesen. Diese Regelung findet entsprechende Anwendung. Es handelt sich um eine dynamische Verweisung auf § 319 SGB III in der jeweiligen Fassung. Die Verweisung bezieht sich auch auf die Tatbestandsvoraussetzungen der verwiesenen Norm, weshalb eine Rechtsgrundverweisung vorliegt (Münder/Thie, in: Münder/Geiger/Lenze, SGB II, § 64 Rz. 3).
§ 319 SGB III geht auf das Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung v. 23.7.2004 zurück und ist mit Wirkung zum 1.8.2004 in Kraft getreten. Zuletzt wurde § 319 SGB III durch Gesetz v. 20.12....