Rz. 94
Der Leistungsausschluss besteht nur für Ausländer, also den Personenkreis der nicht deutschen Staatsangehörigen. Wegen der unterschiedlichen Rechtsstellung muss dabei nach Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen unterschieden werden.
Das LSG Nordrhein-Westfalen vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass der festzustellende vollständige Leistungsausschluss von laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gegen das GG, namentlich das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 GG oder den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 6.10.2021, L 12 AS 1004/20). Die Legislative habe die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen sowie der konkreten Lebenssituation des Hilfebedürftigen auszurichten. Dabei stehe ihr ein Gestaltungsspielraum zu. Der Umfang des Anspruches könne im Hinblick auf die Arten des Bedarfes und die dafür erforderlichen Mittel nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden. Eine tragfähige Begründung dafür, dass der Gesetzgeber auch Personen, die sich ohne ein auf die Menschenwürde rückführbares Recht in Deutschland aufhalten, existenzsichernde Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu erbringen hat, lässt sich nicht erkennen. In einem europäischen Freiheitsraum muss die Gewährleistung der Menschenwürde letztlich nicht notwendig in Deutschland und nach dem dortigen Standard erfolgen. Die Leistungsausschlüsse nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 sind auch nach weiterer Rechtsprechung des LSG europarechtskonform und verfassungsgemäß (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 3.5.2023, L 19 AS 417/23 B ER).
Rz. 94a
Besteht ein Leistungsausschluss, hat das Jobcenter stets eine Datenübermittlungspflicht an die Ausländerbehörde zu prüfen (vgl. § 87 AufenthG).
Rz. 94b
Die Neufassung des Abs. 1 mit Wirkung seit dem 29.12.2016 beruht darauf, dass im Anschluss an die bzw. im Zusammenhang mit der Bestätigung der Europarechtskonformität der im SGB II geregelten Leistungsausschlüsse in Abs. 1 Satz 2 a. F. von Unionsbürgern durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH, vgl. die Urteile in den Rechtssachen "Dano" v. 11.11.2014, C-333/13, "Alimanovic" v. 15.9.2015, C-67/15, und "Garcia-Nieto" v. 25.2.2016, C-299/14) seit dem 3.12.2015 mehrere Entscheidungen des BSG zu Ansprüchen von Unionsbürgern auf Sicherung ihres Existenzminimums getroffen wurden, nach denen nicht nur Unionsbürger, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder die über kein Aufenthaltsrecht verfügen, im SGB II (und im SGB XII) von einem Anspruch auf Leistungen ausgeschlossen sind, sondern auch, dass nicht erwerbstätige ehemalige Arbeitnehmer, die die elterliche Sorge für Schüler während deren fortdauernder Ausbildung ausüben, unabhängig von einem Freizügigkeitsrecht nicht von den Leistungsausschlüssen nach § 7 Abs. 1 a. F. erfasst waren, obwohl ihr Aufenthaltsrecht nur aus der Freizügigkeitsverordnung, nicht aber der Freizügigkeitsrichtlinie hervorgeht. Das BSG hatte den Betroffenen außerdem unabhängig davon, zu welcher der im SGB II ausgeschlossenen Gruppen sie gehörten, Leistungen nach dem SGB XII im Ermessenswege zuerkannt. Diese Rechtsprechung kann auf das seit dem 29.12.2016 maßgebende Recht nicht übertragen werden, auch wenn die Bundesrepublik zum EFA einen Vorbehalt hinsichtlich des SGB XII nicht erklärt hat (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 14.3.2019, L 13 AS 43/19 B ER). Bei einem verfestigten Aufenthalt, den das BSG im Regelfall nach Ablauf einer Frist von 6 Monaten angenommen hat, soll das Ermessen demnach jedoch auf Null reduziert gewesen sein, sodass sich für die Betroffenen so gut wie immer ein Leistungsanspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger ergeben hat. Diese Entscheidungen des BSG hatten zu Mehrbelastungen bei den für die Leistungen nach dem SGB XII zuständigen kommunalen Trägern geführt. Durch das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe nach dem SGB II und dem SGB XII wurden die Leistungsausschlüsse in § 7 Abs. 1 ergänzt und darüber hinaus wurde durch Konkretisierung klargestellt, dass Personen ohne materielles Aufenthaltsrecht aus dem FreizügG/EU ebenso wie Personen, die sich mit einem Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, und auch Personen, die ihr Aufenthaltsrecht nur aus Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 ableiten, von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind. Für Personen, die als Arbeitnehmer, Selbstständige oder aufgrund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen, ergibt sich aus den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien zufolge keine Änderung, denn sie sind weiterhin (ergänzend) leistungsberechtigt. Zugleich hat der Gesetzgeber die Leistungsausschlüsse im SGB XII denjenigen im SGB II angepasst. Zusätzlich hat der Gesetzgeber im SGB XII einen Ansp...