Rz. 58
Abs. 5 wurde durch das InfektionsschutzÄndG mit Wirkung zum 24.11.2021 neu belegt. Inhaltlich wurde die frühere Verordnungsermächtigung aus Abs. 6 aufgegriffen und als Abs. 5 neu gefasst. Abs. 5 a. F. schaffte die Voraussetzungen dafür, befristet laufende Alg II– bzw. Sozialgeldfälle, deren Bewilligungsabschnitt ausläuft, ohne weitere Antragstellung und Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen weiter zu bewilligen.
Rz. 59
Betroffen waren Leistungsfälle, deren Bewilligungsabschnitt in der Zeit v. 31.3.2020 bis 30.8.2020 ausgelaufen ist. Die Formulierung "bis vor dem 31.08.2020" war wörtlich zu nehmen. Sie besagte, dass der letzte einbezogene Ablauf eines Bewilligungszeitraumes der 30.8.2020 war. Insofern kann nicht von redaktionellen Versehen des Gesetzgebers ausgegangen werden. Es wurden bewusst 5 Monate in der Erwartung gewählt, das die Jobcenter bis zum Ende des Zeitraumes den Ansturm von Erstanträgen bewältigt haben werden und dann wieder in der Lage sein würden, auch Überprüfungen vor einer Weiterbewilligung für einen neuen Bewilligungsabschnitt vorzunehmen. Die Verwaltungspraxis zeigte sich jedenfalls zunächst skeptisch in Bezug auf die Vorschrift. Befürchtet wurde eine Vielzahl von Fällen, in denen später rückwirkend Änderungen mit großem Verwaltungsaufwand nachträglich berücksichtigt werden müssten.
Rz. 60
Für eine Weiterbewilligung blieb der zuletzt gestellte Antrag (für den ablaufenden Bewilligungszeitraum) maßgebend. Insoweit bedurfte es keines erneuten Antrages nach § 37. Für die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b wurde die Weiterbewilligung nach entsprechender Programmierung der Software ALLEGRO maschinell durchgeführt. Damit unterblieb – soweit so schnell technisch realisierbar - auch der Versand von Anträgen auf Fortzahlung der Leistungen zum Lebensunterhalt nach der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den nächsten Bewilligungsabschnitt bzw. über den abgelaufenen Bewilligungsabschnitt hinaus. Auch hierüber waren nicht alle Praktiker in den Jobcentern glücklich, in etwa 80 % der jeweils anstehenden Fälle konnten maschinell bearbeitet und so automatisiert weiterbewilligt werden.
Rz. 61
Bei der Weiterbewilligung übernahm das Jobcenter die Dauer des vorherigen Bewilligungszeitraumes von typischerweise 12 oder 6 Monaten (bei vorläufiger Entscheidung), aber keine andere Dauer, sondern nur den Grund. Der ursprüngliche Grund für eine Verkürzung des Bewilligungszeitraumes wurde damit übernommen und fortgetragen, er wurde ja durch die Weiterbewilligung ohne Prüfung der Voraussetzungen nicht ausgeräumt, etwa die Vorläufigkeit der Entscheidung aufgrund von Ungewissheiten über das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen oder die Höhe der Leistung (vgl. § 41a Abs. 1 Satz 1). Regelfall war die Verlängerung um 12 Monate in einem neuen Bewilligungsabschnitt (Abs. 5 Satz 3 a. F.), nach vorläufiger Entscheidung 6 Monate nach Abs. 5 Satz 4 a. F..
Rz. 61a
Abs. 5 wurde durch das RBEG mit Wirkung zum 1.1.2021 aufgehoben. Dabei ist gleichwohl zu beachten, dass noch laufende Bewilligungszeiträume mit aktivem Leistungsbezug vorhanden sind, realistischerweise bis zum 31.7.2021, theoretisch bis zum 30.8.2021.
Rz. 62
Die Bestimmung, dass die Mitwirkungspflichten (§ 60 SGB I) sowie Aufhebungs- und Erstattungsvorschriften unberührt blieben (§§ 45, 48 und 50 SGB X), enthält Abs. 5 Satz 5. Darin lag ein Risiko von Ungleichbehandlung in der Grundsicherungspraxis, weil die Regelung kurzfristig eingeführt wurde und jedenfalls für die gemeinsamen Einrichtungen das zentral gültige, gemäß § 50 Abs. 3 legitimierte und von der Bundesagentur für Arbeit gesteuerte Verfahren nicht bis zum Inkrafttreten des Sozialschutz-Paketes umgestellt werden konnte, sondern erst in der 2. Aprilhälfte. Das bedingt, dass im Vorfeld auslaufender Bewilligungsabschnitte aus Nürnberg Fortzahlungsanträge zur Erfüllung der Verpflichtung nach § 37 und § 60 SGB I an die Leistungsberechtigten versendet worden sind. Soweit Abs. 5 a. F. anzuwenden war, bedurfte es der Unterlagen und etwaiger Nachweise aber nicht. Wurden vom Leistungsberechtigten gleichwohl noch Unterlagen eingereicht, mussten diese als unbeachtlich behandelt werden, soweit sie zu einer Leistungsminderung führen würden (etwa eine aktualisierte Verdienstbescheinigung mit einem etwas höheren Verdienst). Dagegen war die Anzeige eines höheren Bedarfes, z. B. durch eine Verdienstbescheinigung mit einem gesunkenen Verdienst, ab dem Beginn des Bewilligungszeitraumes zu berücksichtigen. Diese Bearbeitung kann vom Jobcenter allerdings nachträglich vorgenommen werden, denn ansonsten würde die Ermächtigung, ohne Prüfung weiterzubewilligen, ins Leere laufen, weil doch alle Unterlagen begutachtet werden müssten. Die Problematik entfällt für die Zeiträume, für die die Weiterbewilligung maschinell ohne Einschaltung des Jobcenters der gemeinsamen Einrichtung vorgenommen wurde und auch keine Antragsunterlagen mehr versendet wurden. Das wurde bei der Umsetzung mit der automatischen Weiterbewilligung verknüpft, sodas...