Rz. 6
Abs. 3 enthält den Partizipationsgedanken. Profitiert der selbst weder streikende noch ausgesperrte Arbeitnehmer von dem Ergebnis des Arbeitskampfes, weil es auf ihn Anwendung finden wird, würde durch die Gewährung von Alg in den Arbeitskampf eingegriffen. Der Arbeitnehmer hätte in diesem Fall keinen Grund, auf eine Beendigung des Arbeitskampfes hinzuwirken. Ob der Arbeitnehmer nach Abs. 3 der betroffenen Gewerkschaft überhaupt angehört, ist unerheblich. Die streikenden bzw. ausgesperrten Arbeitnehmer führen den Arbeitskampf stellvertretend auch für ihn. Dementsprechend ruht der Anspruch nur, wenn die Arbeitsbedingungen, um die der Arbeitskampf geführt wird, auch für ihn gelten bzw. anzuwenden sein werden (Abs. 3 Satz 3). Nur dann ist es gerechtfertigt, einen Anspruch zum Ruhen zu bringen, den der Arbeitnehmer selbst mit eigenen Beitragsmitteln erworben hat. Arbeitnehmer können Arbeitsentgeltansprüche wegen Rechtswidrigkeit des Arbeitskampfes vor dem Arbeitsgericht geltend machen, aber auch gegen einen die Zahlung von Alg ablehnenden Bescheid der Agentur für Arbeit (nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens) Klage vor dem Sozialgericht erheben. Umgekehrt werden die Arbeitgeber mit steigenden wirtschaftlichen Belastungen durch Fernwirkung die kampfbetroffenen Arbeitgeber und deren Verbände zum Einlenken bewegen.
Rz. 7
Abs. 3 fordert einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Arbeitskampf und der Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers für den gesamten Ruhenszeitraum. Hätte das Arbeitsverhältnis während des noch andauernden Arbeitskampfes aus anderen Gründen geendet, liegt ab diesem Zeitpunkt auch kein Ruhenstatbestand des § 160 mehr vor (z. B. Ablauf einer befristeten Beschäftigung, ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers aus sonstigen Gründen). Die Beweispflicht für den Kausalzusammenhang trägt die Bundesagentur für Arbeit. Im Übrigen ist zu beachten, dass Arbeitskampfmaßnahmen der Arbeitgeberseite möglicherweise den Lohnanspruch des Arbeitnehmers nicht entfallen lassen, so dass eine Gleichwohlgewährung nach § 157 in Betracht kommt. Insgesamt wird vertreten, dass für die Beurteilung der Ursächlichkeit die Lehre von der wesentlichen Bedingung anzuwenden ist.
Rz. 8
Fernwirkung eines Arbeitskampfes löst den Verlust des Vergütungs- und Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers aus, der nicht mehr beschäftigt werden kann, weil die Fortführung des Betriebes insoweit unmöglich oder unzumutbar geworden ist.
Rz. 9
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 bestimmt die Voraussetzungen für das Ruhen. Satz 1 Nr. 1 enthält den Gedanken der persönlichen Partizipation, weil der mittelbar betroffene Arbeitnehmer in einem Betrieb beschäftigt ist, der sowohl zum räumlichen als auch zum fachlichen Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrags gehört. Entscheidend hierfür sind die Arbeitsvertragsbestimmungen, nicht der Arbeitsort des Arbeitnehmers. Beschäftigungsbetrieb ist daher der Betrieb, dessen Inhaber der aktuelle Arbeitgeber des Arbeitnehmers ist. Ein Ruhen ist in diesen Fällen gleichwohl nur möglich, wenn die umkämpften und geforderten Arbeitsbedingungen nach Abschluss eines entsprechenden Tarifvertrags für den Arbeitnehmer gelten oder auf ihn angewendet würden (Abs. 3 Satz 3). Damit ist gewährleistet, dass Arbeitnehmer nicht vom Alg ausgeschlossen werden, weil sie von den Arbeitskampfzielen und -ergebnissen nicht profitieren werden. Maßgebend sind die von den Tarifvertragsparteien selbst vereinbarten Grenzen für den räumlichen bzw. fachlichen Bereich. Diese werden z. B. bei Firmentarifverträgen abweichen. Vom räumlichen Geltungsbereich eines Flächentarifvertrages werden Haustarifverträge nicht erfasst. Für die Zugehörigkeit zum fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages hängt es nicht ab, ob der Betrieb tarifgebunden ist. Es spielt auch keine Rolle, ob der Betrieb dem jeweiligen Arbeitgeberverband als Mitglied angehört. Bei Berufsgruppengewerkschaften können mittelbar betroffene Arbeitnehmer nur diejenigen der Berufsgruppe sein, vorausgesetzt, der relevante Tarifvertrag erfasst nur Mitglieder dieser Berufsgruppe.
Rz. 9a
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b kann nur angewandt werden, wenn ein entsprechender Beschluss des Neutralitätsausschusses, ggf. des BSG vorliegt. Weder eine Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit noch die übrigen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit dürfen die Voraussetzungen für die Anwendung der Regelung eigenständig prüfen. Das gilt auch in allen Fällen, in denen die Voraussetzungen nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b ersichtlich nicht vorliegen, weil z. B. für einen nicht gekündigten Tarifvertrag keine Forderung für den mittelbar betroffenen Betrieb erhoben ist. Der aktuelle Verfahrensstand im Neutralitätsausschuss oder vor dem BSG ist unerheblich. Bei Untätigkeit des Neutralitätsausschusses kann Untätigkeitsklage erhoben oder Antrag auf einstweilige Anordnung beim BSG gestellt werden. Ohne eine Entscheidung des Neutralitätsausschusses kann gleichwohl nicht über ein Ruhen nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 entsc...