Rz. 15

Nach § 70 Abs. 1 Satz 1 ist die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, der Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld oder dem Übergangsgeld zugrunde liegt, nach einem Jahr anzupassen. Was man unter der "Berechnungsgrundlage" i. S. dieser Norm konkret versteht, hat der Gesetzgeber weder in § 70 noch in anderen Vorschriften definiert. Allgemein versteht man unter der Berechnungsgrundlage

  • beim Übergangsgeld das Ergebnis nach Anwendung von § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ist – also der Betrag, der mit dem in § 66 Abs. 1 Satz 3 festgeschriebenen Vomhundertsatz (75 %, 68 %) multipliziert wird (vgl. BSG, Urteil v. 31.10.2012, B 13 R 10/12 R, Rz. 54),
  • beim Krankengeld das Brutto-Krankengeld (Pkt. 9.2 des Gemeinsamen Rundschreibens v. 18./19.6.2019, a. a. O.); darunter versteht man das tägliche Krankengeld i. S. d. § 47 SGB V – also vor Abzug von Beiträgen zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung,
  • beim Verletztengeld das Brutto-Verletztengeld (= das tägliche Verletztengeld nach Anwendung des § 47 SGB VII),
  • beim Versorgungskrankengeld (ab 1.1.2024: Krankengeld der Sozialen Entschädigung; vgl. § 47 SGB XIV) das Brutto-Versorgungskrankengeld (= das tägliche Versorgungskrankengeld nach Anwendung des § 16a Abs. 1 BVG bzw. nach Anwendung des ab 1.1.2024 geltenden § 47 SGB XIV).

Zu beachten ist ferner, dass sich bei der Anpassung der Entgeltersatzleistungen Ruhens- und Kürzungstatbestände (z. B. § 72 SGB IX, § 49 Abs. 1 SGB V, § 50 Abs. 2 Satz 2 SGB V) nicht negativ auf die Höhe der Anpassung auswirken dürfen. Das bedeutet: Der Anpassungssatz ist von der ungekürzten Entgeltersatzleistung auszurechnen, und nach erfolgter Anpassung ist die Kürzung oder Anrechnung wieder vorzunehmen (vgl. auch Pkt. 9.2 des Gemeinsamen Rundschreibens v. 18./19.6.2019, a.a.O).

Eine Vergleichsberechnung mit dem Nettoarbeitsentgelt findet bei Arbeitnehmern im Rahmen der Anpassung nicht (mehr) statt.

Um die einzelnen Schritte zur Errechnung des angepassten Krankengeldes, Übergangsgeldes etc. zu verdeutlichen, ist nachstehend eine Reihenfolge der einzelnen Berechnungsaktivitäten aufgelistet. Die Reihenfolge beschreibt hier exemplarisch den Fall, in dem das Regelentgelt angepasst und daraus wieder der Zahlbetrag der Entgeltleistung errechnet wird:

 
Berechnungsschritt Aktivität
1 Ermittlung des Anpassungszeitpunktes (Rz. 5 ff.)
2 Ermittlung des beim Arbeitsunfähigen bzw. Rehabilitanden bisher zugrunde gelegten Regelentgeltes, begrenzt auf das für die entsprechende Entgeltersatzleistung zugrunde liegende Höchstregelentgelt. Ruhens- und Kürzungstatbestände mindern die Höhe der Bemessungsgrundlage bzw. des Ausgangswertes für die Anpassung nicht.
3

Multiplikation der Bemessungsgrundlage (auf das Höchstregelentgelt begrenzt) mit dem vom BMAS im Bundesanzeiger veröffentlichten Anpassungssatz (§ 70 Abs. 2 i. V. m. Abs. 4), sofern der Anpassungssatz einen Wert von 1,0000 übersteigt (§ 70 Abs. 3).

Hinweis: Erreicht der Anpassungssatz nicht den Wert von mehr als 1,0000, erfolgt keine Neuberechnung; die Schritte 4 und 5 werden dann nicht mehr durchgeführt.
4

Bei Arbeitsunfähigen/Rehabilitanden, die ein hohes Arbeitsentgelt bzw. ein hohes Arbeitseinkommen erzielt hatten, kann die Anpassung dazu führen, dass das für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltende Höchstregelentgelt des Anpassungsjahres überschritten wird. In diesen Fällen ist das angepasste Regelentgelt jeweils auf das zum Zeitpunkt der Anpassung geltende Höchstregelentgelt zu mindern. Die ggf. zum 1.1. eines Jahres eintretende Erhöhung des Höchstregelentgelts führt nicht zu einer Anpassung der Entgeltersatzleistung (BSG, Urteil v. 13.7.1977, 3 RK 22/76).

Deshalb: Vergleich des angepassten Regelentgeltes mit dem zum Zeitpunkt der Anpassung geltenden Höchstregelentgelt. Das sind bei Anpassungen im Jahr 2020:

  • beim Krankengeld: 156,25 EUR,
  • beim Übergangsgeld der knappschaftlichen Rentenversicherung: 281,67 EUR (Rechtskreis West) bzw. 263,33,00 EUR (Rechtskreis Ost),
  • beim Übergangsgeld der sonstigen Träger (mit Ausnahme der Unfallversicherung): 230,00 EUR (Rechtskreis West) bzw. 215,00 EUR (Rechtskreis Ost),
  • beim Versorgungskrankengeld: 230,00 EUR (Rechtskreis West) bzw. 215,00 EUR (Rechtskreis Ost),
  • beim Verletztengeld und beim Übergangsgeld der Unfallversicherung: hier existieren – abhängig vom zuständigen jeweiligen Unfallversicherungsträger – unterschiedliche, durch Satzung festgelegte Höchstregelentgelte.
(Einzelheiten: vgl. Komm. zu § 66). Das angepasste Regelentgelt ist bei Überschreiten des Höchstregelentgelts auf die Höhe des zum Zeitpunkt der Anpassung geltenden Höchstregelentgelts zu kürzen.
5

Man erhält

  • beim Krankengeld das angepasstes Brutto-Krankengeld (vor Abzug von Beiträgen),
  • beim Übergangsgeld den angepassten Betrag, der mit dem Prozentsatz, der sich aus der in § 67 geregelten Familienkomponente ergibt, zu multiplizieren ist und danach das angepasste Übergangsgeld (vor Abzug von Beiträgen) darstellt,
  • beim Verletztengeld das angepasste Brutto-Verletztengeld (vor Abzug von Beiträgen),
  • ...

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