Rz. 1a
Die Vorschrift eröffnet den Agenturen für Arbeit die Möglichkeit, die Zahlung laufender Leistungen vorläufig zu beenden und dadurch möglicherweise Überzahlungen zu vermeiden oder zu begrenzen, wenn sie von Tatsachen erfahren, bei deren Vorliegen eine Zahlung oder Weiterzahlung der Leistung nicht rechtmäßig wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt z. B. nicht vor, wenn das Ergebnis einer noch durchzuführenden Bedürftigkeitsprüfung aussteht. Damit wird den Agenturen für Arbeit auch ein Instrument an die Hand gegeben, das sie zum Erreichen einer zügigen Mitwirkung des Betroffenen einsetzen können. Die Agenturen für Arbeit klagen wie die Jobcenter aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende häufiger darüber, dass es vor allem an Mitwirkungshandlungen von Arbeitslosen fehlt, die ohnehin nur erschwert wieder in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung integriert werden können. Andererseits verbleibt der Behörde nur eine begrenzte Zeit, um das Verwaltungsverfahren insoweit fortzuführen und abzuschließen. Die Vorschrift darf auch angewendet werden, wenn ein Anspruch nicht unmittelbar aus dem SGB III resultiert, aber aus einem auf das SGB III verweisenden Gesetz (z. B. dem Entwicklungshelfergesetz). Die Vorschrift gilt gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB II auch für die Grundsicherung für Arbeitsuchende, dort werden die Träger und damit ihre Jobcenter nach § 6d SGB II auch zu einer teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, durch die ein geringerer Leistungsanspruch im Raum steht.
Rz. 1b
Abs. 1 enthält die Ermächtigung zur Beendigung der Zahlung ohne Erteilung eines Bescheides, wenn der bewilligende Bescheid aufgrund von bekanntgewordenen Tatsachen auch für die Vergangenheit aufzuheben wäre (§§ 45, 48 SGB X). Haben die Agenturen für Arbeit die relevanten Tatsachen nicht von dem Leistungsempfänger selbst erfahren, ist dieser umgehend über die vorläufige Zahlungseinstellung mit den maßgebenden Gründen zu benachrichtigen und in das Verwaltungsverfahren einzubinden. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Mitteilung von einer Behörde, Einrichtung oder einer Privatperson stammt, sie könnte sogar anonym eingegangen sein. Entscheidend ist vielmehr, dass die relevante Mitteilung Tatsachen enthält, aus denen die Agentur für Arbeit auf einen Fall nach Abs. 1 schließen kann. Das setzt voraus, dass die Anspruchsvoraussetzungen oder die Voraussetzungen für die Zahlbarmachung einer Leistung nach dem SGB III ganz oder teilweise entfallen wären. Insbesondere muss dem Leistungsempfänger Gelegenheit gegeben werden, den tatsächlichen Sachverhalt aufzuklären und darzulegen, um eine Weiterzahlung zu erreichen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass dies nicht erforderlich ist, wenn der Leistungsempfänger selbst die Mitteilung abgesandt hat. Das ist schlüssig, schließt aber Fälle nicht aus, in denen der Leistungsempfänger mit einer vorläufigen Zahlungseinstellung nicht rechnet. Durch die Änderungen in Abs. 1 zum 1.1.2013 sollten nach den Gesetzesmaterialien lediglich redaktionelle Unrichtigkeiten korrigiert werden.
Rz. 1c
Abs. 2 begrenzt die vorläufige Zahlungseinstellung auf 2 Monate. Darf die Agentur für Arbeit innerhalb dieser Frist den Bewilligungsbescheid nicht aufheben, weil die dafür maßgebenden Voraussetzungen nicht vorliegen, oder hat sie trotz Vorliegen der Voraussetzungen hierfür die vorgesehene Frist nicht genutzt, muss sie die vorläufige Zahlungseinstellung beenden und die Leistung unverzüglich nachzahlen.