Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung. Anordnungsgrund. Sozialhilfe. abweichende Festlegung des Regelbedarfs. Aufteilung der Regelsatzdifferenz nach der Höhe der Beteiligung an den Generalunkosten des Haushalts. Kopfteil. Mischregelsatz
Orientierungssatz
1. Auch bei einem Bedarf von 34,00 Euro ist bei Empfängern von Leistungen der Grundsicherung im Alter eine Eilbedürftigkeit und somit ein Anordnungsgrund gegeben.
2. § 28 Abs 1 S 2 SGB 12 bezieht sich nur auf individuelle, atypische Bedarfslagen.
3. Beteiligen sich beide Ehepartner oder Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft an den Generalunkosten des Haushalts, ist die Differenz zwischen den Regelsätzen für den Haushaltsvorstand und für einen Haushaltsangehörigen unter den Partnern nach der Höhe der Beteiligung aufzuteilen.
4. Lässt sich ein bestimmtes Beteiligungsverhältnis nicht feststellen, darf die Verteilung der Differenz der Regelsätze nach Kopfteilen erfolgen. Bei diesem so genannten "Mischregelsatz" handelt es sich nicht um eine konkrete Zuordnung von Regelsatz und Bedarf, sondern um eine pauschalierende Aufgliederung, die dem § 28 Abs 1 S 1 SGB 12 unterfällt.
5. Dem steht nicht entgegen, dass § 42 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 12 bei Leistungen der Grundsicherung den maßgebenden Regelsatz nach § 28 SGB 12 vorsieht.
6. Ebenfalls kann dem nicht entgegengehalten werden, die Ehefrau des Sozialhilfeempfängers müsse den Haushaltsvorstandsregelsatz nach dem SGB 2 verfolgen. Eine Zuordnung des Regelsatzes zum Haushaltsvorstand bzw -angehörigen findet im SGB 2 nicht statt. Dies stellt keine Regelungslücke dar. Nach § 20 Abs 3 SGB 2 beträgt die Regelleistung jeweils 90 vH der Regelleistung nach Abs 2, wenn zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet haben. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören gemäß § 7 Abs 3 Nr 3 SGB 2 der erwerbsfähige Hilfebedürftige und der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte unabhängig davon, ob dieser Leistungen nach dem SGB 2 oder nach dem SGB 12 erhält. Insofern hat der Sozialhilfeträger dem Empfänger von Grundsicherungsleistungen im Alter auch dann einen Mischregelsatz zu gewähren, wenn der Partner den Regelsatz nach § 20 Abs 3 S 1 SGB 2 erhält.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 14. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren.
Tatbestand
Der 1934 geborene Antragsteller begehrt im Rahmen der Grundsicherung im Alter höhere Regelsatzleistungen.
Die mit ihm zusammenlebende Ehefrau erhält Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Neben den anteiligen Unterkunftskosten erhält sie eine monatliche Regelleistung von 311,00 €. Weiteres Einkommen hat sie nicht.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2004 gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller, der im Übrigen kein Einkommen hat, Leistungen der Grundsicherung im Alter. Neben den anteiligen Unterkunftskosten wurde ihm als Haushaltsangehöriger ein Regelsatz von 276,00 € gezahlt. Hiergegen legte er am 27. Dezember 2004 Widerspruch ein mit der Begründung, er habe Anspruch auf einen höheren Regelsatz. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2005 zurückgewiesen. Der Antragsteller hat am 19. Mai 2005 Klage erhoben (S 19 SO 244/05).
Ebenfalls am 19. Mai 2005 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er hat vorgetragen, er habe Anspruch auf einen um 34,00 € höheren Regelsatz, denn anderenfalls werde er gegenüber den übrigen Beziehern von Leistungen nach dem SGB II bzw. nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) in ungerechtfertigter Weise benachteiligt.
Der Antragsteller hat sinngemäß beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm weitere 34,00 € im Monat zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sie hat sich darauf berufen, dass die Ehefrau als Haushaltsvorstand anzusehen sei, denn sie erhalte Leistungen nach dem SGB II. Daher könne für den Antragsteller nur der Regelsatz als Haushaltsangehöriger gewährt werden. Ein Regelsatz in Höhe von 90 % des Eckregelsatzes und somit von 311,00 €, wie nach dem SGB II, sei im SGB XII nicht vorgesehen. Daher müsse die Ehefrau des Antragstellers den Haushaltsvorstandsregelsatz nach dem SGB II einklagen. Im SGB II sei nämlich nicht geregelt, dass der Regelsatz von jeweils 90 % nicht gelte, wenn zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet hätten, aber nur einer Leistungen nach dem SGB II beziehe. Die Regelung hätte dahin gehen müssen, dass dann die Person, die Leistungen nach dem SGB II erhalte, den Haushaltsvorstandsregelsatz erhalten müsse. Insoweit sei eine Regelungslücke gegeben. Die dadurch auftretende Ungerechtigkeit müsse die Ehefrau durch gerichtlichen Rechtsschutz beheben lassen.
Das Sozialgericht Schleswig hat mit Beschluss vom 14. Juni 2005 die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnun...