Rz. 251
Partner ist nach Abs. 3 Nr. 3c auch, wer mit dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einem gemeinsamen Haushalt mit dem wechselseitigen Willen lebt, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Das sind typischerweise auch Personen, die in eheähnlicher Gemeinschaft oder nicht eingetragener gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaft leben. Mit dieser Regelung wird ein Schutz des Staates dahin bezweckt, dass für ihn unbillige Folgen in Form von Leistungszahlungen aus Steuermitteln in Fällen vermieden werden sollen, in denen sich der Leistungsberechtigte in eine alternative Bedarfs- bzw. Solidargemeinschaft begeben hat. Dieser Sachverhalt wird mitunter von der Ausgangssituation her mit der Verwirkung von Unterhalt des geschiedenen Ehegatten durch Eingehen einer (neuen) eheähnlichen Gemeinschaft als verfestigte Lebensgemeinschaft (§ 1579 Nr. 2 BGB) verglichen. Dagegen sind verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht worden. Partner in eheähnlicher Gemeinschaft seien einander nicht zum Unterhalt verpflichtet; das Grundgesetz kenne nur Ehe und Familie als besondere Lebensgemeinschaft. Im Bürgerlichen Gesetzbuch gebe es nur eine Unterhaltspflicht von Ehepartnern und Verwandten. Der Lebensgefährte eines Beziehers von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II sei weder diesem noch einer Behörde gegenüber zur Auskunft über sein Einkommen und Vermögen verpflichtet. Das BVerfG hat allerdings bereits zu § 137 Abs. 2a AFG entschieden, dass die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen des Partners in eheähnlicher Gemeinschaft bei verfassungskonformer Auslegung nicht rechtswidrig, sondern mit dem GG vereinbar sei (BVerfG, Urteil v. 17.11.1992, 1 BvL 8/87). Das sei der Fall, wenn eine eheähnliche Gemeinschaft nur angenommen werde, wenn zwischen den Partnern so enge Bindungen bestünden, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden könne, also eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorliege. Damit ist das BVerfG dem Argument entgegengetreten, die Partner in eheähnlicher Gemeinschaft würden durch ihre Gleichstellung mit Ehen benachteiligt. Partner in eheähnlicher Gemeinschaft kommen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vor allem bei Jugendlichen in der vorehelichen Zeit, aber unabhängig vom Alter auch in einem neuen Lebensabschnitt nach einer Scheidung vom Ehegatten vor. Den Begriff der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft hat der Gesetzgeber in Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c etabliert.
Rz. 252
Daneben hatte sich in der Verwaltungspraxis der Grundsicherung für Arbeitsuchende gezeigt, dass nicht eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gegenüber allen anderen Partnerschaften begünstigt wurden, weil nur bei ihnen Einkommen und Vermögen unberücksichtigt blieb. Folgerichtig werden nunmehr solche Partnerschaften von dem Begriff der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft erfasst. Auf die Form der Partnerschaft kommt es letztlich nicht mehr an.
Rz. 252a
Bei Verheirateten oder verpartnerten Personen oder Personen, die in einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft leben, fehlt es i. d. R. an einer gemeinsamen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft und einem umfassenden Wirtschaften aus einem Topf, wenn ein Partner glaubhaft und auf nicht absehbare Zeit noch in der Ukraine ist. In diesem Fall ist diese Person bei der Bildung der Bedarfsgemeinschaft durch die Jobcenter nicht einzubeziehen und es ist die Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren. Kinder des in der Ukraine verbliebenen Partners sind dementsprechend nicht der Bedarfsgemeinschaft zuzuordnen und auf Ansprüche nach dem SGB XII zu verweisen.
Ist der Ehemann zunächst mit seiner Familie nach Deutschland gekommen und Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, reist aber dann in die Ukraine aus, um seinen "Kriegsdienst" abzuleisten, hält er sich den Weisungen für die Jobcenter zufolge in der Ukraine "bis auf Weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs auf und begründet somit dort den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse; es fehlt an einem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland (Abs. 1 Satz 1 Nr. 4). Der Ehemann ist ab dem Tag seiner tatsächlichen Ausreise in die Ukraine kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mehr und hat keinen Anspruch mehr auf Leistungen nach dem SGB II. Da bei einer Ausreise während des laufenden Monats davon auszugehen ist, dass die SGB II-Leistungen bereits verbraucht sind, ist für den Zeitpunkt der Aufhebung nicht das tatsächliche Ausreisedatum, sondern der Monatserste des darauffolgenden Monats entscheidend.
Rz. 253
Von einer Einstehensgemeinschaft i. S. d. Abs. 3 Nr. 3c ist nicht bei Geschwistern oder anderen zusammenlebenden Verwandten auszugehen. Sie kann auch dann vorliegen, wenn einer oder beide Partner selbst noch verheiratet sind. Muss das Jobcenter feststellen, ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorliegt, genügt es nicht, lediglich nach einem Partner zu fragen. Eine solche Frage verlangt dem Antragsteller eine rechtliche We...