Rz. 7
Die Vorschrift fokussiert auf die älteren Arbeitnehmer, die bereits vor dem 1.1.2008 einen Anspruch auf Alg erworben haben und deshalb von der Verlängerung der Anspruchsdauer nach § 127 Abs. 2 nicht profitieren können. Die Regelung verfolgt das Ziel, diesen Personenkreis pauschal an der Begünstigung durch die Neuregelung zu beteiligen.
Rz. 8
Die Vorschrift sieht eine pauschale Erhöhung der Anspruchsdauer auf Alg vor. Mindestens 50 Jahre alte Arbeitnehmer kommen in den Genuss einer verlängerten Anspruchsdauer von 15 Monaten (Verlängerung um 3 Monate) und mindestens 58 Jahre alten Arbeitnehmern wird eine verlängerte Anspruchsdauer von 24 Monaten zugestanden (Verlängerung um 6 Monate). Einer Übergangsregelung für mindestens 55 Jahre alte Arbeitnehmer bedurfte es nicht, diese können nach altem wie nach neuem Recht nur eine Höchstanspruchsdauer von 18 Monaten erwerben.
Rz. 8a
Das BSG hat entschieden, dass Betroffene durch die pauschale Erhöhung der Anspruchsdauer nicht in ihren Rechten verletzt werden (BSG, Urteil v. 14.9.2010, B 7 AL 23/09 R). Zugrunde lag eine Revision des Arbeitslosen. Ihm hätte, wenn er zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung, dem 1.2.2006 arbeitslos geworden wäre, ein Anspruch auf Alg mit einer Höchstanspruchsdauer von 26 Monaten zugestanden. Nach der Neuregelung unter Berücksichtigung des § 434r wurden ihm 24 Monate Anspruchsdauer zuerkannt.
Das BSG befand, dass der Kläger unter Berücksichtigung der Übergangsregelung lediglich eine Verkürzung um 2 Monate hinnehmen musste und er dadurch nicht in seinen Grundrechten verletzt wurde. Eine Verkürzung der Anspruchsdauer um 2 Monate verstoße weder gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot noch gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 GG.
Dabei könne dahinstehen, ob sich die eigentumsgeschützte Anwartschaft überhaupt auf die Dauer eines möglichen späteren Alg-Anspruchs erstrecke. Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz für eine Anwartschaft auf das Alg schließe deren Anpassung an veränderte Bedingungen des Arbeitsmarktes jedenfalls nicht aus.
Die Verkürzung der Anspruchsdauer auf Alg sollte im Hinblick auf die zu erwartende demographische Entwicklung der Tendenz zur Frühverrentung entgegenwirken. Dies sei ein sachlicher Grund für die Gesetzesänderung, die sich, soweit § 434r eingreife, im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen bewege.
Rz. 9
Die pauschale Begünstigung setzt voraus, dass die dem Lebensalter nach in Betracht kommenden Arbeitnehmer vor 2008 einen Anspruch auf Alg mit der nach dem bis 31.12.2007 maßgebenden Höchstanspruchsdauer ihrer Altersklasse erworben haben. Unerheblich ist nicht, nach welcher Rechtslage diese Höchstanspruchsdauer erworben wurde. Allerdings macht nur die gegenüber der aktuellen Rechtslage seit 2008 ungünstigere Höchstanspruchsdauer Sinn, die zuletzt bis zum 31.12.2007 maßgebend war. Hat der Arbeitnehmer also die Voraussetzungen dem Lebensalter nach erfüllt, aber nur eine Anspruchsdauer erworben, die die Höchstanspruchsdauer nach § 127 Abs. 2 nicht erreichte, kommt für ihn eine pauschale Erhöhung der Anspruchsdauer nicht in Betracht. Insoweit spiegelt sich in der Übergangsregelung das Versicherungsprinzip, denn in der geringeren Anspruchsdauer drückt sich auch eine geringe Versicherungspflichtzeit aus. Das LSG Schleswig-Holstein hat entscheiden, dass ein entstandener Höchstanspruch i. S. v. § 439 nicht vorliegt, wenn sich ein Alg-Anspruch bis zum 31.12.2007 um die Restdauer eines erloschenen Anspruches (seit 1.4.2012 § 147 Abs. 4) verlängert hat (Urteil v. 27.5.2011, L 3 AL 17/10, Leitsatz in NZS 2011, 918).
Rz. 10
Der vor 2008 erworbene Anspruch auf Alg darf am 1.1.2008 noch nicht erschöpft sein. Der Anspruch auf Alg wird nach Maßgabe des § 128 erschöpft, insbesondere durch vollständige Erfüllung. Der Anspruch ist erschöpft, wenn der letzte Tag der Anspruchsdauer am 31.12.2007 oder früher verbraucht worden ist.