Rz. 16b
Ohne besondere Erlaubnis dürfen Bürger und deren Familienangehörige der Europäischen Union (Art. 39 EGV und VO EWG 1612/68, nicht jedoch der neuen Beitrittsstaaten, solange eine Übergangsregelung gilt, die von der Bundesregierung in Anspruch genommen wird) und des Europäischen Wirtschaftsraums sowie der Schweiz in der Bundesrepublik Deutschland eine Beschäftigung aufnehmen. Begünstigt sind danach auch Bürger aus Malta und Zypern sowie aus Island, Liechtenstein und Norwegen. Dasselbe gilt für anerkannte Flüchtlinge.
Rz. 16c
Das SGB II enthält keine Regelung, die diejenigen Bürger der Europäischen Union, die zum Zwecke der Inanspruchnahme der Grundsicherung nach Deutschland einreisen, vom Leistungsbezug ausschließt (vgl. zur Sozialhilfe § 23 Abs. 3 SGB XII). Eine solche Regelung wäre mit dem Freizügigkeitsgedanken für Arbeitnehmer auch unvereinbar. Neben den übrigen Anspruchsvoraussetzungen wird es insbesondere darauf ankommen, dass der eingereiste Ausländer darstellen kann, dass er seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland und damit seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Die Neuregelung des § 7 Abs. 1 Satz 4 gilt unabhängig von dem Beitrittstermin des jeweiligen Staates, dem der Antragsteller angehört.
Rz. 16d
Das FreizügigkeitsG-EU bestimmt Freizügigkeit für Arbeitnehmer zur Arbeitsuche, zur Berufsausbildung, bei entsprechender Berechtigung zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit oder zur Erbringung von Dienstleistungen. Sind die Arbeitnehmer nicht erwerbstätig, unterfallen sie nur dann der Freizügigkeit, wenn sie über ausreichende Mittel zur Bestreitung ihrer Existenz und einen Krankenversicherungsschutz verfügen. Daran kann das Aufenthaltsrecht scheitern. Ausreichende Mittel sind in Anlehnung an den BAföG-Förderungshöchstsatz anzunehmen. Anpassungen des Höchstsatzes erfolgen durch gesondertes Gesetz und sind zu berücksichtigen.
Rz. 16e
Unionsbürger erhalten auch bei einem Aufenthalt von mehr als 3 Monaten keine deklaratorische Bescheinigung nach § 5 FreizügigkeitsG-EU mehr. Damit ist der unbeschränkte Arbeitsmarktzugang zwar nicht mehr in dieser Form dokumentiert, aber gleichwohl faktisch vorhanden. Früher konnte die Bescheinigung in den ersten 5 Jahren des Aufenthaltes wieder eingezogen werden, wenn die Voraussetzungen für die Freizügigkeit entfallen sind. Bis dahin bestand die Möglichkeit des Arbeitsmarktzugangs fort.
Rz. 16f
Nach 5 Jahren ständigen rechtmäßigen Aufenthalts kommt es auf das weitere Vorliegen der Freizügigkeitsvoraussetzungen nicht mehr an. Das gilt für die Unionsbürger, ihre Ehegatten bzw. Lebenspartner sowie die unterhaltsberechtigten Kinder ab 16 Jahre. Bei jüngeren Kindern ist der rechtmäßige Aufenthalt eines Erziehungsberechtigten erforderlich. Das stimmt mit der Neuregelung des Ausschlusses von den Leistungen nach § 7 Abs. 1 Satz 4 überein.