Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe in anderen Lebenslagen. Bestattungskosten. Bestattungspflicht. Kostenpflicht

 

Orientierungssatz

1. Die Kostenpflicht aus 74 SGB 12 kann erbrechtlich oder unterhaltsrechtlich begründet sein oder aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Unabhängig davon, ob sie Erben sind, sind Enkel des Verstorbenen als Unterhaltsverpflichtete gem § 1615 Abs 2 BGB iVm dem Bestattungsgesetz des Landes Schleswig-Holstein grundsätzlich verpflichtet, die Kosten der Beerdigung zu tragen.

2. Ist die Bestattung bereits vollzogen, geht es also nur noch um die Entlastung von den Kosten, ist der Hilfesuchende darauf zu verweisen, zunächst seine Ersatzansprüche durchzusetzen oder nachzuweisen, dass dies endgültig gescheitert ist.

3. Wenn die Bestattung noch nicht oder teilweise noch nicht erfolgt ist und die Bestattungspflichtigen die Bestattung nicht übernehmen können oder wollen, muss nach dem Bestattungsgesetz des Landes Schleswig-Holstein das örtliche Ordnungsamt insoweit eintreten.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 7. Februar 2006 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 27. Januar 2006 mit dem sinngemäßen Antrag, den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 27. Januar 2006 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Bestattungskosten der am 7. November 2005 verstorbenen Großmutter der Antragstellerin, Frau M. B., zu übernehmen, hilfsweise im Wege eines Darlehens, hat keinen Erfolg.

Mit dem angegriffenen Beschluss vom 27. Januar 2006 hat das Sozialgericht Schleswig zutreffend die Übernahme der Beerdigungskosten für die Großmutter der Antragstellerin aus Sozialhilfemitteln abgelehnt, denn die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Bestattung ihrer Großmutter.

Nach § 74 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch, (SGB XII) werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung aus Sozialhilfemitteln übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, diese Kosten zu tragen. Die „hierzu Verpflichteten" als Träger des Anspruchs aus § 74 SGB XII sind diejenigen, die verpflichtet sind, die Bestattungskosten zu tragen. Die Kostenpflicht kann mit der Bestattungspflicht zusammenfallen, muss es aber nicht. Sie kann insbesondere erbrechtlich oder unterhaltsrechtlich begründet sein oder aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren (BVerwG, Urt. v. 30. Mai 2002 - 5 C 14/01 -, NJW 2003, S. 78; OVG Schleswig, Urteil vom 18. März 1999 -1 L 37/98-). Hier sind die Antragstellerin und die Beigeladenen Verpflichtete im Sinne des § 74 SGB XII.

Zwar ist die Antragstellerin selbst nicht verpflichtet nach § 1968 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Nach dieser Vorschrift trägt der Erbe die Kosten der Beerdigung des Erblassers. Die Antragstellerin hat jedoch das Erbe ausgeschlagen, so dass sie selbst nicht Erbin ist. Inwieweit die übrigen Geschwister das Erbe ebenfalls ausgeschlagen haben und somit nicht mehr als Erben verpflichtet sind, die Kosten der Beerdigung zu tragen, ist nicht bekannt.

Das kann aber letztlich dahinstehen, denn alle Enkel sind unterhaltsrechtlich zur Kostentragung verpflichtet. Nach § 1615 Abs. 2 BGB hat im Falle des Todes des Unterhaltsberechtigten der Unterhaltsverpflichtete die Kosten der Beerdigung zu tragen. Gemäß § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Die Antragstellerin und die Beigeladenen sind als Enkel unterhaltsverpflichtet, denn nach § 1589 BGB sind Personen, deren eine von der anderen abstammt, in gerader Linie verwandt. Die Antragstellerin und ihre Geschwister sind somit als Unterhaltsverpflichtete gleichzeitig Verpflichtete nach § 74 SGB XII (vgl. Paul, Wer ist Verpflichteter im Sinne des § 15 des Bundessozialhilfegesetz (Bestattungskosten)?, ZFSH/SGB 2002, S. 73).

Daneben sind sie auch nach dem Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Schleswig-Holstein (Bestattungsgesetz) vom 4. Februar 2005 (GVOBl. 2005, S. 70) bestattungs- und somit kostenpflichtig (BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2001 -5 C 8.00- ). Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 Bestattungsgesetz haben für die Bestattung die Hinterbliebenen oder eine von der verstorbenen Person zu Lebzeiten beauftragte Person oder Einrichtung zu sorgen. Gemäß § 2 Ziff. 12 Bestattungsgesetz sind Enkelkinder Hinterbliebene. Demnach sind hier die Enkel der Verstorbenen Bestattungspflichtige, die auch die Kosten der Bestattung nach § 74 SGB XII zu tragen haben.

Einen Anspruch gegen das Sozialamt haben die Verpflichteten im Sinne des § 74 SGB XII aber nur dann, wenn ihnen nicht zugemutet werden kann, die Kosten der Bestattung zu tragen. Dabei sind diejenigen, die sich auf einen Anspruch berufen, für das Vorliegen der Voraussetzungen beweispflichtig. Das bedeutet, dass hier für alle Enkelkinder nachgewiesen werden muss, ob bzw. inwieweit ihnen die Kosten der Bestattung zugemutet werden kann. An diesem Nachweis fehlt es hier. Zwar hat die Antragstellerin fü...

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