0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist als § 175a durch Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung v. 24.4.2006 (BGBl. I S. 926) zum 1.4.2006 in das SGB III eingefügt worden. Durch die zum 1.4.2006 erfolgte Änderung ist das bis dorthin geltende System der Winterbauförderung abgelöst worden (§ 212 bis 214a a. F.). § 175a a. F. ist zuletzt durch Art. 2 Nr. 18 des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) zum 1.4.2012 in § 102 überführt worden. Dabei sind die ehemals in den Vorschriften der §§ 169 ff. enthaltenen Regelungen zum Kurzarbeitergeld (Kug) nun in die §§ 95 ff. überführt worden, ohne dass es dabei zu wesentlichen Änderungen gekommen wäre (vgl. BT-Drs. 17/6277, Begründung zu Art. 2 Nr. 18 S. 102).
1 Allgemeines
Rz. 2
Nach der Gesetzesbegründung vervollständigen die in § 102 a. F. aufgeführten ergänzenden Leistungen das System zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung. Voraussetzung für die Gewährung dieser Leistungen an Arbeitnehmer eines bestimmten Wirtschaftszweiges ist die Einführung einer Umlage in diesem Wirtschaftszweig. Während durch das Zuschuss-Wintergeld (Abs. 2) ein Anreiz zur stärkeren Nutzung von Arbeitszeitkonten geschaffen wird, dient das Mehraufwands-Wintergeld (Abs. 3) dem Ausgleich witterungsbedingter Mehraufwendungen (BT-Drs. 16/429 S. 14 f.).
Rz. 3
Die Vorschrift enthält die Grundsätze, die für die Gewährung der ergänzenden Leistungen und deren Höhe gelten. Nach Abs. 1 haben Arbeitnehmer Anspruch auf Wintergeld als Zuschuss-Wintergeld und Mehraufwands-Wintergeld. Arbeitgeber haben Anspruch auf Erstattung der von ihnen zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung, soweit für diese Zwecke Mittel durch eine Umlage erbracht werden. Konkretisiert werden die ergänzenden Leistungen durch die Winterbeschäftigungs-Verordnung v. 26.4.2006 (BGBl. I S. 1086) i. d. F. v.19.3.2007.
Rz. 4
Abs. 2 soll als Anreiz zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kug dienen. In Abs. 3 ist das Mehraufwands-Wintergeld geregelt. Mit diesem Instrument ist ein Anreiz für die Arbeitnehmer geschaffen worden, damit sie Winterbauarbeit aufnehmen bzw. fortzusetzen.
2 Rechtspraxis
2.1 Leistungen (Abs. 1)
Rz. 5
Nach Abs. 1 haben Arbeitnehmer Anspruch auf Wintergeld als Zuschuss-Wintergeld und Mehraufwands-Wintergeld und Arbeitgeber haben Anspruch auf Erstattung der von ihnen zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung, soweit für diese Zwecke Mittel durch eine Umlage erbracht werden. Diese Leistungen sind – anders als das Saison-Kug – nicht an das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses geknüpft. Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach § 102 ist, dass die betreffenden Arbeitnehmer in einem umlagepflichtigen Betrieb beschäftigt sind und Arbeitgeber und Arbeitnehmer umlagepflichtig sind. Aus der Formulierung "... durch eine Umlage aufgebracht werden" wird in der Literatur zum Teil gefolgert, dass entscheidend allein sei, dass der Betrieb und der Arbeitnehmer umlagepflichtig seien. Die tatsächliche Erhebung einer Umlage sei nicht Tatbestandsvoraussetzung (Bieback, in: Gagel, SGB III, § 102 Rz. 11 m. w. N.).
Rz. 6
Anspruchsberechtigt auf die ergänzenden Leistungen sind nur die gewerblichen Arbeitnehmer, vgl. § 1 Abs. 1 WinterbeschV. Angestellte oder Poliere sowie Auszubildende haben keinen Anspruch auf ergänzende Leistungen (Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit zu § 102 SGB III, Stand: 06/2013). Werkpoliere (§ 5 BRTV-Bau, Lohngruppe 6) sind als gewerbliche Arbeitnehmer anzusehen.
2.2 Zuschuss-Wintergeld (Abs. 2)
Rz. 7
Voraussetzung für das Zuschuss-Wintergeld nach Abs. 2 ist, dass in dem betreffenden Wirtschaftszweig eine Umlage eingeführt wurde, mit der die Leistung finanziert wird (Krodel, in: Niesel, SGB III, § 102 Rz. 3). Zuschuss-Wintergeld wird nach Abs. 2 in Höhe von bis zu 2,50 EUR je ausgefallener Arbeitsstunden gewährt, wenn zu deren Ausgleich Arbeitszeitguthaben aufgelöst und die Inanspruchnahme des Saison-Kug vermieden wird. Hintergrund dieser Regelung ist die Schaffung eines finanziellen Anreizes zur Auflösung von Arbeitszeitkonten zur Vermeidung des Bezugs von Saison-Kug. Das Zuschuss-Wintergeld setzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung voraus (Krodel, in: Niesel, SGB III, § 102 Rz. 12). Geringfügig Beschäftigte sind vom Zuschuss-Wintergeld ausgeschlossen, weil sie nicht der Arbeitslosenpflicht unterliegen. Sie können durch die Auflösung von Arbeitszeitguthaben die Inanspruchnahme von Saison-Kug nicht verhindern.
Rz. 8
Auszubildende sind nicht vom Bezug von Zuschuss-Wintergeld ausgeschlossen, da sie neben der Ausbildung auch Arbeit leisten (Krodel, in: Niesel, SGB III, § 102 Rz. 15). Gleiches gilt für freigestellte Betriebsratsmitglieder, wenn sie eigentlich auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz tätig sind.
Rz. 9
Voraussetzung für die Gewährung des Zuschuss-Wintergeldes ist, dass der geförderte Arbeitnehmer an sich die Voraussetzungen des Saison-Kug erfüllt (Bieback, in: BeckOK SGB III, § 102 Rz. 2). Kein Anspruch auf Zuschuss-Wintergeld besteht in den Fällen, in denen ein Anspruch auf Kran...