Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeldanspruch. AU-Bescheinigung "bis auf Weiteres". Fortbestand der AU. Wiedervorstellungstermin kein Endzeitpunkt. keine Pflicht des Versicherten zur Vorlage einer neuen AU-Bescheinigung. verspätete Wahrnehmung des Wiedervorstellungstermins unterbricht nicht den Krankengeldbezug
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung "bis auf Weiteres" mit einem darin genannten Termin zur Wiedervorstellung ist wirksam und besagt lediglich, dass der Arzt vom Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit jedenfalls bis zum angegebenen Termin ausgeht und nicht, dass die Arbeitsunfähigkeit nur bis zu diesem Zeitpunkt bescheinigt wird.
2. Wenn die Krankenkasse eine solche nicht den Arbeitsunfähigkeits-RL (juris: AURL) entsprechende AU-Bescheinigung entgegennimmt und den Arzt nicht auffordert, eine neue AU-Bescheinigung mit einem Endzeitpunkt auszustellen, muss der Versicherte keine neuen AU-Bescheinigungen vorlegen. Eine verspätete Wahrnehmung des Termins zur Wiedervorstellung unterbricht nicht den Bezug von Krankengeld.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 29. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Krankengeld über den 18. Februar 2011 hinaus bis zum 20. November 2011 hat.
Der Kläger war seit mehreren Jahren immer im Sommerhalbjahr bei einer Firma beschäftigt, die Dachbeschichtungen ausführt. Zuletzt stand er dort als Dachdecker (-helfer) vom 1. April bis zum 8. August 2010 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Am 24. Mai 2010 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig wegen eines Polytraumas aufgrund eines Motorradunfalls. Nach Ablauf der Entgeltfortzahlung leistete die Beklagte Krankengeld. Mit Schreiben vom 23. Juli 2010 kündigte der Arbeitgeber des Klägers diesem das Arbeitsverhältnis zum 8. August 2010, da der Kläger infolge der erlittenen schweren Verletzungen zukünftig nicht mehr in der Lage sein würde, seinen Beruf auszuüben, ohne sich und andere in Gefahr zu bringen. Der Kläger wurde vom 24. Mai bis 16. Juni 2010 sowie vom 15. Juli bis 27. Juli 2010 stationär im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus K..., behandelt. Vom 27. Juli 2010 bis 21. August 2010 befand er sich zur Anschluss-Rehabilitation in der Reha-Klinik in D.... Die Beklagte wies den Kläger am 31. August 2010 schriftlich auf die Notwendigkeit einer lückenlosen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sowie auf die Folgen einer verspäteten Feststellung hin. Die Bescheinigungen für Krankengeldzahlung enthalten ebenfalls entsprechende Hinweise. Die Hausärzte des Klägers M... und S... attestierten am 18. Januar 2011 das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit auf der Bescheinigung für die Krankengeldzahlung “b.a.w.„. Der Kläger sei noch arbeitsunfähig und noch behandlungsbedürftig. Als nächster Praxisbesuch war der 18. Februar 2011 (Freitag) vorgesehen. Erst am 21. Februar 2011 stellten die Ärzte die weitere Arbeitsunfähigkeit des Klägers fest. Mit Bescheinigung für die Krankengeldzahlung vom selben Tage attestierten sie, dass der Kläger noch arbeitsunfähig sei. Das Feld “ggf. voraussichtlich bis„ wurde nicht ausgefüllt. Der nächste Praxisbesuch wurde für den 21. März 2011 festgelegt. Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen liegen nicht vor.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Krankengeldzahlung bis zum 18. Februar 2011 erfolgen könne und das bisherige Versicherungsverhältnis an diesem Tage ende. Zur Prüfung eines Anspruchs auf Krankengeld im Rahmen eines nachgehenden Leistungsanspruchs für die am 21. Februar 2011 festgestellte Arbeitsunfähigkeit bat die Beklagte den Kläger, einen beigefügten Fragebogen auszufüllen und zurückzusenden.
Am 9. März 2011 erhielt die Beklagte ein Attest der Hausärzte des Klägers vom selben Tage. In diesem teilten sie mit, dass der Kläger am 18. Februar 2011 bettlägerig erkrankt gewesen sei. Die Bescheinigung für die Krankengeldzahlung habe daher erst am 21. Februar 2011 ausgestellt werden können. Auf telefonische Nachfrage der Beklagten teilte die Hausarztpraxis mit, dass der Kläger den vereinbarten Termin wegen Bettlägerigkeit telefonisch abgesagt habe. Eine ärztliche Untersuchung habe deshalb nicht stattgefunden. Nach dem 18. Januar 2011 habe der Kläger sich wieder am 21. Februar 2011 in der Praxis vorgestellt. Mit Schreiben vom 24. März 2011 bestätigte die Arztpraxis, dass der Kläger den Termin aus Krankheitsgründen abgesagt habe.
Mit Bescheid vom 24. März 2011 lehnte die Beklagte nochmals nach Überprüfung des Sachverhalts eine weitere Zahlung von Krankengeld über den 18. Februar 2011 hinaus ab. Der Kläger habe den Termin am 18. Februar 2011 selbst abgesagt. Es sei eine Obliegenheit des Versicherten, die Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen. Die Folge...