Rz. 3
Der Sofortzuschlag nach dem SGB II als zusätzliche Leistung dient nicht der Deckung eines konkreten Bedarfs. Die zum Existenzminimum gehörenden Bedarfe werden nach der Gesetzesbegründung bereits durch die geltenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gedeckt. Bis zur Einführung einer Kindergrundsicherung soll der Sofortzuschlag die erforderlichen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts um einen zusätzlichen Betrag ergänzen, der unabhängig von der geltenden Höhe der Regelbedarfe oder anderer Bedarfe erbracht wird.
Rz. 4
Im Rahmen der Prüfung der Einführung einer Kindergrundsicherung soll eine Neudefinition des soziokulturellen Existenzminimums von Kindern und Jugendlichen erfolgen. Dies beinhaltet der Gesetzesbegründung zufolge die Prüfung sämtlicher Bestandteile des soziokulturellen Existenzminimums einschließlich der Regelbedarfe und ihrer Ermittlung. In der Grundsicherung für Arbeitsuchende kommt der Sofortzuschlag demnach zum einen Kindern zugute, die in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern oder Elternteilen leben und einen eigenen Anspruch auf Bürgergeld haben. In diesen Fällen erhalten sie die Leistung unter Berücksichtigung der Regelbedarfsstufe 3, 4, 5 oder 6.
Rz. 5
Außerdem wird der Zuschlag gezahlt, wenn Anspruch auf zumindest eine konkrete Bildungs- und Teilhabeleistung besteht. Denn in diesem Fall ist das Kind ebenfalls hilfebedürftig im Sinne der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Der Sofortzuschlag wird zusätzlich zu dem im jeweiligen Einzelfall bewilligten Bürgergeld und ggf. der konkreten Bildungs- und Teilhabeleistung gewährt. Hat das Kind nur Anspruch auf eine Bildungs- und Teilhabeleistung, wird der Sofortzuschlag zusätzlich zu dieser Leistung gewährt. Die Feststellung, dass ein Kind Leistungen des Bildungspakets dem Grunde nach beanspruchen könnte, reicht noch nicht aus; es muss eine konkrete Bildungs- oder Teilhabeleistung bewilligt worden sein. In diesen Fällen stellt das Jobcenter von Amts wegen fest, ob in dem Bewilligungszeitraum für die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Eltern für das Kind Leistungen für Bildung und Teilhabe erbracht worden sind und bewilligt entsprechend den Sofortzuschlag. Der Sofortzuschlag kommt darüber hinaus im SGB II unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres zugute, die mit ihren leistungsbeziehenden Eltern oder Elternteilen und ggf. deren Partnern zwar in einem Haushalt leben, aber keinen eigenen Anspruch auf Bürgergeld oder eine Bildungs- und Teilhabeleistung haben und daher nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sind. Voraussetzung für einen Anspruch auf den Sofortzuschlag ist in diesen Fällen, dass die Kinder nur deswegen keine der genannten Leistungen erhalten, weil bei ihnen im Rahmen der Hilfebedürftigkeitsprüfung Kindergeld als Einkommen berücksichtigt wurde (vgl. BT-Drs. 20/1411). Denn es widerspräche demnach dem Zweck des Sofortzuschlags, wenn die besonderen Modalitäten der Einkommensberücksichtigung beim Kindergeld (§ 11 Abs. 1 Satz 5) dazu führen würden, dass Kinder mit leistungsbeziehenden Eltern vom Sofortzuschlag ausgeschlossen wären, obwohl sich die finanzielle Situation der Familie im Ganzen hierdurch nicht ändert. Auch diese Kinder wären ohne Berücksichtigung des Kindergeldes leistungsberechtigt.
Rz. 6
Etwas anderes soll nach der Gesetzesbegründung gelten, wenn die Eltern zwar Leistungen beziehen, das Kind aber selbst bei Nichtberücksichtigung des Kindergeldes keinen eigenen Anspruch auf eine der genannten Leistungen hätte (z. B. wegen ausreichenden anderen Einkommens oder Vermögens).
Rz. 7
Der Sofortzuschlag wird ab Juli 2022 für jeden Monat erbracht, in dem die genannten Voraussetzungen vorliegen. Wird die bewilligte Grundleistung materiell-rechtlich rückwirkend geändert oder wird sie zurückgenommen, widerrufen oder anderweitig aufgehoben, erfolgt keine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung des Sofortzuschlages. Dies gilt auch, wenn sich aufgrund einer abschließenden Entscheidung nach § 41a Abs. 3 kein Anspruch auf Bürgergeld oder eine Leistung für Bildung und Teilhabe ergibt.
Rz. 8
Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung des Sofortzuschlages nicht mehr vor, ist die Bewilligung daher nur mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. § 72 Abs. 2 dient zum einen der Verwaltungsvereinfachung. Die Regelung soll zudem Rechtssicherheit dafür bieten, dass der gewährte zusätzliche Betrag für die Chancenverbesserung der Kinder eingesetzt werden kann, ohne ggf. bei einer späteren Korrektur der Grundleistung eine Rückforderung befürchten zu müssen. Der Anspruch auf den Sofortzuschlag kann nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden; nur Abtretung und Übertragung nach § 53 Abs. 2 SGB I sind möglich (Abs. 3). Die Regelung bewirkt, dass der Sofortzuschlag den Kindern bzw. der Familie erhalten bleibt und ihnen tatsächlich zugute kommt.