0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch Art. 5, 10 des Gesetzes zur Einführung Unterstützter Beschäftigung v. 22.12.2008 (BGBl. I S. 2959) mit Wirkung zum 30.12.2008 als § 38a in das SGB IX eingefügt.
Mit dem Inkrafttreten von Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) zum 1.1.2018 wird § 38a nunmehr § 55. In Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 und in Abs. 6 Satz 3 wurden die Verweisungen auf andere Vorschriften des SGB IX infolge der im Rahmen des Artikels 1 des BTHG erfolgten Verschiebungen der Paragraphen in Teil 1 angepasst.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Bundesregierung hatte in ihrem Bericht über die Wirkungen der Instrumente zur Sicherung von Beschäftigung und zur betrieblichen Prävention v. 2.7.2007 (BT-Drs. 16/6044) festgestellt, "dass es für schwerbehinderte Menschen, deren Leistungsfähigkeit an der Grenze zur Werkstattbedürftigkeit liegt und die einen besonderen Unterstützungsbedarf haben, lediglich in den Integrationsprojekten eine bundesweit einheitliche Förderstruktur mit einem betrieblichen Ansatz gibt. In dem Bericht werden einzelne Modelle der sog. Unterstützten Beschäftigung dargestellt, die deutlich zeigen, dass betriebliche Maßnahmen zu hohen Eingliederungserfolgen führen, wenn die schwerbehinderten Menschen die dafür erforderliche individuelle und betrieblich orientierte Unterstützung bekommen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft daher, einen gesetzlichen Förderrahmen für unterstützte Beschäftigung zu schaffen."
Auf dieser Grundlage hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Sommer 2008 unter Mitwirkung der Länder und der Verbände behinderter Menschen ein Konzept für die bundesweite Einführung eines einheitlichen Förderrahmens für Unterstützte Beschäftigung vorgelegt.
Rz. 3
Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens:
- Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 8.8.2008 (BT-Drs. 543/08),
- Stellungnahme des Bundesrates 1. Durchgang (BT-Drs. 543/08, Beschluss),
- Gesetzentwurf der Bundesregierung mit Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates v. 7.10.2008 (BT-Drs. 16/10487),
- 1. Lesung im Deutschen Bundestag 16.10.2008,
- Öffentliche Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages am 5.11.2008, Protokoll Ausschussdrucksache 16/101,
- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales v. 12.11.2008 (BT-Drs. 16/10905),
- Verabschiedung des Gesetzentwurfs in der 187. Sitzung des Deutschen Bundestages am 13.11.2008 (Gesetzesbeschluss in der BT-Drs. 893/08 v. 28.11.2008),
- Zustimmung durch den Bundesrat am 19.12.2008,
- Ausfertigung des Gesetzes am 22.12.2008, Verkündung im BGBl. I Nr. 64 am 29.12.2008, Inkrafttreten am 30.12.2008.
Rz. 4
Der Fördertatbestand Unterstützte Beschäftigung besteht aus 2 Phasen,
- der individuellen betrieblichen Qualifizierung und
- der Berufsbegleitung.
Unterstützte Beschäftigung ist in der 1. Phase, der individuellen betrieblichen Qualifizierung eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach Teil 1 Kapitel 10 des SGB IX, mit der Einordnung in die Leistungen nach § 49, dort in Abs. 3 Nr. 3 rechtlich zugeordnet den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt; also ausdrücklich außerhalb von Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation (§ 51) und Werkstätten für behinderte Menschen (§§ 56 ff.).
Die sich in der 2. Phase anschließende Berufsbegleitung ist eine Leistung der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben.
2 Rechtspraxis
2.1 Phase der individuellen betrieblichen Qualifizierung
Rz. 5
Abs. 2 regelt die Leistung "individuelle betriebliche Qualifizierung" nach Inhalt und Dauer.
2.1.1 Ziel der individuellen betrieblichen Qualifizierung
Rz. 6
Die Vorschrift enthält nicht – wie bei einem neu eingeführten Fördertatbestand eigentlich erwartet werden könnte – eine Definition des Begriffs "Unterstützte Beschäftigung". In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BT-Drs. 16/10487) wird eine Unterstützte Beschäftigung als die individuelle betriebliche Qualifizierung und Berufsbegleitung behinderter Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf auf Arbeitsplätzen in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes bezeichnet.
Rz. 7
Satz 1 benennt das Ziel der Unterstützten Beschäftigung. Ziel ist es, behinderten Menschen mit einem besonderen Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Darunter wird die Begründung regulärer, tarifvertraglich oder ortsüblich entlohnter Beschäftigungsverhältnisse in Betrieben und Verwaltungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verstanden.
Rz. 8
Der Fördertatbestand Unterstützte Beschäftigung ist kritisiert worden, er setze die Praxis der Unterstützten Beschäftigung, wie sie an verschiedenen Orten bereits praktiziert werde und auf die die Bundesregierung in ihrem o. a. Bericht ausdrücklich Bezug nehme, nur teilweise um. Dort sei Unterstützte Beschäftigung nämlich nicht ausschließlich die Hinführung auf eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit Arbeitnehmerstatuts, sondern fördere auch die "bezahlte Arbeit", nämlich eine Eingliederung in Betriebe ohne ...