Rz. 281
Abs. 3 Nr. 4 erfasst
- unverheiratete, noch nicht 25 Jahre alte Kinder des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners,
- unverheiratete, mindestens 15, aber noch nicht 25 Jahre alte erwerbsfähige Kinder nicht erwerbsfähiger Hilfebedürftiger oder deren Partner im gemeinsamen Haushalt,
- unverheiratete, noch nicht 25 Jahre alte nicht erwerbsfähige Kinder eines nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten oder dessen Partner, wenn dem Haushalt auch ein unverheiratetes, mindestens 15, aber noch nicht 25 Jahre altes erwerbsfähiges Kind eines nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten oder dessen Partner angehört.
Rz. 282
Bei Kindern ist darauf zu achten, dass sie zur Bedarfsgemeinschaft der Eltern gehören können, aber auch, abgesehen von den Fällen des Abs. 2 Satz 3, selbst eine Bedarfsgemeinschaft bilden können. Daraus entstehen Konkurrenzsituationen, wenn das Kind im Haushalt der Eltern mit eigenem Kind oder einem Partner in Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft lebt. Schon Abs. 3 Nr. 2 setzt nicht voraus, dass ausschließlich das unverheiratete Kind unter 25 Jahren erwerbsfähig ist. Die in Abs. 3 Nr. 1 bis 4 beschriebenen Personengruppen sind nur abstrakt definiert und nicht in der Weise trennscharf voneinander abgegrenzt, dass sich konkrete Personen immer nur einer Personengruppe zuordnen lassen (BSG, Urteil v. 17.7.2014, B 14 AS 54/13 R). Zur Bedarfsgemeinschaft der Eltern gehören unverheiratete Kinder unter 25 Jahren z. B. nicht mehr (außer bei Erreichen dieses Alters oder bei Hochzeit), wenn das Kind mit einem erwerbsfähigen Partner im Haushalt der erwerbsfähigen Eltern lebt oder als erwerbsfähiges Kind selbst ein Kind hat oder das Kind seinen Lebensunterhalt selbst aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten kann. Die Bildung eigener Bedarfsgemeinschaften schließt die Berücksichtigung von Einkommen aus einer anderen Bedarfsgemeinschaft nicht aus (vgl. die Unterhaltsvermutung nach § 9 Abs. 5). Ein Kind kann stets (zeitgleich) nur einer Bedarfsgemeinschaft angehören. Bei sog. temporären Bedarfsgemeinschaften mit Umgangsrecht eines Elternteils kann eine andere Betrachtung geboten sein. Die Jobcenter ordnen zwischenzeitlich Kinder bei temporären Bedarfsgemeinschaften beiden Elternteilen zu; allein daraus werden noch keine Leistungsansprüche begründet.
Rz. 283
Nur diese Auslegung löst im Übrigen die Konkurrenz zwischen der elterlichen Bedarfsgemeinschaft und der eigenen Bedarfsgemeinschaft auf. Eine Person kann unabhängig von abstrakt vorhandenen Möglichkeiten jedenfalls zeitgleich für die Leistungsgewährung nur einer Bedarfsgemeinschaft angehören; die Höhe der Leistung für den Regelbedarf ist an die Bedarfsgemeinschaft geknüpft. Die Einbeziehung volljähriger Kinder in die Bedarfsgemeinschaft ihres leiblichen Elternteils und dessen Partner (und die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen des Stiefelternteils bei der Bestimmung der Hilfebedürftigkeit des Kindes) hält das BSG für verfassungsgemäß (BSG, Urteil v. 14.3.2012, B 14 AS 17/11 R, mangels Beschwer hat das BVerfG eine Verfassungsbeschwerde nicht angenommen). Dieses Urteil enthält auch die Maßstäbe zur Haushaltszugehörigkeit volljähriger Kinder i. S. d. Abs. 3 Nr. 4 (vgl. BSG, Beschluss v. 7.8.2014, B 14 AS 101/14 B, unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG v. 14.3.2012, B 14 AS 17/11 R). Die Bedarfsgemeinschaft zwischen einem volljährigen Kind und seinem leiblichen Elternteil setze das Bestehen einer Familiengemeinschaft voraus, die eine Schnittstelle von Merkmalen örtlicher, materieller und immaterieller Art darstelle. Relevant sind die Familienwohnung, Vorsorge/Unterhalt sowie Zuwendung/Fürsorge und die Existenz eines familienähnlichen Bandes. Eine lediglich räumliche Verbindung i. S. von Anwesenheitsduldung genüge dagegen nicht. Die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft nach Abs. 3 Nr. 4 erfordert keinen Einstehenswillen seitens der Eltern wie bei Partnern (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 21.10.2010, L 7 AS 113/10). Aus der Weigerung der Eltern, ihr Kind finanziell zu unterstützen, folgt keine Aufhebung der bestehenden Bedarfsgemeinschaft. Für das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft eines erwachsenen Kindes im Verhältnis zu seinen Eltern ist die Haushaltszugehörigkeit entscheidend. Bei einem Stiefkind im Haushalt bedarf es keiner weitergehenden Prüfung der familienhaften Beziehungen, solange nicht von einer Zerrüttung der Bedarfsgemeinschaft i. S. einer Auflösung des gemeinsamen Haushalts ausgegangen werden kann (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 28.8.2014, L 7 AS 1333/14 B ER). Ein Konflikt zwischen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft, der in der ernsthaften Weigerung mündet, erwachsene Kinder materiell oder immateriell zu unterstützen, berechtigt die Kinder und Eltern zur folgenlosen Auflösung des gemeinsamen Haushalts (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 12.9.2016, L 25 AS 3137/16 B ER).
Rz. 284
Sind Konkurrenzsituationen aufzulösen, muss darauf geachtet werden, dass nicht ohne Notwendigkeit unterschiedliche Träger zuständig wer...