rechtskräftig: ja
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörungsrüge. Substantiierungs- und Darlegungslast
Leitsatz (amtlich)
Zur Substantiierungs- und Darlegungslast bei einer Anhörungsrüge nach § 178 a SGG.
Normenkette
SGG § 178a; GG Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Beschluss vom 19.07.2006; Aktenzeichen L 7 B 267/06 R) |
SG Lübeck (Aktenzeichen S 21 RJ 269/03) |
Tenor
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 19. Juli 2006 in dem Verfahren L 7 B 267/06 R wird verworfen.
Tatbestand
I.
In einem Klageverfahren auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (S 21 RJ 269/03 Sozialgericht Lübeck) hat das Sozialgericht die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie B. mit der Erstellung eines Gutachtens zu dem Leistungsvermögen des Klägers beauftragt.
Der Kläger hat die Sachverständige wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Dieses Ablehnungsgesuch hat das Sozialgericht durch Beschluss vom 17. Mai 2006 mit näherer Begründung abgelehnt.
Gegen diesen Beschluss hat der Kläger am 15. Juni 2006 Beschwerde eingelegt (Verfahren L 7 B 267/06 R).
Diese Beschwerde hat der Senat durch Beschluss vom 19. Juli 2006 zurückgewiesen. Auf die den Verfahrenbeteiligten bekannten Gründe nimmt der Senat Bezug.
Der Beschluss ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21. Juli 2006 zugestellt worden.
Der Kläger hat über seine Prozessbevollmächtigte am 31. Juli 2006 Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 19. Juli 2006 erhoben mit dem Ziel, dass seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 17. Mai 2006 unter Abänderung des Beschlusses des Senats vom 19. Juli 2006 entsprochen werde.
Der Kläger sieht sich in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Zu seinem Anspruch auf rechtliches Gehör werden in der Rügeschrift (Schriftsatz vom 31. Juli 2006) umfangreiche Ausführungen gemacht.
Entscheidungsgründe
II.
Die Anhörungsrüge des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen.
1. Nach § 178a Abs. 1 Satz 1 SGG ist das Verfahren auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzuführen, wenn
- ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
- das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen (§ 178a Abs. 2 Satz 1 und Satz 5 SGG).
Die Anhörungsrüge ist statthaft, da gegen den mit der Anhörungsrüge angegriffenen Beschluss des Senats vom 19. Juli 2006 ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist (§ 177 SGG).
Die Anhörungsrüge ist auch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 178a Abs. 2 Satz 1 SGG erhoben worden, da der Beschluss des Senats vom 19. Juli 2006 dem Kläger am 21. Juli 2006 zugestellt worden und dann die Anhörungsrüge am 31. Juli 2006 eingegangen ist.
Die Anhörungsrüge ist jedoch deshalb unzulässig, weil der Kläger die Voraussetzungen des § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise) nicht schlüssig dargelegt hat.
Zulässigkeitsvoraussetzung einer Anhörungsrüge ist es, dass der Rügeführer das Vorliegen der Voraussetzungen des § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG schlüssig darlegt (zur Anhörungsrüge allgemein Berchtold in: Hennig, Sozialgerichtsgesetz, Loseblattausgabe, § 178a Rdnrn. 1 ff. und insbesondere zu den Darlegungserfordernissen mit einer Substantiierungs- und Darlegungslast Rdnrn. 126 ff.; zur Darlegung s. auch Lüdtke in: Lüdtke, Sozialgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2006, § 178a Rdnr. 20).
Mit dem Erfordernis einer Darlegung bürdet das Gesetz dem Rügeführer die Substantiierungs- und Darlegungslast auf. Hierzu gehört insbesondere das Aufzeigen der tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch gerade das Gericht ergibt, gegen dessen Entscheidung sich der Betroffene wendet. Werden allein Gehörsverstöße der Vorinstanz gerügt, ist die Anhörungsrüge schon deshalb unzulässig (s. Berchtold, a.a.O., Rdnr. 126 unter Berufung auf den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 7. April 2005 – B 7a AL 38/05 B – SozR 4-1500 § 178a Nr. 2).
Zu dem Darlegungserfordernis führt Berchtold (a. a. O., Rdnr. 127) weiter Folgendes aus:
„Der Rügeführer muss schlüssig ausführen, inwiefern sich der behauptete Verstoß des Gerichts auf dessen Entscheidung ausgewirkt hat, er also (rechtlich) kausal geworden ist. Die Begründung muss daher zunächst angeben, welches Vorbringen nicht berücksichtigt worden ist, bzw. bei Verhinderung eines Vorbringens bereits als Zulässigkeitserfordernis darlegen, was der Beteiligte bei Beachtung von Art. 103 Abs. 1 GG vorgetragen hätte. Als zweiter Schritt muss dann grundsätzlich aufgezeigt werden, ...